Das Schwert der Wahrheit 9: Die Magie der Erinnerung (German Edition)
in ihrem roten Lederanzug bemerkten. Nicht wenige erkannten Richard wieder und ließen sich, als er vorüberrannte, gesenkten Hauptes auf ein Knie fallen, doch er drosselte nicht einmal sein Tempo, um ihren Gruß zu erwidern.
Immer höher hinauf ging es, durch eine Schwindel erregende Abfolge von Fluren und zu überquerenden Brücken und Galerien, zwischen Säulen hindurch und durch irgendwelche Gemächer. Ab und zu hasteten sie eine weitere Treppe hinauf, und manchmal führte Cara sie, zweifellos in der Absicht, den Weg abzukürzen, sogar durch Flure, die normalerweise Dienstboten vorbehalten waren.
Nicci konnte nicht umhin, die beeindruckende Pracht des Palasts zu bemerken, seine beispiellose Schönheit. Die zu Mustern angeordneten Steinfußböden waren ungewöhnlich präzise verlegt, überall gab es eindrucksvolle Statuen zu bestaunen – keine davon ganz so überragend wie jene, die Richard einst in Stein gemeißelt hatte, aber nichtsdestoweniger beeindruckend …
»Hier entlang«, sagte Cara unvermittelt und deutete auf einen Gang, auf den sie mit hastigen Schritten zuhielt. Als sie an eine Doppeltür aus Mahagoni gelangten, deren Schlangenschnitzereien Nicci sofort mit Abscheu erfüllten, bremste Cara schlitternd ab. Ohne zu zögern, packte Richard einen der Türgriffe, einen bronzenen Schädel, und zog die Tür mit einem Ruck auf.
Die vier Gardisten im Innern des stillen, mit Teppichen ausgelegten Gemachs sprangen sofort auf, um sich ihm in den Weg zu stellen. Dann erblickten sie Cara, und ihr Blick wanderte unschlüssig noch einmal zurück zu Richard.
»Lord Rahl?«, fragte einer verunsichert.
»Allerdings«, fauchte Cara den Soldaten an. »Und jetzt gebt endlich den Weg frei.«
Die Soldaten traten augenblicklich zur Seite und schlugen sich die Faust vors Herz.
»Gab es in der letzten Zeit irgendwelche Vorkommnisse?«, erkundigte sich Richard, nach Atem ringend.
»Vorkommnisse?«
»Ja, irgendwelche Eindringlinge? Hat jemand sich heimlich hier hereingeschlichen?«
Dem Mann entfuhr ein freudloses Lachen. »Wohl kaum, Lord Rahl. Und wenn, dann hätten wir es bemerkt und zu verhindern gewusst.«
Richard dankte ihm mit einem Nicken und lief zur Marmortreppe hinüber, wobei er Nicci fast den Arm ausrenkte. Am oberen Treppenabsatz kamen ihnen bereits Soldaten entgegengelaufen, die mit rot gefiederten Bolzen bestückten Armbrüste einsatzbereit in den Händen. Sie wussten nicht, dass sie Lord Rahl vor sich hatten, in ihren Augen unternahm soeben jemand den Versuch, in den verbotenen Bereich einzudringen. Nicci konnte nur hoffen, dass sie rechtzeitig wieder zur Besinnung kamen, ehe einer der Männer sich zu einer unbedachten Handlung hinreißen ließ. Doch dann erkannte sie an ihrer Reaktion, dass diese Männer bestens ausgebildet waren und wohl kaum dazu neigten, um sich zu schießen, ehe sie sich ihres Zieles sicher waren. Und das war auch ihr Glück, denn sie wäre schneller gewesen.
»Kommandant General Trimack?«, rief Richard, als sich ein Offizier einen Weg durch den waffenstarrenden Ring bahnte, der sich um sie gebildet hatte.
Der Mann straffte sich und schlug sich mit der Faust vors Herz. »Lord Rahl!« Dann erblickte er die Mord-Sith. »Cara?«
Cara begrüßte ihn mit einem Nicken.
Richard fasste sich mit ihm bei den Unterarmen. »General, offenbar ist hier jemand eingedrungen. Und dieser Jemand hat die Kästchen aus dem Garten des Lebens entwendet.«
Einen Moment lang war der General sprachlos. »Was? Völlig ausgeschlossen, Lord Rahl. Ihr müsst Euch irren. Niemand kommt unbemerkt an uns vorbei. Hier oben ist es schon seit einer Ewigkeit vollkommen ruhig, wir hatten gerade mal einen einzigen Besucher.«
»Einen Besucher? Wen?«
»Die Prälatin, Verna. Aber das ist schon eine ganze Weile her. Sie weilte im Palast, weil sie, wie sie sagte, irgendetwas im Zusammenhang mit Schriften über Magie nachschlagen wollte. Und da sie schon einmal im Palast war, wollte sie sich mit eigenen Augen davon überzeugen, dass die Kästchen sicher untergebracht seien.«
»Demnach habt Ihr sie also hineingelassen?«
Ein Anflug von Empörung ging über die Züge des Generals, und sein Gesicht wurde so rot, dass seine lange weiße Narbe deutlich hervortrat.
»Ich würde selbstverständlich niemals zulassen, dass sie diesen Raum betritt, Lord Rahl. Letztendlich einigten wir uns darauf, die Türen zu öffnen, sodass sie einen Blick hineinwerfen und sich überzeugen konnte, dass alles in Ordnung ist.«
»Einen
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