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Das Schwert der Keltin

Das Schwert der Keltin

Titel: Das Schwert der Keltin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manda Scott
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empfände Longinus die Frage als Beleidigung. »Ich habe keine Kinder. Aber ich habe Schwestern und eine jüngere Cousine, die zu der Zeit geboren wurde, als ich fortging, um in die Legionen einzutreten. Sie wäre jetzt acht Jahre alt. Für jede von ihnen hätte ich ebenso erbittert gekämpft, wie die Eceni es heute getan haben, hätte ich nur ihren Mut. Aber ich bezweifle, dass ich den habe. Sie waren vollkommen unbewaffnet; wir hatten ihre Schwerter einkassiert und zerbrochen, wir hatten ihre Speere zerstört und ihre Schilde verbrannt. Sie bekämpften uns mit Felsbrocken und Steinen und brennenden Holzscheiten aus den Feuern, und als sie nichts anderes mehr hatten, zerkratzten sie uns mit ihren bloßen Händen die Gesichter. Und sie töteten etliche von uns. Wenn wir es nicht geschafft hätten, zu unseren Pferden zu laufen und zu fliehen, wären auch wir acht jetzt nicht mehr am Leben.«

Longinus rieb sich seinen Arm. Den Gerüchten zufolge hatte er eine Brandwunde erlitten, die ihn einen ganzen Abend im Lazarett gekostet hatte, wo er auf ärztliche Behandlung hatte warten müssen. Er roch leicht nach Gänseschmalz, ein Umstand, der dieses Gerücht zu bestätigen schien.
    »Dem Dekurio zufolge soll Prasutagos, ihr Anführer, Claudius damals die Lehnstreue geschworen haben, woraufhin dieser ihn zum Vasallenkönig machte. Man erzählte uns, der Mann sei so etwas wie ein Handlanger Scapulas, und er wollte auf Bitte des Statthalters hin sein Volk ohne jeden Kampf ausliefern. Ich schätze, der ›König‹ hatte wohl vergessen, seine Krieger darüber zu informieren.«
    Der König . Noch niemals in ihrer Geschichte hatten die Eceni die Herrschaft eines Königs akzeptiert, und Prasutagos war nicht aus dem Holz geschnitzt, aus dem Könige sind. Bei Wettrennen, ganz gleich, ob zu Fuß oder zu Pferd, war er stets nur Zweiter geworden. Bei Keilerjagden fiel er meist hinter die Hunde zurück, und sein Speer blieb immer in der Brust eines sterbenden Tieres stecken; nie war er der Erste, der zustieß. Und im Krieg... wie Prasutagos im Krieg gewesen war, daran konnte Valerius sich beim besten Willen nicht mehr erinnern. Möglicherweise hatte er sich früher einmal recht wacker geschlagen, aber dabei hatte er einen Arm verloren, und wenn man dem Statthalter glauben konnte, war Prasutagos aufgrund seines Gebrechens zu einem verbitterten, willensschwachen Menschen geworden, der sich mühelos mit Wein und Gold kaufen ließ. Man konnte sich nur sehr schwer vorstellen, dass die stolzen, unabhängigen Eceni von einem solchen Mann Befehle entgegennehmen würden.
    »Möglicherweise hatte der König seine Krieger ja tatsächlich instruiert, aber sie zogen es vor, nicht auf ihn zu hören«, erwiderte Valerius. »Die Eceni haben noch nie Befehle von einer Einzelperson entgegengenommen. In ihren Ältestenräten herrschen die Großmütter, und die Großmütter wiederum sind den Träumern untergeordnet. Es wäre ein Fehler, zu viel von Tagos zu erwarten, nur weil er sich Rom beugt. Er mag zwar genug Gold haben, um diejenigen zu kaufen, die sich etwas daraus machen, aber das bedeutet noch lange nicht, dass sie auf ihn hören werden, wenn ihre Träumer oder ihr eigener Instinkt ihnen etwas anderes sagen.«
    »Ihr Instinkt drängt jetzt offenbar auf Krieg, und ich kann es ihnen wirklich nicht verübeln.«
    Wie in stillschweigender Übereinkunft wanderten die beiden Männer gemeinsam zum Fluss hinunter. »Bedauerst du es, dass du bei dieser Entwaffnungsaktion mitwirkst?«, wollte Valerius wissen.
    Longinus’ Gesicht war lediglich als verschwommenes Oval in der Dunkelheit zu erkennen. »Ich möchte zwar lieber auf dieser Seite sein als auf der anderen, aber… ja, ich wäre lieber im Westen, wo sie einen offenen und ehrlichen Krieg führen, statt hier, wo angeblich Frieden ist, wo in Wirklichkeit aber Mord und Totschlag herrschen.«
    »Wir hier im Osten stehen auch kurz vor dem Ausbruch eines offenen Krieges. Es ist gut möglich, dass er sogar schon angefangen hat. Hör doch!« Valerius hatte das Geräusch bereits gehört, als sie die Koppel verließen, hatte seinen Ursprung aber nicht so recht ausmachen können. Nun, da sie näher am Fluss waren, hörte er es ganz deutlich: den Hufschlag eines bis zum Äußersten getriebenen Pferdes, das in der Finsternis über schneebedeckten Boden stolperte. »Was würde einen Mann veranlassen, in einem solchen Tempo durch die Nacht zu reiten?«
    »Vielleicht wird er angegriffen?«, schlug Longinus vor.
    »Er

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