Das Schwert der Wahrheit 9: Die Magie der Erinnerung (German Edition)
einfach mehr Truppen entsenden, genug, um die Mission erfolgreich und so rabiat wie möglich abzuschließen, nicht nur, um sich den Sieg zu sichern, sondern auch, um zu gewährleisten, dass jeder Widerstand gegen seine Autorität mit vermehrter Härte geahndet würde.
Nicci kannte ihn gut – das Leben seiner Soldaten oder der Menschen überhaupt scherte ihn nicht im Mindesten. Wer im Kampf für die Imperiale Ordnung fiel, dem winkte als Belohnung der Ruhm im Leben nach dem Tod; in diesem Leben aber konnte er nur eine Opferrolle erwarten.
Etwas völlig anderes dagegen wäre es, wenn ihn von der Schlacht um Altur’Rang nie eine Meldung erreichen würde.
Mangelnde Kenntnis, das wusste sie, vermochte ihn weit mehr zu reizen als jeder Gegner. Das Unbekannte war ihm zutiefst verhasst; die Entsendung eines Heeres von Elitetruppen – mitsamt drei raren und hoch geschätzten Zauberern -, ohne je wieder auch nur ein einziges Wort von ihnen zu hören, würde ihn ohne Ende quälen. Wieder und wieder würde er dieses Rätsel in Gedanken wälzen, bis ihm die Ungewissheit über die Schlacht um Altur’Rang, über deren Ausgang nichts zu erfahren war, letztendlich mehr zu schaffen machen würde als eine Niederlage. Und da die Soldaten seiner Armee zu Aberglauben neigten, würde man einen solchen Vorfall dort womöglich gar als unheilvolles Omen betrachten.
Nicci folgte den verschlungenen Windungen der schmalen gepflasterten Straße, bis sie um eine Ecke bog. Sie hob den Kopf, und plötzlich bot sich ihr zwischen den die beiden Straßenseiten säumenden Häusern ein atemberaubender Anblick. Auf einem fernen Hügel stand, beschienen von der Sonne, inmitten einer wunderschönen Parkanlage aus sattem Smaragdgrün ein prachtvoller Palast aus weißem Stein. Es war das eleganteste Gebäude, das sie je gesehen hatte, ein Bauwerk, das Stolz und Kraft verströmte und eine höchst angenehme, entschieden weibliche Eleganz ausstrahlte. Augenblicklich war ihr klar, dass dies nur der Palast der Konfessoren sein konnte.
Seine Autorität, Reinheit und Eleganz verströmende Erscheinung stand in krassem Gegensatz zu dem hoch aufragenden Bergmassiv dahinter, an dessen Flanke sich die düsteren, bis weit in den Himmel ragenden Mauern der Burg der Zauberer erhoben. Der Palast der Konfessoren, errichtet vor einem Hintergrund aus dunklen, bedrohlichen Mächten, musste als Sinnbild der Erhabenheit gedacht sein, dachte Nicci bei sich.
Eine Bewegung in einer Lücke zwischen den Gebäuden seitlich von ihr erregte ihre Aufmerksamkeit. Als sie sah, dass es sich um eine sich langsam in die stille Luft erhebende Staubwolke handelte, verriss sie augenblicklich die Zügel, schwenkte Sa’din herum und lenkte ihn in eine Seitenstraße hinein, wo sie ihn mit dem sanften Druck ihrer Schenkel zu einem leichten Galopp anspornte. Ohne Zögern schoss er los, die schmale Staubstraße entlang. In den Lücken der Gebäude konnte sie die aufsteigende Staubfahne in der Ferne aufblitzen sehen. Jemand ritt in hohem Tempo eine Straße entlang, die zu dem Berg führte, auf dem die Burg der Zauberer thronte. Dank ihrer magischen Verbindung wusste sie sogleich, wer dafür infrage kam.
Und tatsächlich, kaum hatte sie die engen Straßenschluchten der Stadt verlassen, beschleunigte ihr Puls, denn wie sie jetzt sah, hatte sie sich nicht getäuscht, es war tatsächlich Richard.
Eine lange Staubfahne hinter sich herziehend, jagten er und Cara eine Straße entlang. Wenn ihre Erinnerung nicht trog, hatten sie Altur’Rang mit sechs Pferden verlassen, jetzt hatten sie nur noch deren drei. Nach ihrer Art zu reiten glaubte sie auch ziemlich sicher den Grund dafür zu kennen. Wenn Richard sich etwas in den Kopf gesetzt hatte, war er durch nichts aufzuhalten. Vermutlich hatte er die anderen Tiere zu Tode gehetzt.
Kaum war sie aus der Stadt herausgaloppiert, um ihnen den Weg abzuschneiden, da erspähte Richard sie und drosselte sein Tempo. Sa’din trug sie zügig über die kleinen Anhöhen hinweg, vorbei an Koppeln, Stallungen, Werkstätten und verlassenen Marktständen, vorbei an einer Schmiede und den eingezäunten Weiden mit ihren Stallgebäuden für das Vieh, das es hier längst nicht mehr gab.
Reihen von Kiefern flogen vorüber, ehe sie unter den weiten Laubkronen der dicht gedrängt stehenden Weißeichen dahinschoss, die stellenweise bis an die Straße reichten. Sie konnte es kaum erwarten, Richard wieder zu sehen, zumal sie die zarte Hoffnung hegte, er könnte vielleicht von
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