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Das Schwert der Vorsehung

Das Schwert der Vorsehung

Titel: Das Schwert der Vorsehung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrzej Sapkowski
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und?«
    »Nichts.« Sie kicherte wie eine Halbwüchsige, schmiegte sich an ihn, bog sich und hob sich, damit er ihr leichter das Nachthemd ausziehen konnte. Die Begeisterung über ihre Nacktheit lief ihm wie üblich wie ein Schauder den Rücken hinab, ließ die Finger kribbeln, die auf ihre Haut trafen. Er berührte mit den Lippen ihre Brüste, die rund waren und fein, mit derart blassen Brustwarzen, dass sie sich nur durch die Form abzeichneten. Er grub die Hände in ihr Haar, das nach Flieder und Stachelbeeren roch.
    Sie gab sich seinen Liebkosungen hin, schnurrte wie eine Katze, drückte das angezogene Knie gegen seine Hüfte.
    Bald zeigte sich, dass er wie gewöhnlich seine Widerstandskraft gegen die Hexerelixiere überschätzt, ihre schädliche Wirkung auf den Organismus vergessen hatte. Oder vielleicht sind es nicht die Elixiere, dachte er, vielleicht ist es die Erschöpfung nach dem Kampf, nach Risiko, Gefahr und Tod? Die Erschöpfung, die ich schon routinemäßig nicht mehr beachte? Aber mein Organismus, obwohl künstlich korrigiert, folgt der Routine nicht. Er reagiert natürlich. Bloß dass er das nicht soll. Verdammt.
    Doch Yennefer – wie gewöhnlich – ließ sich nicht von so einer Kleinigkeit deprimieren. Er fühlte, wie sie ihn berührte, hörte sie dicht neben seinem Ohr murmeln. Wie üblich musste er unwillkürlich an die kosmisch große Zahl anderer Gelegenheiten denken, bei denen sie diesen äußerst praktischen Spruch anwenden musste. Und dann dachte er nicht mehr daran.
    Wie gewöhnlich war es außergewöhnlich.
    Er schaute auf ihre Lippen, auf den Winkel, der in einem unbewussten Lächeln zuckte. Er kannte dieses Lächeln gut, es kam ihm immer eher wie ein Lächeln des Triumphs vor als wie ein Lächeln des Glücks. Er hatte sie nie danach gefragt. Er wusste, dass sie nicht antworten würde.
    Der schwarze Turmfalke, der auf dem Hirschgeweih saß, schüttelte die Flügel, klappte den krummen Schnabel auf und zu. Yennefer wandte den Kopf ab und seufzte. Sehr traurig.
    »Yen?«
    »Nichts, Geralt.« Sie küsste ihn. »Nichts.«
    Das Lämpchen brannte mit flackernder Flamme. In der Wand machte sich eine Maus zu schaffen, und der Holzwurm in der Kommode tickte leise, gemessen, gleichförmig.
    »Yen?«
    »Mhm?«
    »Lass uns hier ausziehen. Ich fühle mich hier nicht wohl. Diese Stadt hat auf mich eine ungute Wirkung.«
    Sie drehte sich auf die Seite, strich ihm mit der Hand über die Wange, wobei sie die Haare zurückschob, fuhr mit den Fingern tiefer, berührte die verdickten Narben, mit denen die Seite seines Halses gezeichnet war.
    »Weißt du, was der Name dieser Stadt bedeutet? Aedd Gynvael?«
    »Nein. Ist das aus der Elfensprache?«
    »Ja. Es bedeutet Eissplitter.«
    »Sonderbar, wie schlecht das zu diesem elenden Loch passt.«
    »Unter den Elfen«, flüsterte die Zauberin nachdenklich, »geht die Legende von der Königin des Winters, die im Schneesturm in ihrem mit weißen Pferden bespannten Schlitten übers Land fährt. Auf der Fahrt streut die Königin ringsum harte, scharfe, kleine Eissplitter aus, und wehe dem, den solch ein Splitter ins Auge oder ins Herz trifft. Dieser Jemand ist verloren. Nichts vermag ihn mehr zu erfreuen, alles, was nicht schneeweiß ist, kommt ihm hässlich, widerwärtig, abstoßend vor. Er findet keine Ruhe mehr, gibt alles auf, strebt der Königin nach, seinem Traum, seiner Liebe. Natürlich findet er sie nie und kommt vor Sehnsucht um. Es heißt, hier, in dieser Stadt, sei vor langer Zeit so etwas geschehen. Eine schöne Legende, nicht wahr?«
    »Elfen können alles in hübsche Worte kleiden«, murmelte er schläfrig und ließ die Lippen über ihre Schulter gleiten. »Das ist durchaus keine Legende, Yen. Das ist die hübsche Beschreibung einer widerlichen Erscheinung, nämlich der Wilden Jagd, die der Fluch bestimmter Gegenden ist. Eines unerklärlichen Massenwahnsinns, der die Leute zwingt, sich einem Zug von Vampiren anzuschließen, der am Himmel entlangstreift. Ich habe es gesehen. Es geschieht wirklich häufig im Winter. Man hat mir eine Menge Geld geboten, dass ich damit Schluss mache, aber ich hab mich nicht darauf eingelassen. Gegen die Wilde Jagd hilft kein Mittel ...«
    »Hexer«, flüsterte sie und küsste ihn auf die Wange. »In dir steckt nicht für einen roten Heller Romantik. Ich dagegen ... ich mag die Legenden der Elfen, sie sind so schön. Schade, dass die Menschen keine solchen Legenden haben. Vielleicht werden sie eines Tages welche haben?

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