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Das Schwert der Vorsehung

Das Schwert der Vorsehung

Titel: Das Schwert der Vorsehung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrzej Sapkowski
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gibt. Oder wenigstens, dass sie noch sehr fern ist.«
    Vea, die hinzugetreten war, berührte leicht Geralts Schulter, sagte rasch ein paar Worte. Der Drache lächelte.
    »Geralt, Vea sagt, dass sie noch lange an das Bad beim ›Nachdenklichen Drachen‹ denken wird. Sie rechnet darauf, dass wir uns irgendwann wieder begegnen.«
    »Was?«, fragte Yennefer und kniff die Augen zu einem Spalt zusammen.
    »Nichts«, sagte der Hexer rasch. »Villentretenmerth ...«
    »Ich höre, Geralt von Riva.«
    »Du kannst jede Gestalt annehmen. Jede, die du nur willst.«
    »Ja.«
    »Warum also ein Mensch? Warum Borch mit den drei schwarzen Vögeln im Wappen?«
    Der Drache lächelte heiter.
    »Ich weiß nicht, Geralt, unter welchen Umständen die entfernten Vorfahren unserer Rassen einander zum ersten Mal begegnet sind. Aber Tatsache ist, dass es für Drachen nichts Abstoßenderes als den Menschen gibt. Ein Mensch ruft in einem Drachen eine instinktive, irrationale Abscheu hervor. Bei mir ist das anders. Für mich ... seid ihr sympathisch. Lebt wohl.«
    Es war keine allmähliche, fließende Verwandlung, auch nicht das nebelhafte, verschwommene Zittern wie bei einer Illusion. Es geschah plötzlich wie ein Lidschlag. An der Stelle, wo eben noch der Ritter mit dem lockigen Haar und dem Rock mit den drei schwarzen Vögeln darauf gestanden hatte, saß der goldene Drache, der in einer Dankesgebärde den langen, schlanken Hals neigte. Dann reckte er den Kopf und entfaltete die Flügel, die golden im Sonnenschein glänzten. Yennefer seufzte laut auf.
    Vea, wie Tea schon im Sattel, winkte.
    »Vea«, sagte der Hexer, »du hattest recht.«
    »Hm?«
    »Er ist der Schönste.«
     

Ein Eissplitter
I
    Das verendete Schaf, angeschwollen und aufgedunsen, die Beine starr gen Himmel gereckt, bewegte sich. An die Mauer geduckt, zog Geralt langsam das Schwert, darauf bedacht, dass die Klinge nicht an der Umfassung der Scheide schurrte. Zehn Schritte von ihm entfernt wölbte sich der Abfallhaufen plötzlich empor und begann zu wogen. Der Hexer sprang auf und vorwärts, noch ehe die Woge von Gestank zu ihm drang, die aus dem in Bewegung geratenen Abfall hervorschlug.
    Ein Fühler, der in einer ovalen, klöppelförmigen, mit Ringen besetzten Verdickung endete, schoss plötzlich unter dem Unrat hervor und unheimlich schnell auf ihn zu. Der Hexer landete sicher auf den Resten eines zerfallenen Möbelstücks, die auf einem Haufen verrotteten Gemüses schwankten, fand die Balance und hieb mit einem kurzen Schwertstreich den Tentakel durch, trennte den Saugnapf ab. Er sprang sofort zurück, doch diesmal rutschte er von den Brettern ab und versank bis an die Hüften im Unrat.
    Der Müllhaufen explodierte, eine dicke, stinkende Schmiere brach hervor, Topfscherben, durchgefaulte Lappen und bleiche Sauerkrautfäden, und zwischen ihnen schnellte ein riesiger, knolliger Körper herauf, unförmig wie eine groteske Kartoffel, der mit drei Fangarmen und dem Stummel des vierten in der Luft fuchtelte.
    Geralt, eingeklemmt und seiner Bewegungsfreiheit beraubt, hieb mit einer ausholenden Hüftdrehung zu und trennte den zweiten Fangarm glatt ab. Die beiden übrigen, dick wie Äste, fielen schwer auf ihn herab und trieben ihn noch weiter in den Abfall. Der Körper kam auf ihn zu, schwankte über den Müll wie ein treibendes Fass. Er sah, wie die widerliche Wölbung aufriss und sich zu einem breiten Rachen voller großer, klöppelförmiger Zähne öffnete.
    Er ließ sich von den Tentakeln in der Taille umschlingen, mit lautem Schmatzen aus dem stinkenden Morast ziehen und zu dem Körper hinziehen, der sich mit kreisförmigen Bewegungen in den Müll grub. Der gezähnte Rachen klappte wild und wütend auf und zu. In die Nähe des riesigen Mauls gezogen, schlug der Hexer mit dem Schwert zu, beidhändig, die Klinge drang leicht und fließend ein. Ein ekelhafter süßlicher Geruch benahm ihm den Atem. Das Ungeheuer begann zu zischen und zu zittern, die Fangarme ließen los, zuckten krampfhaft in der Luft herum. Geralt schob sich durch Unrat und schlug abermals zu, die Klinge knirschte widerwärtig über die gebleckten Zähne. Das Geschöpf begann zu blubbern und zurückzusinken, doch sofort blies es sich zischend auf und dem Hexer einen Strahl übelriechender Schmiere entgegen. Geralt suchte mit heftigen Bewegungen der in dem Unflat gefangenen Beine nach einem Halt, riss sich los, stürzte voran, wobei er den Morast mit der Brust teilte wie ein Schwimmer das Wasser, hieb mit ganzer

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