Das Schwert der Vorsehung
gut, dachte der Hexer, der mit Mühe die Klinge des Mörders mit einer kurzen Mühle abwehrte und mit einer halben Drehung dem Stoß mit dem Stilett auswich. Er schlug absichtlich keine Riposte, sondern sprang zurück; er rechnete damit, Levecque würde versuchen, ihn mit einem weit nach vorn geführten Hieb zu erreichen, und dabei das Gleichgewicht verlieren. Doch der Mörder war kein Neuling. Er duckte sich und ging ebenfalls seitlich im Halbkreis, mit leichten, katzenhaften Schritten. Unerwartet sprang er vor, schlug eine Mühle, drehte sich, verkürzte dabei die Entfernung. Der Hexer ging ihm nicht entgegen, er beschränkte sich auf eine rasche Finte von oben, die den Mörder zurückzuspringen zwang. Levecque krümmte sich, legte eine Quart vor, hielt die Hand mit dem Stilett hinterm Rücken verborgen. Der Hexer griff auch diesmal nicht an, verringerte die Distanz nicht, umkreiste ihn wieder seitlich.
»Aha«, zischte Levecque und richtete sich auf. »Wir wollen den Spaß verlängern? Warum nicht. Es geht nichts über einen guten Spaß!«
Er sprang, wirbelte, schlug einmal, zweimal, dreimal zu, in raschem Rhythmus – ein Hieb mit dem Schwert von oben her und sofort von links ein flacher, gerader Stoß mit dem Stilett. Der Hexer verdarb den Rhythmus nicht – er parierte, sprang zurück und wich wieder seitlich aus, so dass der Mörder gezwungen war, sich zu drehen. Levecque wich plötzlich zurück, ging im Halbkreis in die entgegengesetzte Richtung.
»Jeder Spaß«, presste er zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor, »muss sein Ende haben. Was hältst du von einem Hieb, Witzbold? Nur ein Hieb, und dann schießen wir deinen Bankert vom Baum. Was sagst du dazu?«
Geralt wusste, dass Levecque seinen Schatten beobachtete, dass er wartete, bis der Schatten den Gegner erreichte und anzeigte, dass der gegen die Sonne blickte. Er hörte auf, seitlich auszuweichen, um dem Mörder die Sache leichter zu machen.
Und er zog die Pupillen zu winzigen Pünktchen zusammen.
Um den Schein zu wahren, verzog er ein wenig das Gesicht, stellte sich geblendet.
Levecque sprang, wirbelte herum, hielt mit der seitlich ausgestreckten Hand und dem Stilett darin das Gleichgewicht, schlug aus einer geradezu unmöglichen Beugung des Gelenks heraus, von unten her, zielte auf den Schritt. Geralt schnellte vor, drehte sich, wehrte den Schlag ab, krümmte Arm und Gelenk ebenso unmöglich, stieß den Mörder mit der Wucht der Parade zurück und hieb ihm mit dem Ende der Klinge über die linke Wange. Levecque taumelte, griff sich ans Gesicht. Der Hexer vollführte eine halbe Wendung, verlagerte das Körpergewicht auf den linken Fuß und hieb ihm die Halsschlagader durch. Levecque krümmte sich, das Blut schoss aus ihm hervor, er fiel auf die Knie, kippte vornüber, mit dem Gesicht in den Sand.
Geralt drehte sich langsam zu Junghans um. Der, das Gesicht zu einer Wutgrimasse verzogen, zielte mit dem Bogen. Der Hexer duckte sich, hob das Schwert mit beiden Händen hoch. Die anderen Söldner hoben ebenfalls die Bogen. Es war totenstill.
»Worauf wartet ihr!«, brüllte der Förster. »Schießt! Schießt auf ...«
Er strauchelte, wankte, machte einen Schritt nach vorn und fiel aufs Gesicht, aus der Gurgel ragte ihm ein Pfeil. Der Pfeil hatte am Schaft gestreifte Federn von den Schwingen eines Fasanenhuhns, mit einem Sud aus Rinde gelb gefärbt.
Pfeifend und zischend kamen die Pfeile auf langen, flachen Parabeln von der schwarzen Wand des Waldes her geflogen. Sie schienen langsam und ruhig zu fliegen, mit den Federn rauschend, und es hatte den Anschein, als gewännen sie erst mit dem Auftreffen ins Ziel an Geschwindigkeit. Und sie trafen unfehlbar, mähten die Nastroger Söldner nieder, warfen sie in den Sand der Straße, reglos und abgehauen wie Sonnenblumen mit einem Stockschlag.
Die es überlebt hatten, stürzten zu den Pferden, drängten einander beiseite. Die Pfeile hörten nicht auf zu schwirren, sie erreichten sie im Laufen, ereilten sie in den Steigbügeln. Nur drei schafften es, die Pferde zum Galopp anzutreiben und loszureiten, brüllend, die Flanken der Tiere mit ihren Sporen blutig reißend. Doch auch sie kamen nicht weit.
Der Wald schloss sich, versperrte die Straße. Plötzlich gab es die in Sonnenlicht gebadete sandige Landstraße nicht mehr. Da war eine geschlossene, undurchdringliche Wand schwarzer Baumstämme.
Die Söldner hielten die Pferde an, überrascht und verblüfft, versuchten zu wenden, doch die Pfeile flogen
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