Das Schwert der Wahrheit 9: Die Magie der Erinnerung (German Edition)
konnte, weil er dasselbe durchgemacht hatte.«
Nicci war nicht ganz klar, worauf Cara anspielte. »Dasselbe?«
»Er war einst Gefangener einer Mord-Sith namens Denna. Unsere Aufgabe damals bestand darin, die Feinde Darken Rahls zu Tode zu foltern, und Denna galt als die Beste von allen. Darken Rahl hatte sie persönlich ausgewählt, um Richard gefangen zu nehmen und die Leitung seiner ›Ausbildung‹ zu übernehmen. Er war schon eine ganze Weile hinter ihm her gewesen, denn Richard war im Besitz wichtiger Informationen über die Kästchen der Ordnung, die Darken Rahl unbedingt in seinen Besitz bringen wollte. Dennas Aufgabe war es, Richard so lange zu foltern, bis er bereit wäre, bereitwillig jede Frage zu beantworten, die Darken Rahl ihm stellte.«
Als Nicci zu ihr hinüberschaute, sah sie Tränen in ihren Augen glitzern. Cara verlangsamte ihre Schritte und blieb stehen, nahm ihren Strafer zur Hand und starrte darauf, während sie ihn in ihren Fingern hin- und herrollen ließ. Natürlich wusste Nicci nur zu gut, was Denna Richard angetan hatte, entschied aber, dass es vielleicht das Beste wäre, sich bedeckt zu halten und einfach nur zuzuhören. Manchmal war es wichtiger, sich gewisse Dinge von der Seele zu reden, als sie einem anderen mitzuteilen. Auf Cara, die noch vor kurzem fast gestorben wäre, traf dies in diesem Augenblick vermutlich zu.
»Ich war selbst dabei«, sagte sie mit fast tonloser Stimme, den Blick starr auf ihren Strafer gerichtet. »Er weiß nichts mehr davon, weil Denna ihn gefoltert hatte, bis er dem Wahnsinn nahe und kaum noch bei Bewusstsein war, aber ich habe ihn mit eigenen Augen im Palast des Volkes gesehen und miterlebt, was sie ihm antat … was wir alle ihm antaten.«
Für einen Moment stockte Nicci der Atem. »Was Ihr alle ihm antatet? Was wollt Ihr damit sagen?«
»Es war damals gängige Praxis bei den Mord-Sith, ihre Gefangenen untereinander auszutauschen. Dadurch sollte es ihnen erschwert werden, sich an das bestimmte Folterschema einer Mord-Sith zu gewöhnen, was es wiederum einfacher machte, sie in einen Zustand ständiger Angst und Verwirrung zu versetzen. Angst ist wesentlicher Bestandteil der Folter, es ist eines der ersten Dinge, die eine Mord-Sith in ihrer Ausbildung lernt: Die Angst vor dem Unbekannten steigert den Schmerz ins Unermessliche. Meist teilte sich Denna Richards Ausbildung mit einer Mord-Sith namens Constance, bisweilen aber wollte sie außer Constance noch andere zu Hilfe nehmen.«
Cara stand wie versteinert und starrte auf ihren Strafer. »Er war erst vor kurzem im Palast des Volkes eingetroffen, als es passierte. Richard kann sich nicht mehr daran erinnern – ich glaube, damals wusste er nicht einmal mehr seinen Namen, denn durch das, was sie ihm antat, hatte Denna ihn in einen Zustand geistiger Umnachtung und des Wahnsinns versetzt … wie auch immer, er verbrachte einen vollen Tag mit mir.«
Das war Nicci neu. Sie stand regungslos da und hatte Angst, etwas zu sagen. Sie hätte ohnehin nicht gewusst, was.
»Denna hatte Richard zu ihrem Gefährten erkoren«, fuhr Cara fort. »Ich glaube kaum, dass sie sich in Liebesdingen damals besser auskannte als Jagang oder Darken Rahl, aber am Ende empfand sie eine tiefe und aufrichtige Liebe für Richard. Ich habe mit eigenen Augen gesehen, wie diese Veränderung über sie kam. Sie lernte ihn als Individuum schätzen, bis sie schließlich aufrichtige Leidenschaft für ihn empfand, genau wie Ihr es vorhin geschildert habt. Ihre Liebe zu ihm war so groß, dass sie ihm am Ende erlaubte, sie zu töten, um fliehen zu können.
Davor jedoch, als sie ihn noch folterte, hab ich ihn mehr als einmal hilflos und blutbesudelt in seinen Ketten hängen und um die Erlösung des Todes betteln sehen.« Über Caras Wangen liefen Tränen. »Bei den Gütigen Seelen, ich hab ihn selbst um den Tod betteln lassen, als ich ihn beaufsichtigte.«
Auf einmal schien Cara bewusst zu werden, was sie da soeben laut ausgesprochen hatte, und ein Hauch von Panik trübte ihren Blick. »Bitte, erzählt ihm nichts davon. Es ist so lange her – das ist jetzt vorbei, alles ist anders geworden. Ich möchte nicht, dass er erfährt … dass ich ihn in diesem Zustand gesehen habe.« Mittlerweile liefen ihr die Tränen in Strömen über das Gesicht. »Bitte …«
Nicci ergriff Caras Hand. »Natürlich nicht, ich würde ihm niemals davon erzählen. Gerade ich kann sehr gut nachempfinden, wie Ihr Euch fühlt, denn auch ich habe ihm einst schreckliche
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