Das Schwert der Wahrheit 9: Die Magie der Erinnerung (German Edition)
gemeint hatte. Die Warnung verursachte ihm ein schmerzhaftes Stechen in der Brust, denn er fürchtete, es könnte bedeuten, dass Kahlan längst tot und begraben war.
Keinesfalls durfte er zulassen, dass er ihren Tod bereits als Tatsache ansah, und er versuchte stattdessen, sich ihre wunderschönen grünen Augen, ihr unverwechselbares Lächeln und ihr ganz besonderes Wesen als etwas sehr Reales und Lebendiges vorzustellen.
Aber Shotas Worte holten ihn immer wieder ein. Wenn er Kahlan wiederfinden wollte, musste er unbedingt herausfinden, welche Bedeutung sich dahinter verbarg.
Ihre letzte Bemerkung, er solle sich »vor der vierköpfigen Viper in Acht nehmen«, war ihm zunächst vollkommen sinnlos erschienen, aber je länger er darüber nachdachte, desto klarer wurde das Gefühl, dass er sie eigentlich verstehen sollte – so als müsste sich ihm der dahinter verborgene Sinn erschließen, müsste er auf die Bedeutung kommen können, wenn er nur gewissenhaft genug darüber nachdachte. Der eigentliche Sinn schien jedenfalls offenkundig: Besagte vierköpfige Viper – was immer sich dahinter verbarg – war irgendwie für Kahlans Verschwinden verantwortlich.
Zu guter Letzt fragte er sich, ob sich sein Verdacht womöglich nur auf den ominösen Wortlaut gründete; schließlich wollte er sich nicht dazu verleiten lassen, aufgrund einer unmotivierten Eingebung in die falsche Richtung zu denken. Das kostete nur wertvolle Zeit, und davon, befürchtete er, hatte er ohnehin schon zu viel vergeudet.
»Wohin gehen wir überhaupt?« Caras Frage riss ihn aus seinen verschlungenen Gedanken. Ihm wurde bewusst, dass es das Erste war, was sie seit ihrem Aufbruch bei Shota gesagt hatte. »Die Pferde holen.«
»Ihr wollt versuchen, den Pass noch heute Nacht zu überqueren?«
Er nickte. »Ja, wenn möglich. Sobald das Unwetter weitergezogen ist, müsste der Mond genügend Licht spenden.«
Der verhärtete Zug um Caras Kinnpartie war ein deutliches Zeichen für das Unbehagen, das die Vorstellung bei ihr auslöste, einen solchen Marsch bei Nacht zu absolvieren, doch statt sich zu beklagen, fragte sie nach etwas anderem.
»Und was geschieht, wenn wir die Pferde geholt haben?«
»Dann versuchen wir Antworten auf das zu finden, was ich bislang herausgefunden habe.«
Zwischen den knorrigen Bäumen ringsum, den hängenden Ranken und über den Flächen stehenden Wassers war ganz allmählich Nebel aufgezogen, so als wollte er sich vorsichtig heranschleichen, um ihre Unterhaltung zu belauschen. Da kein Wind ging, der die herabhängenden Ranken der Moose hätte in Bewegung versetzen können, hingen sie schlaff von den knorrigen Ästen herab. Schatten bewegten sich in den dunklen Stellen unter den Schlingpflanzen und Sträuchern, und irgendwo in der Ferne plätscherte unsichtbares Getier in den schwarzen Flächen stehenden Wassers.
Richard, dem wirklich nicht danach zumute war, sich über den langen und schweren Ritt auszulassen, der vor ihnen lag, kam ihr mit einer Frage zuvor: »Seid Ihr schon einmal irgendwo auf den Begriff Feuerkette gestoßen?«
Cara stieß einen Seufzer aus. »Nein.«
»Irgendeine Vermutung, was er bedeuten könnte?«
Sie schüttelte den Kopf.
»Und was ist mit dieser Knochenstätte im Herzen der Leere? Sagt Euch das vielleicht etwas?«
Cara zögerte einen Moment mit der Antwort. »Ich glaube, dieses ›Herz der Leere‹ kommt mir vage bekannt vor. Mir ist, als könnte ich es womöglich schon einmal gehört haben.«
Er fand, das klang nicht gerade ermutigend.
So ging es dahin. An der Stelle, wo sich der dichte Baumbestand zur dunklen Masse des sich vor ihnen erhebenden Gebirges öffnete, blieb Cara stehen.
»Gut möglich, dass Nicci uns bald einholen wird, sie weiß eine Menge über Magie und alles Mögliche. Vielleicht weiß sie ja, was Feuerkette oder eines der anderen Rätsel bedeutet. Nicci wäre bestimmt überglücklich, wenn sie Euch irgendwie helfen könnte.«
Er hakte einen Daumen hinter seinen Gürtel. »Wollt Ihr mir jetzt endlich verraten, was Ihr mit Nicci ausgeheckt habt?«
Es erschien ihm ziemlich offenkundig, trotzdem wollte er aus ihrem Munde hören, wie weit das Ganze ging. Abwartend beobachtete er ihre Augen.
»Nicci hat nichts damit zu tun, es war allein meine Idee.«
»Was genau war Eure Idee?«
Cara wich seinem direkten Blick aus und starrte stattdessen hinauf zum Pass. Der Himmel war weitgehend wolkenlos, und die ersten Sterne begannen sich zu zeigen. Getrieben von einem lautlosen
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