Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Schwert der Keltin

Das Schwert der Keltin

Titel: Das Schwert der Keltin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manda Scott
Vom Netzwerk:
Angriff gegen den Thraker gewesen wie gegen Valerius. Die Auspeitschung, die Valerius daraufhin als Bestrafung angeordnet hatte, hatte einen ebenso persönlichen Hintergrund gehabt.
    Allein Umbricius’ Anwesenheit hätte Valerius’ schon angelockt, doch darüber hinaus hörte er noch das schmerzgepeinigte Brüllen eines Stieres. Der Stier war der Bote des Gottes auf Erden, ihn durfte man also nicht einfach ignorieren. Und dann war da ein Hund. Er bellte mit einer Stimme, die sich wie geschmolzenes Eisen über den Kies zu ergießen schien. Der Hund musste recht groß sein und ein Rüde, und Valerius wäre jede Wette eingegangen, sogar mit Longinus, dass er den Hund zuvor überhaupt nicht bemerkt hatte. Im Geiste wettete er nun mit sich selbst, dass der Hund gescheckt sein würde und ein weißes Ohr hätte. Ein weißes linkes Ohr. In den Tagen vor einer Schlacht, die so groß war wie die unmittelbar bevorstehende, konnte er die Geister, die ihn verfolgten, zu sich rufen, ohne dabei Angst vor ihnen zu verspüren. Wie ein Mann, der unter Höhenangst litt und sich am Rande einer steilen Klippe befand, rief jetzt auch Valerius seine Peiniger zu sich, ganz bewusst, beobachtete das Aufsteigen und Abflauen seiner Angst, die sich diesmal noch in kontrollierbaren Grenzen hielt.
    Longinus war bereits ein oder zwei Schritte vorausgeritten. »Sie veranstalten eine Bullenhatz«, stellte er fest.
    »Ganz offensichtlich. Die Frage ist nur, was für eine Sorte von Bulle und womit sie ihn hetzen. Und noch wichtiger: Gewinnt der Bulle? Wenn die Chance besteht, dass er Umbricius mit seinen Hörnern durchbohrt, setzten wir nur kurz Geld auf den Bullen und verschwinden dann wieder.«
    »Er ist aber noch zu jung, um zu siegen. Umbricius wird ihn töten. Allerdings nicht sofort.« Plötzlich ließ der Thraker sein Pferd auf den Hinterhufen herumwirbeln. »Julius, es ist ein roter Jungstier. Kein weißer. Du solltest dich hier besser nicht aufhalten.«
    In der Vergangenheit hatte man Longinus bereits aufgefordert, den Reihen der Stier-Anbeter beizutreten, er hatte jedoch höflich abgelehnt; seine thrakischen Götter waren durch nichts zu ersetzen. Longinus’ Wissen über Mithras stammte somit nur vom Hörensagen, und niemals hatte er Valerius um eine Bestätigung oder Berichtigung der diversen Gerüchte um diesen Gott gebeten. Das Brandmal des Raben aber kannte er bereits gut und auch die anderen Abzeichen, die später hinzugekommen waren, als Valerius aufgestiegen war, doch niemals hatte Longinus nach dem Ursprung der Zeichen gefragt oder nach ihrer Bedeutung.
    »Er muss nicht weiß sein, um von den Göttern zu stammen. Das ist bloß eine Legende.«
    Am Tor der Koppel hatte sich mittlerweile eine ganze Horde von Männern versammelt. Sie alle waren Gallier, und mit mindestens einem Drittel von ihnen hatte Valerius seine Ausbildung am Rhein absolviert und Seite an Seite in der Invasionsschlacht gekämpft. Diejenigen, die zusammen begonnen hatten, hassten den Gedanken, sich später trennen zu müssen, und sonderten sich von den neu Hinzugekommenen ab, die jene ersetzten, die in den Gefechten umgekommen waren. Valerius, den sie einst voller Zuneigung als ihr Maskottchen betrachtet hatten, sahen sie nun als einen Verräter an, denn er hatte sich in höhere Ränge hinaufgearbeitet.
    Valerius drängte sein Pferd vorwärts und durch die Menge der Zuschauer hindurch, und nur mürrisch machten ihm die Gallier Platz. In dem Augenblick, als er das Gatter erreichte, ertönte ein helles Sirren in seinen Ohren, wie das Summen eines ausschwärmenden Drohnenschwarms. In Valerius’ Kopf baute sich langsam ein starker Druck auf, und auch sein Brandmal hämmerte plötzlich auf eine Art, wie er es noch nie zuvor erlebt hatte. Er hatte das Gefühl, angegriffen zu werden, und blickte sich suchend nach der Quelle um. Er befand sich schließlich im Land der Träumer und hatte sich doch nicht dagegen gewappnet, denn er wusste einfach nicht, wie. Er sah jedoch nichts und niemanden, während das Heulen immer lauter wurde und ganz offensichtlich nur in seinem Kopf existierte. Vorn im Pferch wühlte der Stier derweil mit den Hörnern die Erde auf und hob dann den Blick, um Valerius anzusehen. Das Heulen ging in ein Pfeifen über, das leiser und leiser wurde, bis es schließlich wieder zurückkehrte. Endlich wurde Valerius bewusst, dass dies genau der Augenblick war, um den er in den vergangenen Jahren gebetet hatte, den er aber noch nie hatte erleben dürfen: Sein

Weitere Kostenlose Bücher