Das Schwert der Wahrheit 9: Die Magie der Erinnerung (German Edition)
gewöhnlich bis auf den Grund der Seele schaute. Dahinter verbarg sich ein Gefühl der Bewunderung, das sich aus ihrer Anerkennung seiner Bedeutung für sie speiste. Es war, im reinsten Sinne, Liebe. Völlig unverhüllt und ohne die geringste Befangenheit zeigte sie ihm, was sie für ihn empfand.
Nach dem, was sie soeben zusammen erlebt hatten, wäre diese Zurückhaltung wohl auch grotesk gewesen, trotzdem wusste er, dass dies mehr war, dass dies die eigentliche Cara war: ernsthaft, frei von Ängsten oder falschem Schamgefühl.
»Einen Lord Rahl wie Euch hat es noch nie gegeben.«
»Ihr wisst gar nicht, wie froh ich bin, Cara, dass Ihr wieder bei mir seid.«
Sie nahm seinen Kopf in beide Hände und gab ihm einen Kuss auf die Stirn. »Oh doch, das weiß ich. Ich weiß, was Ihr meinetwegen heute Nacht durchgemacht habt. Ich weiß sehr wohl, wie sehr Ihr Euch gewünscht habt, ich würde zurückkommen. Mir ist völlig klar, was Ihr für mich getan habt.« Sie schlang ihm die Arme um den Hals und zog ihn fest an sich. »Noch nie hatte ich solche Angst, nicht einmal, als ich zum ersten Mal …«
Er legte ihr den Finger an die Lippen, um zu unterbinden, was sie sagen wollte – aus Angst, es könnte den Zauber brechen und die für alle Mord-Sith typische Härte allzu bald in ihre wunderschönen blauen Augen zurückkehren lassen. Er wusste ohnehin, was sie hatte sagen wollen. Dieser Wahnsinn war ihm nur zu vertraut.
»Danke, Lord Rahl«, sagte sie mit leiser Verwunderung in der Stimme, als er seine Finger wieder zurücknahm. »Danke für alles, und dafür, dass Ihr mich nicht habt sagen lassen, was ich gerade sagen wollte.« Mit einem leichten Zucken ihrer Stirn ging ein letzter Anflug von Gequältheit über ihr Gesicht. »Deswegen gab es ja noch nie einen Lord Rahl wie Euch, denn alle haben sie Mord-Sith erschaffen, alle haben sie diesen Schmerz hervorgebracht. Erst Ihr habt damit Schluss gemacht.«
»Cara, wir müssen fort von hier«, sagte Richard dann unvermittelt.
»Wie meint Ihr das?«
Richard stemmte sich hoch, als ihm schlagartig die Dringlichkeit ihrer Situation bewusst wurde. Ihm drehte sich der Kopf, dass ihm speiübel wurde. »Ich habe Magie benutzt, um Euch zu heilen.«
Sie nickte, ganz gegen ihre Art nach außen hin scheinbar einverstanden, dass ihre Person und Magie in einem Atemzug genannt wurden – allerdings hatte die Magie ihr soeben das Wunder des Lebens vor Augen geführt.
Richard zitterten die Knie. In diesem Moment bemerkte er, dass er das Schwert noch immer umgeschnallt hatte, und war froh, es griffbereit zu haben. »Falls Jagangs Bestie noch in der Nähe ist, könnte sie gespürt haben, dass ich von meiner Gabe Gebrauch gemacht habe. Ich habe keine Ahnung, wo sie sein könnte, aber wenn sie zurückkommt, möchte ich nicht hier sein.«
»Ich auch nicht. Das eine Mal hat mir vollauf gereicht.«
Und dann, auf unerklärliche Weise, umgab sich Cara wieder mit ihrer Aura der Mord-Sith und lächelte.
Die gefasste Zuversicht, die aus diesem Lächeln sprach, hatte etwas Herzerfrischendes. »Es geht mir gut«, verkündete sie, so als wollte sie ihm zu verstehen geben, er könne aufhören, sich Sorgen zu machen. »Ich bin wieder bei Euch.«
Der stählerne Blick war in ihre Augen zurückgekehrt. Cara war wieder ganz die Alte.
Richard nickte. »Mir auch. Ich fühle mich schon wieder besser, jetzt, da ich allmählich wach werde.« Er wies auf ihr Bündel. »Packen wir unsere Sachen zusammen, und dann nichts wie fort von hier.«
20
Die Hände verschränkt, stand Nicci am Rand des Hanges und blickte über das Parkgelände hinüber zu der von Fackeln beschienenen weißen Marmorstatue. Die Bewohner von Altur’Rang waren der Ansicht gewesen, dass ein solch edles Bildnis, das Wahrzeichen ihrer Freiheit, niemals in Dunkelheit versinken dürfe, deshalb wurde sie Tag und Nacht angestrahlt.
Entmutigt, dass sich auf der anderen Seite der Tür ein Leben dem Ende zuneigte, war Nicci einen Großteil der Nacht in der düsteren Enge des Empfangs des Gasthauses auf und ab gegangen. Sie hatte jedes ihr bekannte Mittel angewendet, um Cara zu retten, aber es war hoffnungslos gewesen.
Im Grunde kannte sie Cara nicht sehr gut, umso besser dagegen Richard. Vermutlich gab es niemanden, der ihn besser kannte als sie, mit Ausnahme seines Großvaters Zedd vielleicht. Ihre Kenntnisse über seine Vergangenheit, über die Geschichten aus seiner Kindheit und dergleichen mehr, mochten zwar eher begrenzt sein, aber
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