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Das Schwert der Wahrheit 9: Die Magie der Erinnerung (German Edition)

Das Schwert der Wahrheit 9: Die Magie der Erinnerung (German Edition)

Titel: Das Schwert der Wahrheit 9: Die Magie der Erinnerung (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Goodkind
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Stützpfeilern hindurch in den Vorraum kommen sah. Nicci hätte lauthals gelacht, wäre ihre Unterredung mit Richard nicht emotional so auszehrend gewesen.
    Nicci wusste, dass der Prophet sehr alt war, trotzdem wirkte er alles andere als gebrechlich. Hoch gewachsen und breitschultrig, reichte ihm sein auffälliges weißes Haar bis auf die Schultern. Er sah aus, als könnte er mit bloßen Händen Eisen biegen und müsste dafür nicht einmal von seiner Gabe Gebrauch machen. Aber mehr als alles andere war es der raubtierhafte Blick seiner tiefblauen Augen, der ihm diese gleichzeitig einschüchternde und anziehende Wirkung verlieh. Es waren die typischen Augen eines Rahl.
    Ann starrte sie mit großen Augen an. »Schwester Nicci …«
    Die Prälatin sagte nicht etwa »Wie gut, Euch wieder zu sehen«, noch machte sie sonst eine herzliche Bemerkung; einen Augenblick lang schien es ihr die Sprache verschlagen zu haben. Nicci fand es ein wenig erstaunlich, dass ihr diese kleine, gedrungene Person neben dem sie weit überragenden Propheten lange Zeit so groß erschienen war. Immer wieder hatte es im Palast der Propheten lange Phasen gegeben, in denen Novizinnen und Schwestern die Prälatin überhaupt nicht zu Gesicht bekamen. Dieses Sich-unsichtbar-Machen, vermutete Nicci, hatte zweifellos noch zu ihrer legendären Größe beigetragen.
    »Freut mich, Euch wohlauf zu sehen, Prälatin, insbesondere nach Eurem unglücklichen Ableben und der anschließenden Beerdigung.« Sie warf einen Seitenblick auf Richard, während sie den Gedanken zu Ende führte. »Wie ich höre, hielten alle Euch für tot. Erstaunlich, wie überzeugend eine solche Beerdigung wirken kann, und doch seid Ihr hier, lebendig und bei bester Gesundheit, wie es scheint.«
    Das amüsierte Zucken in Richards Gesicht zeigte ihr, dass er ihre Anspielung verstanden hatte. Zedd, der etwas abseits stand, am Rand der drei in den Mittelteil des Brunnenraumes führenden Stufen, musterte Nicci mit gerunzelter Stirn und einem seltsam fragenden Blick. Ihm war ihr Hintersinn ebenfalls nicht entgangen.
    »Nun, das ließ sich leider nicht vermeiden, meine Liebe« – Anns Miene verdüsterte sich -, »nachdem die Schwestern der Finsternis unsere Schwestern des Lichts unterwandert hatten.« Ein kurzer Blick hinüber zu Richard, Cara und Zedd, und die Anspannung wich aus ihrem Gesicht. »Aber Eure Gesellschaft scheint mir ein untrügliches Zeichen dafür, dass Ihr in den Schoß der Gemeinde zurückgekehrt seid, Schwester Nicci. Ich vermag gar nicht zu sagen, wie sehr mich das persönlich freut. Ich kann mir nur vorstellen, dass bei der Rettung Eurer Seele der Schöpfer höchstpersönlich seine Hand im Spiel gehabt haben muss.«
    Nicci verschränkte die Hände hinter dem Rücken. »Der Schöpfer hatte genau genommen nichts damit zu tun. Er muss anderweitig beschäftigt gewesen sein, als man mich zwang, mein Leben in Diensten derer zu verbringen, die gewillt waren, meine Fertigkeiten bis zum Letzten auszunutzen. Vermutlich wollte er nicht damit behelligt werden, dass fromme Männer mich missbrauchten, indem sie mir einredeten, es sei meine Pflicht, ihnen wie eine Sklavin zu dienen, mich zu erniedrigen und all jene umzubringen, die sich dem Willen des Schöpfers widersetzten.
    Ich nehme an, ihm ist wohl die Ironie der Situation entgangen, als mich seine Wegbereiter all die unzähligen Male vergewaltigt haben.
    Aber damit hat es jetzt ein Ende. Richard hat mir den Wert meines Lebens aufgezeigt; und ich bin auch nicht mehr ›Schwester Nicci‹ – weder des Lichts noch der Finsternis. Von nun an bin ich einfach nur noch Nicci, wenn es Euch genehm ist … und übrigens auch, wenn nicht.«
    Anns Mienenspiel wechselte zwischen ungläubigem Staunen und Empörung, während ihr Gesicht rot anlief. »Einmal Schwester, immer Schwester. Ihr habt etwas ganz Wunderbares vollbracht und dem Hüter abgeschworen, mithin seid Ihr nun wieder eine Schwester des Lichts. Ihr könnt nicht einfach aus eigenen Stücken beschließen, Euren Pflichten gegenüber den Stellvertretern des Schöpfers zu entsagen …«
    »Falls Er irgendwelche Einwände vorzubringen hat, so soll Er Seine Stimme jetzt erheben!« Das Echo von Niccis aufgebrachten Worten war kaum verklungen, da wurde es bis auf das leise Plätschern des Wassers im Brunnen still im Raum. Sie tat, als sähe sie sich im Raum um, so als verberge sich der Schöpfer womöglich hinter einem Pfeiler, bereit, jeden Moment vorzuspringen und seinen Willen

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