Das Schwert der Keltin
in die Hände zu fallen, genau gekannt, hätte vor der Schlacht einige Zeit mit ihm verbracht und danach gemeinsam mit Airmid oder Efnís oder Luain mac Calma für ihn gebetet, bis sie sich sicher sein konnten, dass seine Seele zu Briga hinübergegangen und erlöst war.
Sie hätte nach einem oder mehreren Namen fragen können, tat es aber nicht. Die Frage lag ihr zwar schon auf der Zunge, kam aber nicht mehr über ihre Lippen, abgeblockt durch Graine, die sich, blauäugig und winzig und hilflos, an ihrer Brust wand, so dass Breaca abermals in den unermesslichen weiten Raum stürzte, wo ihre eigene grenzenlose Liebe auf grenzenlose Angst um das Leben und das Wohlergehen ihrer Tochter stieß und auf das Wissen, dass sie dieses Kind für den Rest seines Lebens hüten und beschützen und vor jedem Unheil würde bewahren wollen und dass sie genau das letztendlich doch nicht konnte.
Breaca schauderte und zwang sich, sich wieder auf etwas anderes zu konzentrieren. Jetzt war nicht die Zeit, um in Horrorvorstellungen von den Qualen eines anderen Menschen zu versinken. Sie ergriff Caradocs Hand und drückte sie zärtlich. Gemeinsam schoben sie jeder eine Hand unter den Rücken ihrer Tochter und fühlten, wie sich der kleine warme Körper unter ihrer Berührung bewegte. Briga war nicht nur die Göttin des Todes, sondern auch die Hüterin allen Lebens; man konnte also von ganzem Herzen glauben, dass ein neugeborenes Kind und die Hoffnung, die es brachte, als Bittgebet um ihren Schutz ausreichten.
Nach einer Weile, als Breaca wieder klarer denken konnte und sich im Geiste ausmalte, wie ein anderer Teil ihres Herzens ganz allein in die Gefahr reiten würde, fragte sie: »Wo willst du ihnen eigentlich die Falle stellen?«
Caradoc war Heerführer und Kriegsherr, und er liebte Breaca. Deshalb konnte er sich in etwa vorstellen, wie frustrierend es für sie war, zu Hause bleiben zu müssen. Knapp und genau berichtete er ihr, was sie wissen musste: »Die Falle ist bereits halb aufgestellt. Und zwar am Fluss der Lahmen Hirschkuh. Es gibt nur eine Marschroute, die die Legion zur Festung hinaus nehmen könnte. Und die führt über den Fluss, an der weiter stromabwärts gelegenen Furt. Gwyddhien und Ardacos sind jetzt dort, um eine Barriere in dem Spalt zwischen den Bergen zu errichten. Wir werden die Römer zunächst eine Weile am Fluss aufhalten, dann zu der Barriere zurückweichen und sie anschließend darüber hinwegströmen und in das dahinter gelegene Tal stürmen lassen. Das andere Ende dieses Tals ist bereits durch eine Felslawine blockiert, so dass keine Legion der Welt dort wieder hinauskommen könnte. Wir werden sie auf diese Weise einkesseln und von den Seiten erwischen. Wenn Venutios seine zweitausend Briganter mitbringt, kann er die Römer von hinten angreifen, und dann zerquetschen wir sie zu Brei. Falls er scheitern sollte, werden wir so viele von ihnen töten, wie wir irgend können, und uns danach erst einmal wieder zurückziehen. Zu beiden Seiten des Tals gibt es dichte Wälder, und kein Römer wird es wagen, dort einzudringen.«
»Könnt ihr siegen?«
»Ich weiß es nicht.« Er war immer aufrichtig zu ihr gewesen. »Es ist nur eine Schlacht von vielen, und ob wir sie gewinnen, hängt von einer Vielzahl von Dingen ab, über die wir keine Kontrolle haben. Möglicherweise werden wir nicht siegen, aber wir werden auch nicht verlieren.«
Es war ein guter Plan, der nur einen einzigen Haken hatte. Breaca hatte mitten während der Entbindung daran gedacht, als die Schmerzen auf dem Höhepunkt gewesen waren. »Was werdet ihr tun, wenn Scapula die Lachsfalle von der Schlacht in den Eceni-Ländern her wieder erkennt? Es könnte doch gut sein, dass er den Trick durchschaut.«
Caradoc strich sanft mit einer Hand durch ihr Haar und ließ seine Fingerspitzen über ihre Kopfhaut gleiten. Sie schmiegte ihr Gesicht in seine Handfläche, ähnlich wie ein Hund, der eine Liebkosung sucht. Caradocs langsames, von Gewissheit erfülltes Lächeln vertrieb ihre Zweifel.
»Ich bin davon überzeugt, dass er darauf hereinfallen wird. Die Götter sind auf unserer Seite. Die Legion wird zur Hälfte aus neuen, unerfahrenen Rekruten bestehen, die noch keine Disziplin kennen und nur schlecht gedrillt sind. Wenn sie sehen, wie wir scheinbar den Rückzug antreten, werden sie uns unweigerlich folgen, und Scapula wird sie nicht zurückhalten wollen. Auf jeden Fall hat er die erste Lachsfalle damals ja nicht selbst gesehen. Er wird natürlich davon
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