Das Schwert der Wahrheit 9: Die Magie der Erinnerung (German Edition)
Richard Jillian.
Sie blinzelte ihn aus ihren kupferfarbenen Augen an. »Mein Großvater hat immer von irgendwelchen Büchern erzählt, aber gesehen hab ich hier noch keine. Die Stadt ist schon seit langer Zeit verlassen. Wenn es hier Bücher gegeben hätte, wären sie bestimmt schon längst als Diebesbeute fortgeschleppt worden, wie alle anderen Wertgegenstände auch.«
Das war nicht das, was Richard zu hören gehofft hatte, denn natürlich hatte er erwartet, hier auf irgendeinen konkreten Hinweis zu stoßen, der ihm helfen würde, eine Antwort auf seine Fragen zu finden. Shota hatte schließlich davon gesprochen, er müsse die Stätte der Gebeine im Herzen der Leere finden, und diese Bezeichnung traf auf den Friedhof, auf dem er jetzt stand, ganz gewiss zu.
»Dieser Ort wird Herz der Leere genannt?«, wandte er sich erneut an Jillian.
Sie nickte. »Es ist ein unermesslich weites Land, in dem es kaum Leben gibt. Niemand außer meinem Volk ist in der Lage, diesem verlassenen Landstrich das bisschen abzuringen, was man zum Leben braucht. Die Gegend ist seit jeher so gefürchtet, dass sich kaum jemand hierher wagt, und wer es dennoch tut, dessen Knochen liegen jetzt hier, oder dort draußen, weiter südlich, vor der Großen Barriere. Das Land wird Herz der Leere genannt.«
Richard dämmerte, dass dies eine Gegend ganz ähnlich der Wildnis in den Midlands sein musste.
»Die Große Barriere?«, hakte Cara sofort misstrauisch nach.
Jillian sah hoch zu der Mord-Sith. »Die Große Barriere, die uns vor der Alten Welt schützt.«
»Demnach müsste dieser Ort im Süden D’Haras liegen«, erklärte sie an Richard gewandt. »Und aus demselben Grund habe ich als Kind auch häufiger Geschichten über Caska gehört – weil es in D’Hara liegt.«
Jillian streckte die Hand aus. »Hier, an diesem Ort, haben meine Vorfahren gelebt. Sie sind damals, vor langer Zeit, von den Eindringlingen aus der Alten Welt ausgelöscht worden. Sie waren auch Menschen, die Träume übertragen konnten.«
»Hast du je den Begriff ›Feuerkette‹ gehört?«
Auf Jillians Stirn erschien eine tiefe Furche. »Nein. Was soll das denn sein?«
»Eben das weiß ich ja nicht.« Er tippte seinen Finger gegen die Unterlippe, während er darüber nachdachte, wie er weiter vorgehen sollte.
»Richard«, unterbrach Jillian seine Gedanken, »Ihr müsst mir helfen, die Träume zu übertragen, die diese Männer vertreiben werden, damit mein Volk wieder in Sicherheit leben kann.«
Richard schaute hoch zu Nicci. »Irgendeine Idee, wie sich das bewerkstelligen ließe?«
»Nein. Aber eins garantiere ich dir, früher oder später werden die anderen kommen und nach diesen drei toten Kundschaftern suchen, das sind keine typischen Soldaten der Imperialen Ordnung. Auch wenn es brutale Rohlinge sein mögen, so gehören sie gewiss zu den Intelligentesten unter ihnen. Außerdem könnte ich mir vorstellen, dass diese Übertragung von Träumen etwas ist, wozu deine Gabe nötig wäre … und die hier zu gebrauchen wäre alles andere als ratsam«, setzte sie hinzu.
Richard erhob sich und starrte hinüber zu der in Dunkelheit gehüllten, auf der Landzunge liegenden Stadt.
»Suche das, was lange begraben ist …«, murmelte er leise bei sich. Er wandte sich wieder herum zu Jillian. »Du sagtest, du seist eine Priesterin der Gebeine. Du musst mir alles zeigen, was du über diese Gebeine weißt.«
Jillian schüttelte den Kopf. »Zuerst müsst Ihr mir helfen, die Träume zu übertragen, damit ich die Fremden verjagen kann und mein Großvater und die anderen aus unserem Volk wieder in Sicherheit sind.«
Richard stieß einen verzweifelten Seufzer aus. »Schau, Jillian, ich habe nicht den leisesten Schimmer, wie ich dir helfen soll, irgendwelche Träume zu übertragen, außerdem fehlt mir die Zeit zu überlegen, wie das gehen soll, aber ich könnte mir denken, dass es, wie Nicci sagte, irgendetwas mit Magie zu tun hat, und die kann ich auf keinen Fall anwenden, denn es wäre sehr gut möglich, dass dadurch eine Bestie herbeigerufen würde, die imstande wäre, dein ganzes Volk zu vernichten. Die Bestie hat schon viele meiner Freunde umgebracht, nur weil sie sich zufällig in meiner Nähe befanden. Du musst mir zeigen, was du über das weißt, was lange begraben liegt.«
Jillian wischte sich ihr tränenverschmiertes Gesicht ab. »Diese Männer haben meinen Großvater und einige andere in ihrer Gewalt. Sie werden ihn bestimmt töten, ihn müsst Ihr also zuerst retten.
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