Das Schwert der Wahrheit 9: Die Magie der Erinnerung (German Edition)
mir anderes übrig?«
Nicci presste ihre Fingerspitzen an ihre Schläfen. Trotz der nicht eben unbeträchtlichen Kräfte, über die sie verfügte, von ihrer Ausbildung, Erfahrung und ihrem Wissen ganz zu schweigen, war nicht einmal sie imstande, eine solche Meisterleistung zu vollbringen. Sie hatte einige Mühe, ihren aufgewühlten Puls wieder zu beruhigen.
»Machst du dir eigentlich einen Begriff, welche Gefahren mit einem solchen Vorgang verbunden sind?«
Der gereizte Ton ihrer Frage schien ihn leicht verlegen zu machen. »Ich hatte keine andere Wahl, Nicci«, brachte er es schlicht auf den Punkt.
»Er hatte keine andere Wahl«, wiederholte sie verblüfft. Sie konnte einfach nicht glauben, was sie hörte. »Hast du überhaupt eine Vorstellung, welche Kräfte nötig sind, um sich auf eine solche Seelenreise zu begeben, geschweige denn von einem solchen Ort wieder zurückzukehren? Oder welche Gefahren dort lauern?«
Er vergrub seine Hände in den Taschen wie ein kleiner Junge, dem man eine Standpauke wegen ungezogenen Betragens hält. »Ich weiß nur, dass es die einzige Möglichkeit war, Cara zurückzuholen.«
»Und das hat er auch getan«, mischte sich Cara ein, indem sie mit dem Finger auf Nicci zeigte – nicht nur, um ihre Worte zu unterstreichen, sondern um zu zeigen, dass sie nicht bereit war, etwas auf ihn kommen zu lassen. »Lord Rahl ist gekommen und hat mich zurückgeholt.«
Fassungslos starrte Nicci die Mord-Sith an. »Euretwegen hat sich Richard bis an die Grenze des Totenreiches vorgewagt … womöglich sogar noch darüber hinaus.«
Cara warf Richard einen verstohlenen Seitenblick zu. »Hat er das?«
Nicci nickte langsam. »Eure Seele war bereits in das Reich der Dämmerung hinübergetreten, sodass Ihr für mich schon nicht mehr zu erreichen wart. Deswegen habe ich Euch nicht heilen können.«
»Also, Lord Rahl hat es jedenfalls geschafft.«
»Ja, das hat er.« Nicci streckte ihre Hand vor und bog Caras Kinn mit einem Finger nach oben. »Ich kann nur hoffen, dass Ihr Euer Leben lang nicht vergesst, was dieser Mann gerade für Euch getan hat. Ich bezweifle, dass es außer ihm noch jemanden gibt, der dazu imstande gewesen wäre – oder es nur versucht hätte.«
»Er hatte doch gar keine Wahl.« Cara schenkte ihr ein unverschämtes Grinsen. »Lord Rahl kommt ohne mich nicht zurecht, und das weiß er.«
Richard konnte sich ein klammheimliches Schmunzeln nicht verkneifen und wandte sich ab.
Nicci dagegen war diese saloppe Haltung nach einem so monumentalen Ereignis nahezu unbegreiflich. Um ihre Stimme wieder in die Gewalt zu bekommen und keinen falschen Eindruck zu erwecken – den Eindruck, sie sei ungehalten, dass er sie geheilt hatte, atmete sie einmal tief durch.
»Du hast deine Gabe benutzt, Richard. Diese Bestie treibt sich noch ganz in der Nähe herum, und du benutzt deine Gabe.«
»Ich musste es tun, sonst hätten wir sie verloren.«
Für ihn schien das alles ganz einfach und unkompliziert, aber wenigstens besaß er genug Feingefühl, nicht so selbstgefällig dreinzuschauen wie Cara. Die Fäuste in die Hüften gestemmt, beugte sie sich näher zu ihm.
»Begreifst du eigentlich nicht, was du angerichtet hast? Du hast wieder einmal deine Gabe benutzt, dabei hatte ich dich ausdrücklich gewarnt, es nicht zu tun. Die Bestie ist bereits ganz in der Nähe, und du hast nichts Besseres zu tun, als ihr durch deinen Gebrauch der Gabe deinen exakten Aufenthaltsort zu verraten.«
»Was hätte ich Eurer Meinung nach denn tun sollen? Cara sterben lassen?«
»Ja! Sie hat einen Eid darauf geschworen, dein Leben mit ihrem zu verteidigen. Das ist ihre Pflicht – und ihre offizielle Aufgabe. Wir hätten dich bei dem Versuch leicht verlieren können, ganz zu schweigen von der ungeheuren Gefahr, die du soeben heraufbeschworen hast. Du hast alles, was du den Menschen in D’Hara bedeutest, deinen Wert für unsere Sache, aufs Spiel gesetzt, um einen einzelnen Menschen zu retten. Du hättest sie von uns gehen lassen sollen. Durch ihre Rettung hast du ihr bestenfalls Gelegenheit gegeben, Euch beide ins Verderben zu ziehen, denn jetzt ist die Bestie erst recht imstande, dich zu finden. Was vorhin passiert ist, wird sich wiederholen, nur dass es diesmal kein Entrinnen gibt. Zugegeben, du hast soeben Cara das Leben gerettet – wenn auch um den Preis deines eigenen und obendrein zweifellos um den des ihren.«
»Davon abgesehen«, erklärte Richard ungerührt, während er die Dunkelheit mit den Augen
Weitere Kostenlose Bücher