Das Schwert der Keltin
sie erkennst. Ich weiß nur, dass da etwas auf dich zukommt, was noch viel gefährlicher ist als die bevorstehende Schlacht. Sobald ich es selbst weiß, werde ich dir sagen, was es ist. In der Zwischenzeit, denke ich, solltest du dein Pferd nehmen und irgendwo einem langen, scharfen Galopp unterziehen. Du bist genauso verkrampft wie dein Tier, und das verunsichert die Männer. Sie haben Angst, dass du, sobald wir die Festung erreichen, deine Anspannung an ihnen auslässt.«
»Die lasse ich sogar noch eher an ihnen aus, wenn ich bloß irgendetwas finde, mit dem ich sie beschäftigen kann. Das kannst du ihnen ausrichten. Ich werde ihnen schon noch etwas geben, worüber sie sich den Kopf zerbrechen können - und damit meine ich nicht den Mond.«
»Das brauche ich ihnen nicht mehr zu sagen, schließlich haben sie alle Ohren. Sie haben es gehört.«
»Gut so.«
Noch immer blieben die Berge in weiter Ferne, und die Männer durchwanderten mittlerweile einen etwas freundlicheren Landstrich, der dicht an ein bewaldetes Gebiet anschloss. Die zentralen Gebiete der Provinz waren von den Kriegen im Osten und im Westen unberührt geblieben, und selbst unter dem Regenschleier war die dieser Landschaft innewohnende Fruchtbarkeit unübersehbar. Rechts und links des Weges, den die römischen Soldaten entlangmarschierten, schnitten die Männer und Frauen der Catuvellauner die in langen Feldern angepflanzten Bohnen. Etwas davon entfernt grasten Mutterschafe mit ihren Lämmern, die von ein paar Heranwachsenden mit Ruten bewacht wurden. Daneben kämpften in großen Gehegen einige gerade der Muttermilch entwöhnte Jungbullen wahllos gegeneinander an; andere beobachteten die Kämpfer unter dem Schutz jener alten Birken und Eichen, die noch nicht der Axt zum Opfer gefallen waren. Hoch über den Feldern, auf denen gebündelt in glänzenden Garben das Korn stand und schmutzige Kinder gemeinsam mit ihren Hunden Jagd auf die in den Garben nistenden Ratten machten, zogen Bussarde ihre Kreise.
Allein die jüngeren Kinder zollten der Kolonne bewaffneter Männer, die durch ihr Land marschierte, noch eine gewisse Aufmerksamkeit. Zuerst, als die ersten Hundertschaften der Kohorte an ihnen vorüberzogen, waren sie noch bis an die Ränder der Felder gerannt, um die Männer von dort aus genau zu mustern. Die mutigsten der Kinder waren dann neben den Soldaten hergelaufen und hatten ihnen kleine Portionen von in Malz gegorenem Weizen angeboten oder Streifen von geräuchertem Fleisch - im Tausch gegen eine Münze oder eine kleine Schnitzerei. Später, als der Morgen voranschritt und die Schlange bewaffneter Männer noch immer nicht abriss, begannen sich die Kinder allmählich zu langweilen und wandten sich schließlich wieder ihren Ratten zu. Die boten eine kurzweiligere und zuverlässigere Unterhaltung. Erst als die Kavallerie an ihnen vorüberritt, wandten sie sich wieder um, stießen sich gegenseitig in die Rippen und stellten die unmöglichsten Wetten auf, welches der Pferde wohl am schnellsten sei oder die beste Zuchtstute abgeben würde.
Als Letzter der Letzten kam Valerius angeritten; er stellte quasi den zweiten Kopf der Schlange dar und bildete die Nachhut. Die Kinder rückten langsam auch in sein Gesichtsfeld, und dann spürte er, wie sich ihre Blicke sogleich auf seinen Schecken richteten, hörte, wie ihr Geflüster eine andere Tonlage annahm. In diesem Augenblick wurde Valerius sich mit der mittlerweile nur allzu vertrauten, aber nicht näher zu bezeichnenden Mischung aus Verärgerung und Trotz bewusst, dass man ihn hier nun schon genauso schnell erkannte wie im Osten; folglich würde es im Westen auch nicht mehr viel anders sein. Krähe spürte, wie sich Valerius’ Anspannung über die Zügel übertrug, und biss im Gegenzug fest auf die Trense - wenn Valerius wollte, so könnte er sich nun ganz in dem Machtkampf gegen sein Pferd verlieren.
»Sollten wir jemals das Schlachtfeld erreichen, werden die Speerwerfer aus den Bergen dich dort bereits erwarten.«
Longinus ritt eine Stute, die mindestens den gleichen Bekanntheitsgrad hätte besitzen sollen wie Valerius’ Tier, doch da sie von kastanienbrauner Färbung war und wesentlich unauffälliger gemustert, erregte sie kaum Aufmerksamkeit.
»Dann ist das also die Quelle deiner bösen Vorahnungen - dass sie mich erkennen könnten?«
»Das sollte sie wohl sein. Gleich zu Beginn werden sie ihre Träumer dazu anhalten, dir ihr Zeichen aufzubrennen, und dann die Speerwerfer auf dich
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