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Das Schwert des Königs: Roman (German Edition)

Das Schwert des Königs: Roman (German Edition)

Titel: Das Schwert des Königs: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alex Bledsoe
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kennen.
    Doch all das behielt ich für mich. »Du bist die Frau meines besten Freundes«, sagte ich nur.
    Anders tauchte an der Tür auf. »Die Zeit ist um«, mahnte er und nickte im Nachhinein Rhiannon zu. »Eure Majestät.«
    »Wir nehmen sie mit«, erklärte ich.
    Anders kniff die Augen zusammen. »Ach ja?«
    »Wir holen jetzt ihren Sohn. Und danach bringen wir sie beide nach Hause.«
    Ich hörte im Gang hinter Anders scharfe Rufe von Soldaten. »Das könnte ein bisschen Ärger geben«, meinte er.
    Ich grinste. »Ach was. Folge mir einfach.«
    Auf halber Höhe des Gangs brannte in einem verbogenen, von Rost zerfressenen Wandleuchter eine Fackel. Unmittelbar darunter saß ein lockerer Stein. Als ich dagegendrückte, schwang ächzend eine Geheimtür auf. Ich schob Anders und Rhiannon vor mir her und schlüpfte als Letzter hindurch, gerade noch rechtzeitig: Genau in dem Moment, als ein Soldatentrupp nichts ahnend an der Tür vorbeirannte, schloss sie sich hinter uns.
    »Woher wusstest du davon?«, drang Anders’ flüsternde Stimme aus der Dunkelheit. »Ich hab mir heute eine halbe Stunde lang den Grundriss dieses Tunnelnetzes angesehen, doch dieser Gang war nicht eingezeichnet.«
    Ich gab ihm keine Antwort darauf, denn diese Sache ging nur Phil und mich etwas an. Als Neunjährige hatten wir einen Dachs in den Palast schmuggeln wollen – keine Ahnung, was wir mit ihm vorhatten. Phil hatte immer noch eine winzige Narbe am rechten Daumen, denn an diesem Daumen hatte das Tier seinen Unmut ausgelassen, und danach war es ausgerissen. Als wir versucht hatten, das kleine Biest wiederzufinden, waren wir auf ein paar Geheimgänge gestoßen, die seit dem Bau der Mauer in Vergessenheit geraten waren. Auch wenn ich mit Phil nicht darüber gesprochen hatte, war mir klar, dass er Rhiannon bewusst hier untergebracht hatte – in die Nähe eines Fluchttunnels, der nur ihm und mir bekannt war.
    Wenige Minuten später traten wir durch eine weitere längst vergessene Geheimtür in den dichten Wald des Hyde-Parks. Die Eichen- und Ahornbäume waren so hoch, dass sie die Stadtmauer überragten, und darunter gab es viele Lichtungen. Während wir uns am Rande einer dieser Lichtungen im Gebüsch versteckten, lauschten wir auf den von unserer Flucht ausgelösten Tumult auf der anderen Mauerseite. Mir war klar, dass die Zeit knapp wurde.
    »Und wohin jetzt?«, zischte Anders.
    »Zum Königlichen Jagdrevier.«
    »Dort hat Philipp mich gefunden«, bemerkte Rhiannon verblüfft.
    »Ja.« Ich wandte mich Anders zu. »Kannst du die Pferde holen?«
    Er zog ein finsteres Gesicht. »Von dort drüben, wo sich gerade das ganze Heer Arentias sammelt, um uns zu suchen? Na sicher doch! Soll ich dir auch eine Tasse Tee besorgen?« Ehe ich etwas erwidern konnte, war er fast lautlos in der Dunkelheit verschwunden.
    Ich zog meine Jacke aus und reichte sie Rhiannon. Dankbar streifte sie diese über die zerfetzte Bettdecke, in die sie immer noch eingehüllt war. Danach streckte sie vorsichtig die Hand aus, um einen Ast über unseren Köpfen zu berühren. »Ich dachte, ich würde nie wieder lebendiges Holz spüren«, sagte sie leise. »Und spar dir bitte jede spöttische Bemerkung.« Sanft rieb sie ein Blatt zwischen den Fingern. »Kannst du’s spüren, wenn etwas lebendig ist? Manchmal denke ich, dass ich die Einzige bin, die so etwas spüren kann. Besonders jetzt, nachdem man mich so lange von allem Lebendigen ferngehalten hat.«
    Sie hob sich nur als Silhouette von der Dunkelheit ab. Ich trat vor, legte ihr meine Hand auf die zarte, magere Schulter und drehte sie zu mir herum. Ich konnte ihr Gesicht nicht sehen, hörte aber, dass sie heftig atmete.
    Schließlich ließ ich meine Hand bis zu ihrer schmalen Taille gleiten und zog sie nahe an mich heran, was mir keine Mühe bereitete, denn sie war federleicht. Ich spürte ihre Hände auf meinen Schultern, aber sie schob mich nicht weg, sondern wandte ihr Gesicht nach oben, sodass ihre Augen im Mondlicht glänzten. »Ich werde dich nicht davon abhalten«, flüsterte sie so leise, dass es im Zirpen der Grillen fast unterging.
    Lange blieben wir so sitzen, während die Nacht uns umfing. Hätte sie irgendwelche Einwände gehabt, hätte ich sie sofort losgelassen, aber das hatte sie nicht. Ich hielt
die Frau meines besten Freundes in den Armen – meine frühere Geliebte, die in Wirklichkeit eine Göttin war – und war mir dabei sicher, dass sie mich liebte. Nicht auf die Weise, wie sie Phil oder Pridiri liebte;

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