Das Schwert der Wahrheit 9: Die Magie der Erinnerung (German Edition)
hatten wir beide doch das erklärte Ziel, Lord Rahl zu töten.«
Nicci, leicht verdutzt, fand, dass dies kaum der rechte Augenblick für Haarspaltereien war. »Mag sein, ja.«
»Vielleicht haben wir beide, Ihr und ich, ja mehr als jeder andere einen einzigartigen Blick für das, wofür Lord Rahl in Wahrheit steht. Ich finde, wenn man jemandem erst ein Leid zufügen will und dieser Jemand einen dann zu der Erkenntnis bringt, wie sehr man sich geirrt hat und dass man sehr viel mehr mit seinem Leben anfangen kann, dann, na ja, dann kann es eben passieren, dass man diesem Jemand nur umso inniger zugetan ist.«
»Ich denke, da werde ich Euch wohl zustimmen müssen.«
Cara deutete zurück auf den Weg, den sie gekommen waren, zu dem einstigen Palastgelände, das jetzt Platz der Freiheit hieß. »Als der Aufstand dort unten begann und Lord Rahl verwundet und dem Tod nahe war, wollten die Menschen nicht, dass Ihr ihn zu heilen versucht. Sie hatten Angst, Ihr würdet ihm stattdessen ein Leid zufügen. Damals war ich es, die ihnen erklärte, dass sie Euch vertrauen sollten. Ich begriff das Erweckungserlebnis, das Ihr gehabt hattet, denn im Großen und Ganzen hatte ich dasselbe erlebt. Ich konnte als Einzige nachvollziehen, was Ihr mittlerweile für diesen Mann empfandet. Also sagte ich ihnen, sie sollten Euch gewähren lassen. Sie hatten Angst, Ihr könntet die Gelegenheit benutzen, ihm das Leben zu nehmen, aber ich wusste, dass Ihr das nicht tun würdet. Ich war mir sicher, Ihr würdet ihn retten.«
»Ihr habt Recht, Cara, wir beide sind ihm zutiefst verbunden. Uns verbindet ein ganz besonderes Band.«
»Genau das ist es, ein ganz besonderes Band. Anders, denke ich, als bei allen anderen.«
Verwirrt, worauf Cara eigentlich hinauswollte, breitete Nicci die Hände aus. »Ich nehme an, Ihr wollt mir noch etwas anderes sagen?«
Den Blick auf ihre Stiefel gesenkt, bestätigte Cara dies mit einem Nicken. »Als Lord Rahl und ich dieses Gefühl innerer Verbundenheit erlebten, konnte ich spüren, was sich tief in seinem Inneren verbarg – ein Gefühl entsetzlicher, brennender Einsamkeit. Ich denke, die Geschichte mit dieser Frau – dieser Kahlan – rührt von dieser Einsamkeit her.«
Nicci versuchte ihrerseits zu ergründen, was genau Cara wohl in seinem Innern gespürt haben mochte. »Nun, ich nehme an, es könnte etwas damit zu tun haben.«
Cara räusperte sich. »Nicci, wenn Ihr einen Mann auf diese Weise in Euren Armen haltet und Ihr mit ihm auf eine so … so intime Weise zusammen wart, dann spürt Ihr, was sich wirklich in seinem Innern verbirgt.«
Nicci drängte ihre Gefühle tiefer in die Schatten zurück. »Da habt Ihr gewiss Recht, Cara.«
»Was ich meine, ist, ich hätte ihn am liebsten für immer so festgehalten, ihn getröstet und dafür gesorgt, dass er sich nicht so allein fühlt.«
Nicci warf einen verstohlenen Seitenblick auf die Mord-Sith. Diese hatte den Mund verzogen und blickte nachdenklich zu Boden. Nicci erwiderte nichts, sondern wartete stattdessen, dass Cara fortfuhr.
»Nur glaube ich eben nicht, dass ich dafür die Richtige bin, so etwas für Lord Rahl tun zu können.«
Nicci wog die Formulierung ihrer Frage sorgfältig ab. »Mit anderen Worten, Ihr glaubt, nicht die Frau zu sein, die … ihn für seine Einsamkeit entschädigen könnte?«
»Wohl eher nicht.«
»Weil es da diesen Benjamin gibt?«
Sie zuckte mit den Schultern. »Zum Teil auch deswegen.« Sie sah auf und begegnete Niccis Blick. »Ich liebe Lord Rahl, ich würde mein Leben für ihn geben. Und ich muss gestehen, als ich dort neben ihm lag und ihn in meinen Armen hielt, hatte ich das Gefühl …, dass ich vielleicht mehr als bloß seine Leibwächterin und Freundin sein könnte. Als ich auf diesem Bett lag, eng an ihn geschmiegt, hab ich mir vorgestellt, wie es wohl wäre, seine … seine …« Sie ließ den Satz unbeendet.
Nicci schluckte. »Verstehe. Und darüber hinaus meint Ihr also, dass diese Frau aus seinen Fantasien auf seine Einsamkeit zurückzuführen ist?«
Cara nickte. »Ja … aber da ist noch etwas anderes.«
Nicci warf kurz einen Blick die Straße entlang und sah eine Gruppe von Männern auf das Stallgebäude zuhalten. »Und das wäre?«
»Ich denke, dass vielleicht Ihr diejenige sein könntet.«
Niccis Herz schlug bis zum Hals, als sie sich wieder herumwandte und Cara ihr direkt ins Gesicht blicken sah. »Was?«
»Ich denke, Ihr könntet für Lord Rahl die Richtige sein.« Sie hob die Hände, um jedem
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