Das Schwert der Wahrheit 9: Die Magie der Erinnerung (German Edition)
weit, auch wenn es teuer ist.«
In einer Geste überschwänglicher Begeisterung breitete Ishaq die Arme aus. »Allein die Aussicht bei Sonnenaufgang ist jeden Heller wert.« Dann ging ein Grinsen über sein Gesicht. »Aber für Euch, Richard, Herrin Cara und Herrin Nicci, ist natürlich alles umsonst.«
»Nein, kommt nicht infrage.« Richard hob die Hand, um jeden Widerspruch im Keim zu ersticken. »Es ist nur billig, dass du Gelegenheit bekommst, mit deiner Investition Einnahmen zu erzielen. Zieh den Betrag von deinen Schulden bei mir ab. Ich bin sicher, mit den Zinsen dürfte sich mittlerweile eine hübsche Summe angesammelt haben.«
»Zinsen?«
»Natürlich«, sagte Richard, bereits unterwegs zu den fernen Gebäuden. »Du hast über mein Geld frei verfügen können, daher ist es nur gerecht, dass ich dafür entsprechend vergütet werde. Niedrig sind die Zinsen nicht gerade, aber durchaus angemessen.«
16
Als Richard sein Zimmer betrat, erblickte er zu seiner Freude ein Waschbecken. Ein Bad war es zwar nicht gerade, aber zumindest würde er sich vor dem Zubettgehen waschen können. Obwohl er sich in dem kleinen Gasthaus vollkommen sicher fühlte, schob er den Riegel vor und schloss sich ein. Cara hatte das Zimmer gleich nebenan, Nicci dagegen hatte ein Zimmer unten im ersten Stock bezogen, unmittelbar neben der Eingangstür und gleich neben der einzigen Treppe, die in den zweiten Stock führte. Sowohl draußen vor dem Haus als auch drinnen hatten mehrere Männer Posten bezogen, während ein paar andere durch die Straßen des Viertels patrouillierten, in dem das Gebäude stand. In Richards Augen war dieser Aufwand etwas übertrieben, aber Victor und seine Leute hatten auf diesen Vorsichtsmaßnahmen bestanden, immerhin standen feindliche Truppen ganz in der Nähe, und da er die Gelegenheit, sich endlich einmal sicher und ungestört auszuschlafen, zu schätzen wusste, hatte er seinen Widerstand schließlich aufgegeben.
Er war so müde, dass er sich kaum noch auf den Beinen halten konnte. Seine Hüftgelenke schmerzten vom langen Tagesmarsch durch das unwegsame Gelände, und die hitzige Debatte mit den Stadtbewohnern und Nicci gleich im Anschluss an die Wanderung hatte ihn seine letzte noch verbliebene Energie gekostet.
Richard ließ sein Bündel von den Schultern gleiten, sodass es mit einem dumpfen Plumps am Fuß des schmalen Betts auf dem Fußboden landete, trat an den Waschtisch und spritzte sich Wasser ins Gesicht. Er hatte völlig vergessen, dass Wasser sich so gut anfühlen konnte.
Zuvor hatten Nicci, Cara und er unten im kleinen Gastraum eine schnelle Abendmahlzeit aus Lammeintopf zu sich genommen. Jamila, die Frau, die für Ishaq die Geschäfte führte – noch jemand, den er zum Partner gemacht hatte -, hatte von ihm Anweisung erhalten, die Gäste fürstlich zu bedienen, worauf die Frau mit dem rundlichen Gesicht ihnen angeboten hatte zu kochen, was immer sie wünschten. Aber Richard hatte keine großen Umstände machen wollen, zumal die Entscheidung für den Rest des übrig gebliebenen Lammeintopfes bedeutete, dass sie nicht lange würden warten müssen und umso schneller ins Bett kommen würden. Jamila hatte eine leicht enttäuschte Miene aufgesetzt, denn dadurch war sie der Möglichkeit beraubt, etwas ganz Besonderes zuzubereiten. Aber angesichts der kargen Mahlzeiten der letzten Tage war Richard eine Schale mit Lammeintopf, dazu eine Scheibe frisches, knuspriges, dick mit Butter bestrichenes Brot wie das köstlichste Mahl vorgekommen, so lange er zurückdenken konnte. Ohne die vielen Sorgen, die ihm Kopfzerbrechen bereiteten, hätte er es freilich noch mehr genießen können.
Da Cara und Nicci die Verschnaufpause ebenso nötig hatten wie er, hatte er darauf bestanden, dass jeder ein eigenes Zimmer nahm. Es war für sie alle ein Luxus, einmal nicht Wache schieben zu müssen und den dringend benötigten Schlaf zu bekommen.
Victor hatte versprochen, am nächsten Morgen vorbeizuschauen und sich von Richard und Cara zu verabschieden. Die Pferde, das hatte Ishaq ihnen fest zugesagt, sollten zu diesem Zeitpunkt längst im Stall für sie bereitstehen. Sowohl Victor als auch Ishaq zeigten sich betrübt, dass er schon wieder fortging, sahen aber ein, dass er seine Gründe hatte. Keiner der beiden fragte nach seinem Ziel – vermutlich, weil es ihnen unangenehm war, das Gespräch auf jene Frau zu bringen, von deren Existenz beide nicht recht überzeugt waren. Richard spürte, dass sich die Menschen von
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