Das Schwert der Wahrheit 9: Die Magie der Erinnerung (German Edition)
Außerdem ist er ein Erzähler. Er weiß viel mehr als ich.«
Richard, der sich nicht vorzustellen vermochte, wie ihm zumute wäre, wenn sich jemand, den er für übermächtig hielt, weigern würde, ihm bei der Rettung seines Großvaters zu helfen, legte ihr eine Hand auf die Schulter, um sie zu beschwichtigen.
Dann hatte Nicci eine Idee. »Ich bin eine Hexenmeisterin, Jillian. Ich weiß so ziemlich alles über diese Männer und ihre Methoden. Ich weiß, wie man mit ihnen umspringen muss. Du wirst jetzt erst einmal Richard helfen, und während du das tust, werde ich dort hinuntergehen und dafür sorgen, dass wir diese Männer loswerden. Wenn ich damit fertig bin, können sie dir und deinem Volk nicht mehr gefährlich werden.«
»Wenn ich Richard helfe, werdet Ihr meinem Großvater helfen?« Nicci lächelte. »Versprochen.«
Jillian schaute hoch zu Richard.
»Nicci wird ihr Wort halten«, beantwortete er ihre unausgesprochene Frage.
»Also gut. Ich werde Richard alles zeigen, was ich über diesen Ort weiß, solange Ihr nur diese Männer dazu bringt, uns in Ruhe zu lassen.«
»Cara«, sagte Richard, »Ihr werdet Nicci begleiten und ihr den Rücken freihalten.«
»Und wer hält Euren frei?«
Richard stemmte seinen Stiefel auf den Kopf des Mannes, den er getötet hatte, und riss mit einem kräftigen Ruck sein Messer heraus. »Das wird Lokey übernehmen.«
Cara schien nicht eben begeistert. »Ein Rabe soll Euch den Rücken freihalten?«
Er wischte die Klinge am Hemd des Mannes ab, dann schob er das Messer wieder zurück in die Scheide an seinem Gürtel. »Die Priesterin der Knochen wird auf mich aufpassen, schließlich hat sie die ganze Zeit hier ausgeharrt und darauf gewartet, dass ich komme. Nicci ist weitaus gefährdeter als ich, deshalb wüsste ich es sehr zu schätzen, wenn Ihr ein Auge auf sie haben könntet.«
Cara sah zu Nicci hinüber, als würde ihr in diesem Moment der größere Zusammenhang klar. »Wenn Ihr es verlangt, werde ich sie beschützen, Lord Rahl.«
61
Während Nicci und Cara sich anschickten, zu der Stelle hinunterzusteigen, wo sich nach Jillians Aussage die übrigen Kundschafter der Imperialen Ordnung befanden, kletterte Richard noch einmal zurück in seine Grabkammer, um die kleinste der Glaskugeln zu holen. Diese verstaute er in seinem Bündel, damit sie sein nächtliches Sehvermögen nicht beeinträchtigte, aber griffbereit wäre, sobald sie gezwungen waren, eines der Gebäude der verlassenen Stadt zu betreten. Die Aussicht, im Dunkeln halb verfallene alte Gemäuer zu durchstöbern, gefiel ihm ganz und gar nicht.
Jillian dagegen bewegte sich wie eine Katze, die mit jedem Winkel, jedem Versteck in der alten Stadt auf der Landzunge vertraut war. Sie kamen durch Straßen, die unter dem Geröll und Schutt längst eingestürzter Mauern fast vollständig verschwunden waren. An manchen Stellen hatten sich Staub und Sand zwischen den Trümmerbergen angesammelt und mit der Zeit sämtliche Hohlräume ausgefüllt, sodass zwischen den Überresten der Gebäude kleine Hügel entstanden waren, auf denen jetzt Bäume wuchsen. Es gab eine ganze Reihe von Gebäuden, die zu betreten Richard sich weigerte, weil nicht abzusehen war, ob sie nicht schon beim nächsten Umschlagen des Windes in sich zusammenfallen würden. Andere wiederum waren in verhältnismäßig gutem Zustand.
Eines der größeren Gebäude, zu dem Jillian ihn führte, hatte eine von Rundbogen unterbrochene Fassade, die einst wahrscheinlich Fenster enthalten oder möglicherweise einen offenen Durchgang in ein Geviert gebildet hatten, das eine Art Innenhof zu sein schien.
»Dies ist das Eingangsgebäude zu einem Teil des Friedhofs«, erklärte Jillian.
Die Stirn in Falten gelegt, beugte sich Richard ein Stück vor, um das Bild zu betrachten. Irgendetwas daran war merkwürdig. Das Mondlicht fiel auf einige Figuren des Mosaiks, die Servierteller voller Brotlaibe und Fleischspeisen auf den Friedhof trugen, während andere offenbar mit leeren Tellern von dort zurückkehrten.
Als er einen entsetzlichen Schrei aus der Ferne zu ihnen heraufwehen hörte, richtete er sich auf. Wie angewurzelt standen er und Jillian und lauschten. Die kühle Nachtluft trug noch weitere dieser fernen, schwachen Klagelaute heran.
»Was war das?«, fragte Jillian im Flüsterton, die kupferfarbenen Augen weit aufgerissen.
»Ich denke, Nicci ist im Begriff, sich der Eindringlinge zu entledigen. Sobald sie damit fertig ist, werdet ihr alle wieder in
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