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Das Schwert der Wahrheit 9: Die Magie der Erinnerung (German Edition)

Das Schwert der Wahrheit 9: Die Magie der Erinnerung (German Edition)

Titel: Das Schwert der Wahrheit 9: Die Magie der Erinnerung (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Goodkind
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war, entdeckte Jennsen einen eingefallenen Abschnitt und stieg darüber. »Nathan bat mich, Euch hierher zu bringen, außerdem wollte er, dass Tom dableibt und den Friedhof bewacht – ich glaube, um die Gewähr zu haben, dass sich niemand in der Nähe herumtreibt, von dem er nichts weiß.«
    Nathan liebte es, andere herumzukommandieren, vermutlich konnte er als mit der Gabe gesegneter Rahl gar nicht anders. Gut möglich, dass das Ganze nichts weiter war als ein Vorwand, um Jennsen, Tom und Ann auf sein Kommando herumspringen zu lassen. Der Prophet hatte einen gewissen Hang zu Dramatik, und ein Friedhof war durchaus dazu angetan, den angemessenen Rahmen dafür zu liefern.
    In Wahrheit wäre Ann in diesem Augenblick froh gewesen, wenn es sich um nichts weiter als um eine schrullige Eigenart Nathans gehandelt hätte. Dummerweise beschlich sie das unbehagliche Gefühl, dass es keineswegs um etwas so Simples, um etwas so Harmloses wie ein bisschen Theatralik ging.
    Fast von Anbeginn an, und allen widrigen Umständen zum Trotz, war er Anns Vertrauter und Verbündeter gewesen im Kampf gegen den Hüter und dessen Versuch, in der Welt des Lebendigen Fuß zu fassen, sowie gegen das Bestreben aller boshaften Menschen, Unschuldigen nach Belieben ihren Willen aufzuzwingen. Er war es schließlich auch gewesen, der ihr als Erster, fünfhundert Jahre vor dessen voraussichtlicher Geburt, eine sich auf Richard beziehende Prophezeiung gezeigt hatte.
    Ann ertappte sich bei dem Wunsch, dass es nicht dunkel wäre und sie sich nicht auf einem Friedhof befänden. Und dass Jennsen nicht so lange Beine hätte.
    Plötzlich fiel es Ann wie Schuppen von den Augen, warum Nathan Tom als Wachposten brauchte, »um die Gewähr zu haben, dass niemand sich in der Nähe herumtreibt, von dem er nichts weiß«, wie Jennsen sich ausgedrückt hatte. Die Menschen in Bandakar waren wie Jennsen völlig unbeleckt von der Gabe, ihnen fehlte selbst jener winzige Funke der Gabe des Schöpfers, den alle anderen Menschen in sich trugen – eine entscheidende Gemeinsamkeit, aufgrund derer sie alle der Wirklichkeit und dem Wesen der Magie unterworfen waren. Für diese Menschen hingegen existierte Magie ganz einfach nicht.
    Das Fehlen dieses angeborenen Kerns der Gabe machte die von der Gabe völlig Unbeleckten nicht nur immun gegen Magie, sondern zugleich unsichtbar für die Talente der Gabe, da sie schwerlich in Wechselbeziehung zu etwas treten konnten, das für sie nicht existierte.
    Auch wenn nur ein Elternteil über das Merkmal des Von-der-Gabe-völlig-unbeleckt-Seins verfügte, wurde dies ausnahmslos an ihre Nachkommen weitervererbt. Ursprünglich waren diese Menschen in die Verbannung geschickt worden, um so die Gabe im Erbgut des Menschen zu erhalten. Es war eine grausame Lösung gewesen, gewiss, aber infolgedessen hatte die Gabe im Menschengeschlecht überlebt. Hätte man nicht zu dieser Lösung gegriffen, hätte die Magie längst aufgehört zu existieren.
    Nun waren aber Prophezeiungen ebenfalls Magie und daher gleichermaßen blind gegen diese Menschen. Kein Buch der Prophezeiungen hatte je auch nur ein Wort über die von der Gabe völlig Unbeleckten zu berichten gewusst, und seit Richard dieses Volk entdeckt und seine Verbannung beendet hatte, auch nicht über die Zukunft der Menschheit oder der Magie. Was von nun an geschehen würde, war gänzlich unbekannt.
    Vermutlich, überlegte Ann, würde Richard dies auch gar nicht anders wollen. Er nahm die Prophezeiungen nicht eben begeistert zur Kenntnis, und obwohl sie eine Vielzahl von Äußerungen über seine Person machten, beachtete Richard sie im Großen und Ganzen nicht. Stattdessen glaubte er an den freien Willen. Die Vorstellung, dass es ihn betreffende Situationen gab, die vorherbestimmt waren, erfüllte ihn mit großer Skepsis.
    Alle Dinge des Lebens, ganz besonders aber die Magie, verlangten nach Ausgewogenheit, in gewisser Hinsicht bildete Richards freier Wille also das Gegengewicht zu den Prophezeiungen. Er war der Mittelpunkt eines Strudels einander widerstrebender Kräfte. In Richards Fall versuchten die Prophezeiungen, das Unvorhersehbare vorherzusehen, und doch hatten sie gar keine andere Wahl.
    Am besorgniserregendsten war, dass Richards freier Wille ihn zu einer unkalkulierbaren Größe innerhalb der Prophezeiungen machte, selbst in jenen, die seine Person zum Gegenstand hatten. Er war das Chaos inmitten geregelter Strukturen, die Unordnung innerhalb der Ordnung und so launisch wie ein Blitz.

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