Das Schwert der Wahrheit 9: Die Magie der Erinnerung (German Edition)
so bewundern.«
»Aber Lord Rahl«, beschwerte sich jemand. »Mit dieser Aufgabe sind wir überfordert. Wir sind einfache Leute, keine Krieger. Vielleicht wäre es etwas anderes, wenn Ihr uns anführen würdet.«
Richard legte eine Hand aufs Herz. »Damals, als mir klar wurde, dass ich mich den Herausforderungen gewachsen zeigen musste, mit denen ich konfrontiert war, war ich ein einfacher Waldführer. Auch ich habe damals gezögert, mich dem scheinbar unbezwingbaren Bösen zu stellen, das sich bedrohlich vor mir auftürmte. Doch eine kluge Frau – jene Frau, nach deren Vorbild diese Statue geschaffen wurde – brachte mich zu der Erkenntnis, dass ich es tun musste. Ich bin weder besser noch stärker als ihr, ich bin ganz einfach ein Mann, der die Notwendigkeit des kompromisslosen Widerstands gegen die Tyrannei erkannt hat. Ich habe diesen Kampf aufgenommen, weil ich nicht länger in Angst leben, sondern mein Leben selbst in die Hand nehmen wollte.
Tagein, tagaus sterben und kämpfen oben im Norden Menschen, einfache Menschen wie ihr. Keiner von ihnen hat den Kampf gesucht, aber sie können nicht anders, denn wenn sie es nicht tun, wäre das ihr sicherer Untergang. Das Schicksal, das heute sie erleiden, wird morgen schon das eure sein. Wenn sie weiterhin auf sich gestellt sind, werden sie alle Hoffnungen auf einen Sieg aufgeben müssen, so wie auch ihr, wenn eure Zeit gekommen ist. Als Teil der freien Welt müsst ihr ihnen beim Angriff gegen jene zur Seite stehen, die die ganze Welt mit dem Schatten eines finsteren Zeitalters überziehen.«
Ein Mann in einer der ersten Reihen ergriff das Wort. »Aber sagt Ihr nicht dasselbe wie die Imperiale Ordnung, dass wir uns für das übergeordnete Wohl der Menschen opfern sollen?«
Schon der Gedanke ließ Richard schmunzeln. »Wer anderen die Vorstellung eines übergeordneten Wohls aufnötigen will, dem ist dieses Wohl zutiefst verhasst. Nein, was mich mein Schwert gegen die Imperiale Ordnung erheben lässt, ist aufgeklärtes Eigeninteresse. Ausschließlich aus diesem Eigeninteresse und dem Interesse an euren Angehörigen, denke ich, solltet ihr kämpfen – oder wie immer ihr unser gemeinsames Ziel am wirkungsvollsten zu unterstützen meint. Ich will euch keineswegs drängen, für irgendein höheres Gut der Menschheit zu kämpfen, vielmehr versuche ich euch die Augen zu öffnen, dass ihr für euer eigenes Leben kämpft.
Begeht niemals den Fehler zu glauben, diese Form des Eigeninteresses sei verkehrt. Eigeninteresse bedeutet Überleben, es ist der Stoff, aus dem das Leben ist.
Und nun möchte ich euch, in eurem begründeten Eigeninteresse, vorschlagen, dass ihr die Imperiale Ordnung niedermacht, denn nur dann könnt ihr echte Freiheit erlangen. Die Augen der Alten Welt blicken auf euch!«
Die dunkle Menschenmenge erstreckte sich im schwindenden Licht, so weit Richards Augen reichten. Zu seiner Erleichterung sah er eine ganze Reihe von Köpfen nicken.
Victor ließ seinen Blick über die Männer hinwegschweifen, ehe er sich wieder zu Richard herumwandte. »Ich denke, wir sind uns einig, Lord Rahl. Ich werde alles in meiner Macht Stehende tun, um diese Geschichte zu Ende zu bringen.«
Unter dem Jubel der Menge fassten sich Richard und Victor bei den Armen. Zu guter Letzt, während unter den Männern überall auf dem Platz der Freiheit bereits Diskussionen darüber entbrannten, wie der Herausforderung am besten zu begegnen sei, wandte Richard sich ab und nahm Nicci beiseite. Cara blieb ihm dicht auf den Fersen.
»Ich weiß sehr zu schätzen, was du gerade getan hast, Richard, trotzdem, diese Leute brauchen dich, wenn sie …«
Er fiel ihr ins Wort. »Nicci, ich muss gleich morgen früh aufbrechen, und Cara wird mich begleiten. Ich werde mich hüten, Euch vorzuschreiben, was Ihr tun sollt, aber ich hielte es für eine gute Idee, wenn Ihr Euch dazu durchringen könntet, hier zu bleiben und diesen Leuten beizustehen. Die Herausforderung durch die Soldaten allein ist an sich schon groß genug, aber darüber hinaus werden sie es ja noch mit einem Zauberer zu tun bekommen. Ihr wisst sehr viel besser als ich, wie man eine solche Gefahr abwendet, folglich könntet Ihr diesen Leuten eine außerordentliche Hilfe sein.«
Sie sah ihm lange in die Augen, ehe sie kurz zu der unweit hinter ihm und ein paar Stufen tiefer stehenden Menschenmenge hinunterblickte.
»Ich muss dich begleiten, unbedingt«, erklärte sie bestimmt, auch wenn es in seinen Ohren nach wie vor wie eine Bitte
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