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Das Schwert des Normannen: Roman (Knaur TB) (German Edition)

Das Schwert des Normannen: Roman (Knaur TB) (German Edition)

Titel: Das Schwert des Normannen: Roman (Knaur TB) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulf Schiewe
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aus mir. Oder Loki, der gerissenste unter den Göttern, würde mir einflüstern, wie ich mächtig und reich werden könnte, genug, um sie glücklich zu machen.
    Mit diesem Gedanken schlief ich endlich ein.
    In den nächsten Tagen marschierten wir am Meer entlang durch eine bergige, von Licht durchflutete Küstenlandschaft. Die Strände waren weniger geworden. Stattdessen wand sich der staubige Weg an Felsklippen und steilen, mit krüppeligen Kiefern bedeckten Hängen entlang. An manchen Stellen fiel die Küste so schroff ins Meer, dass einem beim Blick in die Tiefe, wo eine leichte Brandung gegen die Felsen schäumte, schwindelig wurde.
    An den Farben dieser Gegend konnte man sich kaum sattsehen, ockerbraun die von sonnenverbrannten Gräsern bedeckte Erde, das dunkle Grün der Kiefern und Pinien, das hier und da vom Grau der Felsen unterbrochen wurde, und allgegenwärtig das blendende, unendliche Blau des Himmels und das noch tiefere Azur des Meeres, so weit das Auge reichte.
    Tagsüber war es heiß. Man konnte kaum so schnell trinken, wie man es wieder ausschwitzte. Das heißt, wenn wir überhaupt Wasser fanden, denn die Gegend war trocken. Die kleinen Biester, von den Einheimischen cicala genannt, machten einen Höllenlärm, selbst in der Nacht, und Kühlung brachte auch der sanfte Wind nicht, der vom Meer herüberwehte.
    Aber es gab wunderbare Früchte. Besonders auf Wassermelonen war ich so versessen, dass mir der Bauch zu platzen drohte. Auch die anderen genossen die Köstlichkeiten, die wir in den Gärten mitgehen ließen.
    Natürlich machten wir uns nicht gerade beliebt mit unseren kleinen Räubereien. Einige Male galt es, sich zu verteidigen, weil aufgebrachte Landbesitzer ihre Krieger gegen uns hetzten. Aber zu wirklichen Kämpfen kam es nicht. Wir waren zu viele, als dass man es gewagt hätte, uns ernsthaft anzugreifen.
    Als Dieb hatte ich es inzwischen zu einiger Geschicklichkeit gebracht, was mir das Wohlwollen meiner Kameraden einbrachte. Seltsamerweise war zu meinem Schutz der schweigsame Ivain immer dabei. Manchmal auch Thore mit seinem Bogen. Statt Gewalt anzuwenden, stahlen wir heimlich von den Bauern, ohne dass sie es merkten. Ein paar fette Gänse, ein Schaf oder eine Ziege, die sich zu weit vom Hof entfernt hatte.
    Robert sagte nicht viel zu meinen Beschaffungskünsten, aber ab und zu schenkte er mir doch ein Augenzwinkern oder dankte mir, wenn ich seinen Gaul versorgt hatte, einen prächtigen Grauschimmel, dem er sehr zugetan war. Und weil er wusste, wie stolz ich auf mein wunderbares, neues Schwert war, zeigte er mir ein paar Tricks, die ich noch nicht kannte. Sogar Ragnar ließ sich gelegentlich herab, mich zu unterweisen.
    Eines Tages erreichten wir eine, wie Reynard meinte, wichtige Hafenstadt mit Namen Genova. Nicht wenige hatten ihre Stiefel durchgelaufen und klagten, dass sie auf den kantigen Steinen der Straße nicht länger barfuß laufen wollten. Deshalb machte Robert eine Ausnahme, und wir betraten zum ersten Mal eine richtige Stadt.
    Die Wachen am Tor beäugten uns misstrauisch, was man ihnen kaum verdenken konnte, wenn man sich unsere abgerissene Truppe besah. Nur ungern und erst nach langen Beteuerungen unserer Friedfertigkeit ließen sie uns das Tor passieren.
    Man kann sich vorstellen, wie dieses Genova auf einen wie mich wirkte, der mit Ausnahme von ein paar Bauerndörfern noch nichts von der Welt gesehen hatte. So viele Häuser auf einmal, nicht wenige davon aus Stein, und vor allem die unzähligen Menschen in den Gassen, die geschäftig wie Ameisen hin und her liefen. Im Gewühl der Händler, Lastenträger, Maultiertreiber und Bürgersfrauen fanden sich reich gekleidete Kaufherren, die eilig einem Treffen zustrebten, edle Damen, die in Sänften dahinschwebten, oder Geistliche in goldbestickten Ornaten.
    Überhaupt gab es hier eine Menge Christenkirchen, als hätten die Bewohner es nötig, an jeder Ecke zu ihrem Gott zu beten. Daheim hatte die gute Fressenda auch mich zum Gebet angehalten. Aber etwas hatte sich in mir gesträubt, zu diesem schwächlichen Gott zu beten, den man ans Kreuz genagelt hatte. Wie Tancred waren mir immer noch Thor und Odin lieber, obwohl man das heutzutage nicht mehr laut sagen durfte.
    Man zeigte uns die Schuhmachergasse, und nachdem wir uns dort mit dem Nötigsten versorgt hatten, drängten wir in eine der vielen Schenken am Hafen, um unseren Durst zu stillen.
    Doch der Wirt, ein beleibter Kerl mit einer Schürze vor dem Bauch, wollte uns nicht

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