Das Schwert der Wahrheit 9: Die Magie der Erinnerung (German Edition)
Blick hineinwerfen?«
»Ganz recht. Wir umgaben sie mit einem Ring aus Wachen, die alle diese speziellen Pfeile auf sie gerichtet hatten – Pfeile, mit denen Nathan Rahl uns ausgerüstet hatte, Pfeile, die sogar die mit der Gabe Gesegneten aufzuhalten vermögen. Wir hatten sozusagen einen Ring aus Stahl um sie gelegt. Die arme Frau sah aus, als könnte sie sich jeden Moment in ein Nadelkissen verwandeln.«
Die umstehenden Soldaten bestätigten die Darstellung ihres Vorgesetzten mit allgemeinem Nicken.
»Sie warf einen Blick in den Garten und erklärte, sie sei erleichtert, dass alles in bester Ordnung sei. Anschließend habe ich mich selbst davon überzeugt und die Kästchen auf der Steinplatte auf der anderen Seite des Raumes stehen sehen, aber ich schwöre, ich habe die Frau nie auch nur einen Schritt über die Türschwelle setzen lassen.«
Richard stieß einen tiefen Seufzer aus. »Und das war alles? Sonst hat niemand diese Türen geöffnet?«
»Nein, Lord Rahl. Außer meinen Männern war noch nicht einmal jemand hier oben – niemand. Sogar die Flure rings um den Garten des Lebens sind für die Öffentlichkeit gesperrt. Wie Ihr Euch vielleicht erinnert, habt Ihr bei Eurem letzten Besuch hier sehr nachdrücklich darauf bestanden.«
Richard, in Gedanken, nickte. Dann sah er auf. »Also gut, überzeugen wir uns selbst.«
Unter dem Geklirr ihrer Waffen und Rüstungen folgten die Soldaten den überraschenden Besuchern durch den Flur aus poliertem Granit, bis sie vor eine massive, mit Gold beschlagene Eichentür gelangten.
Ohne abzuwarten, ob jemand anders dies übernahm, riss Richard einen der schweren Türflügel auf und trat in den Raum hinein. Die Gardisten blieben an der Tür zurück. Dies war offenkundig geweihter Boden, ein allein dem Herrscher des Palasts vorbehaltenes Heiligtum, in das keiner von ihnen jemals ohne ausdrückliche Aufforderung des Lord Rahl einen Fuß setzen würde. Und Richard dachte nicht daran; stattdessen stürzte er allein los.
Obwohl hundemüde, eilte Nicci ihm hinterher, als er einen zwischen mehreren Blumenbeeten hindurchführenden Pfad entlanghastete. Durch das verglaste Dach konnte sie sehen, dass der Himmel eine dunklere, violette Färbung angenommen hatte, demnach war es also Abend und nicht etwa die Morgendämmerung.
Wie Richard auch schenkte Nicci den mit Schlingpflanzen überwucherten Wänden, den Bäumen sowie all den anderen Gewächsen, die ringsumher gediehen, kaum Beachtung. Gewiss, der Garten war ein Ort von verschwenderischer Pracht, dennoch war ihr Blick fest auf den steinernen Altar geheftet, den sie in der Ferne sah. Was sie nicht sah, waren die drei Kästchen, die eigentlich dort stehen sollten, stattdessen stand auf der Granitplatte jetzt ein anderer Gegenstand. Sie konnte allerdings nicht erkennen, was es war.
Richard dagegen, nach dem hektischen Heben und Senken seiner Brust zu urteilen, schien sehr wohl zu wissen, was dort stand.
Sie überquerten eine kreisrunde Rasenfläche, an die sich ein Streifen nackten Erdbodens anschloss. Auf dem erdigen Streifen stockte Richard plötzlich mitten im Schritt und starrte hinunter auf den Boden.
»Was ist denn, Lord Rahl?«, rief Cara.
»Das sind ihre Fußspuren«, sagte er leise. »Ich erkenne sie wieder. Sie sind nicht mittels Magie verwischt worden; sie war allein hier.« Er deutete auf den Boden. »Es sind jeweils zwei Reihen, demnach muss sie also zweimal hier gewesen sein.« Mit den Augen einer für sie unsichtbaren Spur folgend, wandte er sich herum zur Rasenfläche. »Und dort drüben, im Gras, hat sie offenbar auf den Knien gelegen.«
Er setzte sich wieder in Bewegung und legte den Rest der Strecke zu dem steinernen Altar laufend zurück. Sofort verfielen auch Nicci und Cara in Laufschritt, um mit ihm Schritt zu halten.
Als sie bei der Granitplatte anlangten, erkannte schließlich auch Nicci den Gegenstand, der einsam und alleine dort stand.
Es war die Statue ebenjener Frau, die, in Marmor gemeißelt, auf dem Platz der Freiheit in Altur’Rang stand, das ursprüngliche Exemplar, von Richard eigenhändig angefertigt, wie er ihnen erklärt hatte, ebenjene Statuette, die nach seinen Worten Kahlan gehörte. Nicci sah sofort, dass sie über und über mit blutigen Handabdrücken bedeckt war.
Mit zitternden Fingern nahm Richard die hölzerne, geschnitzte Figur an sich, presste sie an seine Brust und musste ein Schluchzen unterdrücken. Einen Moment lang glaubte Nicci, er würde zusammenbrechen, doch das tat
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