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Das Schwert der Keltin

Das Schwert der Keltin

Titel: Das Schwert der Keltin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manda Scott
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bevor wir die Festung verlassen hatten.«
    Kurz darauf hielt die Kolonne auf Befehl des Tribuns an, und Valerius wurde nach vorn gerufen. Er roch das Blut und den ausgeschiedenen Urin, als er zum Anfang der langen Schlange galoppierte - Gerüche, die er im Laufe des vergangenen Monats nur zu oft wahrgenommen hatte, aber nicht hier, in dieser Gegend, wo die Entwaffnung noch gar nicht begonnen hatte. Als er sich den ersten Reihen der Kolonne näherte, hörte er das Geräusch heftigen Würgens und roch den säuerlichen Geruch von Erbrochenem.
    Die führenden Offiziere waren am Rande einer kleinen Lichtung versammelt, in deren Mitte eine uralte Eibe ihre dicken, ausladenden Äste über schwarzen Lehmboden ausstreckte; hier konnten weder Schnee noch Sonnenlicht durchdringen. Das Erste, was Valerius bemerkte, als er sich aus dem Sattel schwang, war, dass Corvus seinen Dolch benutzt hatte und das Dolchheft sowie sein rechter Arm klebrig schwarz waren. Zwar hatte sich Corvus nicht erbrochen, aber er war kurz davor; und er hatte sich nicht an Valerius wenden wollen, war aber durch die Umstände oder den Befehl des Tribuns dazu gezwungen gewesen. Sichtlich bereute er dies schon jetzt.
    Nun ließ Valerius seinen Blick weiterwandern, um das zu sehen, was die nervös hin und her tänzelnden Pferde bisher mit ihren Leibern verdeckt hatten. Der Leichnam eines nackten Mannes baumelte von einem Ast der Eibe herab. Er war an einer Ferse aufgehängt und drehte sich langsam hin und her, bewegt von einem nicht existenten Wind. Von seinem Rücken waren große Hautlappen abgeschält worden, die wie Flügel herabhingen. Auf der Vorderseite seines Körpers war Blut von seiner verstümmelten Leistengegend herabgeflossen, auf den Erdboden getropft und geronnen. Die Kehle war ihm offensichtlich erst einige Zeit später aufgeschlitzt worden, nachdem man ihm die Genitalien abgeschnitten hatte, und alles, was noch von dem Blut des Mannes übrig geblieben war, hatte den weichen Lehmboden unter der Eibe überschwemmt. Sein Gesicht zu erkennen war schlichtweg unmöglich.
    »Einer von den Trinovantern?«, fragte Valerius tonlos.
    »Wer sonst?« Corvus’ Lippen bildeten eine bleiche, gerade Linie. »Auf seiner Brust sind verschiedene Zeichen eingeritzt. Das obere Zeichen ist das galoppierende Pferd der Eceni - es sieht genauso aus wie das Symbol, das wir auf den Mauern der niedergebrannten Festung gesehen haben. Die anderen Zeichen sind neu. Sie sind uns weder jetzt noch während der Invasion schon einmal begegnet. Es würde uns sicherlich ein Stück weiterhelfen, wenn du sie identifizieren könntest.«
    Auf der Lichtung war es sehr still; an diesem Ort hielten selbst die Götter den Atem an. Der eine Gott war nicht gegenwärtig, dies war nicht sein Reich. Die Abwesenheit seines Gottes deutlich spürend, schritt Valerius zu dem Leichnam hinüber. Die Hoden des Trinovanters waren abgehackt und in seinen Mund gestopft worden, die gerechte Strafe für einen Mann, der seine Feinde unterstützt. Als Valerius in die Hocke ging, stellte er fest, dass man dem Trinovanter außerdem die Augen ausgestochen und diese dann auf den Waldboden platziert hatte, so dass das eine nach vorn starrte und das andere nach hinten. Auch das war keineswegs übermäßig grausam, sondern durchaus gerecht und im Rahmen der Stammesgesetze: Der Mann war ein Späher und Kundschafter gewesen, er hatte seine Augen an Rom verkauft, und nun waren sie den Göttern wieder zurückgegeben worden. Beide Augäpfel waren eingetaucht in den Strom frischen Blutes, der sich aus der durchgeschnittenen Kehle des Trinovanters ergossen hatte. Als Valerius die Blutlache probeweise berührte, stellte er fest, dass seine Finger feucht von seinem Daumen abglitten; hier war noch keine Spur von Gerinnung zu erkennen. Die Gänsehaut in seinem Nacken verwandelte sich in einen eisigen Schauder. Widerstrebend wandte er sich zu Corvus um, der kürzlich sein Messer benutzt hatte.
    »Dieses Blut hier ist frisch vergossen. Lebte er noch, als du ihn gefunden hast?«
    »Ja.«
    »Großer Gott!« Früher waren Verräter nie bei lebendigem Leibe verstümmelt worden; die Männer waren stets schon tot gewesen, bevor ihnen die Schnitte beigebracht worden waren. Selbst während der Invasion, als der Zorn der Stämme auf dem Höhepunkt war, war ihnen zuerst die Kehle aufgeschlitzt worden oder die Männer waren im Kampf gestorben; in jedem Fall aber waren ihnen die Verstümmelungen erst nach ihrem Tod beigebracht worden. Die

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