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Das Schwert der Vorsehung

Das Schwert der Vorsehung

Titel: Das Schwert der Vorsehung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrzej Sapkowski
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sich Vea breitbeinig vor Yennefer hin. Die Serrikanerin hob den Säbel. Yennefer, bleich geworden, hob den Fuß.
    »Nein«, sagte Borch, genannt Drei Dohlen, der auf einem Stein saß. Auf dem Schoß hielt er den kleinen Drachen, ruhig und zufrieden.
    »Wir werden Frau Yennefer nicht töten«, wiederholte der Drache Villentretenmerth. »Das hat sich erledigt. Mehr noch, jetzt sind wir Frau Yennefer für ihre unschätzbare Hilfe dankbar. Lös ihnen die Fesseln, Vea.«
    »Begreifst du, Geralt?«, flüsterte Rittersporn, während er sich die tauben Hände rieb. »Begreifst du? Es gibt da so eine alte Ballade vom goldenen Drachen. Der goldene Drache kann ...«
    »Er kann jede Gestalt annehmen«, murmelte Geralt. »Auch menschliche. Ich hab davon gehört. Aber ich hab’s nicht geglaubt.«
    »Herr Yarpen Zigrin!«, rief Villentretenmerth dem Zwerg zu, der in zwanzig Ellen Höhe an die senkrechte Felswand gekrallt hing. »Was sucht Ihr dort? Hasenfüße? Die werden Euch nicht schmecken, wenn ich Euch recht in Erinnerung habe. Kommt herunter und widmet Euch den Haudegen. Sie brauchen Hilfe. Es wird nicht mehr getötet. Niemand.«
    Während er unruhige Blicke auf die Serrikanerinnen warf, die wachsam über das Schlachtfeld streiften, versuchte Rittersporn, den noch immer bewusstlosen Dorregaray zur Besinnung zu bringen. Geralt rieb Yennefers verbrannte Fußknöchel mit Salbe ein und verband sie. Die Zauberin zischte vor Schmerz und murmelte Verwünschungen.
    Als er fertig war, stand der Hexer auf.
    »Bleibt hier«, sagte er. »Ich muss mit ihm reden.«
    Yennefer stand mit schmerzverzerrtem Gesicht gleichfalls auf.
    »Ich komme mit dir, Geralt.« Sie nahm ihn bei der Hand. »Ja? Bitte, Geralt.«
    »Mit mir, Yen? Ich dachte ...«
    »Denk nicht.« Sie schmiegte sich an seine Schulter.
    »Yen?«
    »Schon gut, Geralt.«
    Er schaute ihr in die Augen, und sie waren warm. Wie einst. Er neigte den Kopf und küsste sie auf die Lippen, die heiß waren, weich und bereitwillig. Wie einst.
    Sie gingen.
    Yennefer, von Geralt gestützt, raffte den Rock und machte einen tiefen Knicks wie vor einem König.
    »Drei Doh ... Villentretenmerth ...«, sagte der Hexer.
    »Mein Name bedeutet, frei übersetzt in eure Sprache, ›Drei Schwarze Vögel‹«, sagte der Drache. Das Drachenjunge, die kleinen Krallen am Unterarm von Drei Dohlen, bot den Hals der streichelnden Hand dar.
    »Chaos und Ordnung.« Villentretenmerth lächelte. »Weißt du noch, Geralt? Chaos ist Aggression. Ordnung ist die Verteidigung dagegen. Es lohnt, bis ans Ende der Welt zu eilen, um der Aggression und dem Bösen entgegenzutreten, nicht wahr, Hexer? Besonders, wie du sagtest, wenn es anständig bezahlt wird. Diesmal wurde es das. Es war der Schatz der Drachendame Myrgtabrakke, derjenigen, die bei Barfeld vergiftet worden ist. Sie hat mich gerufen, damit ich ihr helfe, damit ich das Böse abwende, das ihr drohte. Myrgtabrakke ist schon weggeflogen, kurz nachdem Eyck von Denesle vom Schlachtfeld getragen wurde. Zeit hatte sie genug, während ihr redetet und euch strittet. Aber sie hat mir ihren Schatz dagelassen, meinen Lohn.«
    Der kleine Drache piepste und schlug mit den Flügelchen.
    »Also bist du ...«
    »Ja«, unterbrach ihn der Drache. »Nun ja, die Zeiten sind so. Die Wesen, die ihr Ungeheuer zu nennen pflegt, fühlen sich seit einiger Zeit immer stärker von den Menschen bedroht. Sie werden allein nicht damit fertig. Sie brauchen einen Verteidiger. So einen ... Hexer.«
    »Und das Ziel ... Das Ziel, das am Ende des Weges liegt?«
    »Da ist es.« Villentretenmerth hob den Vorderarm. Das Drachenjunge piepste erschrocken. »Eben habe ich es erreicht. Dank ihm werde ich überdauern, Geralt von Riva, werde beweisen, dass es keine Grenze des Möglichen gibt. Auch du wirst eines Tages solch ein Ziel finden, Hexer. Sogar die, die anders sind, können überdauern. Leb wohl, Geralt. Leb wohl, Yennefer.«
    Die Zauberin fasste die Schulter des Hexers fester und machte abermals einen Knicks. Villentretenmerth stand auf, schaute sie an, und sein Gesicht war sehr ernst.
    »Verzeih die Offenheit und Geradlinigkeit, Yennefer. Es steht euch im Gesicht geschrieben, ich brauche nicht einmal zu versuchen, eure Gedanken zu lesen. Ihr seid füreinander geschaffen, du und der Hexer. Aber es kommt nichts dabei heraus. Nichts. Tut mir leid.«
    »Ich weiß.« Yennefer wurde etwas blasser. »Ich weiß, Villentretenmerth. Aber auch ich hätte gern geglaubt, dass es keine Grenze des Möglichen

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