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Das Schwert der Wahrheit 9: Die Magie der Erinnerung (German Edition)

Das Schwert der Wahrheit 9: Die Magie der Erinnerung (German Edition)

Titel: Das Schwert der Wahrheit 9: Die Magie der Erinnerung (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Goodkind
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ihren Gedanken über gewichtige Themen, alte Völker und die von ihnen erbauten Städte, über Kriege und Heldentaten. Neugierig kam der Rabe näher.
    Jillian legte die erst kurz zuvor verendete Echse neben sich, fasste sie an der Schwanzspitze und wedelte sie lockend hin und her.
    Lokey neigte den Kopf zur Seite, doch statt die Opfergabe anzunehmen, blinzelte er nur mit seinen schwarzen Augen. Schließlich kam er, den rechten Fuß voran, in seinem vorsichtigen Seitwärtsgang näher, den er stets dann an den Tag legte, wenn er sich einem Stück Aas näherte. Aber statt unter heftigem Flügelschlagen ein paar Mal aus bewährter Vorsicht wieder zurückzuhüpfen, wie er es immer tat, wenn er etwas fand, das sich hoffentlich als Mahlzeit entpuppen würde, ihm womöglich aber auch gefährlich werden konnte, kam er sofort beherzt auf sie zu und schnappte mit seinem massigen Schnabel nach ihrem Wildlederärmel.
    »He, was soll das, Lokey?«
    Beharrlich ließ Lokey nicht von seinem Zerren ab. Normalerweise zupfte der neugierige Vogel am Perlenbesatz ihres Ärmels oder an den angesetzten Lederfransen, jetzt dagegen zupfte er am Ärmel selbst.
    »Was ist?«, fragte sie. »Was willst du?«
    Er ließ von ihrem Ärmel ab, neigte den Kopf zur Seite und musterte sie aus einem glänzenden Auge. Raben waren intelligente Tiere, auch wenn sie nie ganz sicher war, wie weit ihre Intelligenz reichte. Bisweilen kam ihr der Gedanke, dass Lokey intelligenter war als so mancher ihr bekannte Mensch.
    Angriffslustig stellten sich seine Federn an Hals und Ohren auf, und plötzlich stieß er ein durchdringendes Krächzen aus, das sehr nach wütender Enttäuschung klang – Enttäuschung darüber, dass er des Sprechens nicht mächtig war und ihr somit auch nichts mitteilen konnte. Kraaah . Wieder plusterte er sein Gefieder auf und krächzte. Kraaah .
    Jillian strich ihm erst über den Kopf, dann über seinen Rücken, indem sie ihn sanft und doch fest unter seinem aufgestellten Gefieder kraulte – was er nur zu gerne mit sich geschehen ließ -, ehe sie sein aufgeplustertes Gefieder wieder glatt strich. Statt des zufriedenen Schnalzens und trägen Blinzelns, mit denen er diese Liebkosung normalerweise quittierte, entfernte er sich mit einem Hüpfer aus ihrer Reichweite und stieß drei durchdringende Krächzlaute aus, die ihr schmerzhaft in den Ohren klangen.
    Sie hielt sich die Hände auf die Ohren. »Was ist heute bloß in dich gefahren?«
    Flügelschlagend hüpfte Lokey auf und ab, krächzte erneut, bis er schließlich unter lautem Krähen mit den Flügeln wedelnd quer über die alte Pflasterstraße rannte, ehe er, drüben angekommen, sich flatternd kurz in die Luft erhob und wieder landete, nur um gleich darauf erneut abzuheben.
    Kraaah.
    Jillian stand auf. »Möchtest du, dass ich mit dir komme?«
    Er stieß ein lautes Krächzen aus, so als wollte er bestätigen, dass sie endlich richtig geraten hatte. Jillian musste lachen. Sie war sich sicher, dass der verrückte Vogel jedes ihrer Worte verstand und manchmal sogar ihre Gedanken lesen konnte. Deshalb liebte sie es, ihn um sich zu haben. Manchmal, wenn sie mit ihm sprach, blieb er nicht weit entfernt ganz ruhig stehen und hörte zu.
    Ihr Großvater hatte sie gewarnt, den Raben nicht bei sich im Zimmer schlafen zu lassen, da er sonst ihre Träume erfahren würde. Da sie meist angenehme Träume hatte, hatte sie gar nichts dagegen, wenn Lokey über sie im Bilde war. Vermutlich kannte ihr kleiner Freund sie ohnehin längst, was auch der Grund dafür sein mochte, dass sie oftmals aufwachte und ihn zufrieden schlummernd auf dem nahen Fensterbrett sitzen sah.
    Sie war aber stets sehr darauf bedacht, ihm keine Albträume zu schicken.
    »Hast du vielleicht eine leckere tote Antilope gefunden? Oder ein Kaninchen? Hast du vielleicht deswegen keinen Hunger?« Sie drohte ihm mit dem Finger und setzte tadelnd hinzu: »Oder hast du etwa das Versteck eines anderen Raben geplündert?«
    Sie hatte sich schon oft über die Gefräßigkeit Lokeys lustig gemacht, der immerzu hungrig zu sein schien. Er war immer bereit, das Essen mit ihr zu teilen, wenn sie ihn ließ, und wenn nicht, nahm er sich einfach, wonach es ihn gelüstete. Doch selbst wenn er zu satt war, um die Echse zu verschlingen, war sie überrascht, dass er sie nicht fortschleppte und für später in sein Versteck brachte, wie Raben es mit allem taten, was sie nicht auf der Stelle hinunterschlingen konnten – und das war nicht eben wenig. Ihr war

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