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Das Schwert der Wahrheit 9: Die Magie der Erinnerung (German Edition)

Das Schwert der Wahrheit 9: Die Magie der Erinnerung (German Edition)

Titel: Das Schwert der Wahrheit 9: Die Magie der Erinnerung (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Goodkind
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unbegreiflich, wieso der Vogel kein Fett ansetzte.
    Jillian erhob sich und klopfte sich dort, wo sie darauf gesessen hatte, den Staub vom Kleid und von ihren knotigen Knien. Lokey war bereits in der Luft und zog, sie zur Eile drängend, krächzend seine Kreise.
    »Schon gut, ist ja schon gut«, klagte sie und breitete die Arme aus, um nicht das Gleichgewicht zu verlieren, während sie mit hastigen Schritten über die mächtige Mauer entlang einer mit Trümmern übersäten Einfriedung balancierte.
    Auf der Kuppe des kleinen Hügels blieb sie stehen, eine Hand auf der um ihre Hüfte geschlungenen Stoffschärpe, die andere schützend über ihren Augen, spähte in den strahlenden Himmel und beobachtete ihren Freund, der mit den Flügeln schwankend und immer wieder kurz abtauchend um ihre Aufmerksamkeit warb. Lokey war ein schamloser Angeber: Wenn er keine gewagten Flugmanöver vollführen konnte, um seine Artgenossen zu beeindrucken, dann vollführte er sie gern auch für sie.
    »Ich weiß schon«, rief sie in den Himmel, »du bist ein kluger Vogel, Lokey.«
    Lokey krächzte einmal, machte dann ein paar rasche Flügelschläge. Die Hand zum Schutz gegen die Sonne über den Augen, folgte Jillian ihm mit dem Blick, als er in südlicher Richtung über die sich schier endlos vor ihr erstreckende Weite davonflog. Da und dort, näher am Fuß der Landzunge und der sich dahinter auftürmenden Berge, durchschnitten Streifen grünen Sommergrases die karge Landschaft, während zu beiden Seiten dunstige violette Ausläufer des fernen Gebirges, jeder einen Hauch zarter und heller als sein Vorgänger, sich bis weit in die menschenleere Ebene erstreckten, die sich schier endlos nach Süden zu ziehen schien. Natürlich wusste sie, dass dem nicht so war. Ihr Großvater hatte erzählt, dass sich südlich von hier eine gewaltige Barriere befand, und dahinter ein seit Ewigkeiten verbotenes Land mit Namen die Alte Welt.
    In weiter Ferne, unten in der Ebene, wo vereinzelte Flecken raren Grüns bis an das Vorgebirge heranreichten, konnte sie die Stelle ausmachen, wo ihr Volk den Sommer über lebte. Hölzerne Zäune füllten die Lücken in den uralten, eingefallenen Mauern, zwischen denen sie ihre Ziegen, Schweine und Hühner hielten. Weiter draußen, auf der Sommerweide, grasten ein paar vereinzelte Rinder, dort gab es auch Wasser sowie ein paar Bäume, deren Laub im gleißenden Licht der Sonne schimmerte. Neben den einfachen Ziegelbauten, die unzählige Jahrhunderte den rauen Winterwinden und der sengenden Sommersonne getrotzt hatten, erstreckten sich einige Gärten.
    Und dann, als sie erneut den Blick hob, um nach Lokey Ausschau zu halten, sah Jillian über dem Horizont im Westen eine kaum wahrnehmbare Staubwolke aufsteigen. Sie war so weit entfernt, dass sie winzig schien. Die Staubfahne vor dem tiefblauen Himmel schien dort, wo sie den Horizont berührte, vollkommen still in der Luft zu stehen, doch sie wusste, dass dies nur eine durch die Entfernung hervorgerufene Täuschung war. Selbst aus dieser Entfernung war deutlich zu erkennen, dass sie sich über einen breiten Streifen erstreckte.
    Auch wenn sie nicht sehen konnte, was diese Staubfahne hervorrief, eines war ihr sofort klar: Einen solchen Anblick hatte sie noch nie zuvor gesehen.
    Ihr erster Gedanke war, es müsse sich um eine Windhose oder einen Staubsturm handeln, doch bei genauerem Hinsehen wurde ihr klar, dass sie für eine Windhose viel zu ausgedehnt war und ein Staubsturm nicht so weit in den Himmel steigen würde. Und selbst wenn er bis in den Himmel reichte, so war ein Staubsturm an seinem unteren Ende von etwas begrenzt, das einer gewaltigen, wogenden braunen Wolke glich, die sich dort, wo der böige Wind den Staub aufwirbelte, über den Boden wälzte.
    Dies hier war etwas völlig anderes, dies war Staub, der von etwas aufgewirbelt wurde, das näher kam – von Menschen auf Pferden, die in ihre Richtung ritten.
    Fremde.
    Fremde in einer Zahl, die ihr Vorstellungsvermögen sprengte. Es mussten so ungeheuer viele sein, dass sie sich sofort an ein Ereignis aus den Geschichten ihres Großvaters erinnerte.
    Jillians Knie fingen an zu zittern. Ein Angstgefühl kroch in ihr hoch und setzte sich in ihrer Kehle fest, dort, wo die Schreie geboren wurden.
    Das mussten sie sein, die Fremden, von deren Kommen ihr Großvater immerzu gesprochen hatte. Jetzt kamen sie tatsächlich.
    Es geschah niemals, dass die Menschen ihrem Großvater misstrauten – jedenfalls nicht offen -, obschon sie

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