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Das Schwert des Normannen: Roman (Knaur TB) (German Edition)

Das Schwert des Normannen: Roman (Knaur TB) (German Edition)

Titel: Das Schwert des Normannen: Roman (Knaur TB) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulf Schiewe
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bedienen. Wir waren ihm wohl nicht fein genug, oder er fürchtete, wir würden seine Stammkundschaft vertreiben. Da packte Ragnar ihn am Kragen und hielt ihm die Dolchspitze so heftig an die Kehle, dass es blutete und der Mann zitternd seinen Mägden befahl, uns schleunigst Wein aufzutischen.
    Die anderen Gäste hatten es mit der Angst zu tun bekommen, denn im Nu war die Schenke leer, so dass wir uns ausbreiten konnten. Nach den langen Wochen der trockenen Wanderschaft machten sich die Männer wie Verdurstende über den Wein her. Rollo stürzte gleich einen ganzen Krug davon hinunter, Thore bemühte sich, mit den Mägden anzubändeln, und Hamo hob ein zotiges Lied an, zu dem die anderen im Takt auf die Tische hauten.
    Aber der Spaß dauerte nicht lange. Kaum hatten wir es uns gemütlich gemacht, da standen schon Soldaten der Stadtmiliz vor der Tür. Ein gutes Dutzend und schwer bewaffnet. Sie waren nicht gekommen, um mit uns zu feiern. Ihr Anführer forderte uns auf, die Schenke zu verlassen. Draußen in der Gasse wurde noch viel geschrien und mit den Händen gefuchtelt. Wir verstanden wenig von ihrer ligurischen Sprache, außer dass wir aus Genova verschwinden sollten. Herman und ein paar andere wurden wütend und drohten mit den Waffen, so dass es beinahe zum Kampf gekommen wäre, hätte Robert sie nicht scharf zurechtgewiesen.
    Sie wollten uns also loswerden. Nun, am Ende taten wir ihnen den Gefallen. Wenigstens mussten wir nicht den Wein bezahlen. Und ich ließ es mir nicht nehmen, einem Händler trotz seines Gezeters eine Amphore davon abzunehmen, die ich Rollo schenkte.
    Viel ist von unserer weiteren Wanderschaft nicht zu berichten, außer dass es ein paarmal Streit unter den Männern gab, den Rainulf wenig zimperlich zu schlichten wusste. Einer bekam Zahnschmerzen, seine Backe schwoll entsetzlich an. Erst als es Hamo gelang, den verdammten Zahn zu ziehen, ging es dem Kerl besser. Ja, Hamo konnte nicht nur Witze reißen. Auch mit Wunden verstand er sich.
    Das Wetter blieb uns treu, obwohl die größte Sommerhitze nun vorbei war. Das Land, durch das wir marschierten, gefiel uns gut. Reiche Siedlungen, fruchtbare Ebenen, Berge, Meer und Strände, befestigte Häuser auf den Hügelkuppen und viel Volk auf den alten Heerstraßen der Römer. Alles schien nur einem Ort zuzuströmen oder von dort zu kommen, jener großen Stadt, die in aller Munde war, als ginge von ihr das Heil der Menschheit aus – Rom.
    Schon von weitem sahen wir ihre gewaltigen Stadtmauern, die ein riesiges Gelände umfassten. Kaum vorstellbar, wie viele Menschen hier einmal gewohnt haben mussten. Doch die Befestigungen waren zum Teil verfallen, in den Tempelruinen hausten wilde Tiere, das einst stolze Forum war ein zur Viehweide verkommenes Trümmerfeld. Dennoch schienen hier mehr Menschen als sonst wo zu leben, wenn auch viel armes Volk darunter war. Hungernde Kinder, die im Dreck spielten, Bettler in allen Gassen, Diebe, vor denen man sich in Acht nehmen musste. Bei uns daheim waren die meisten ebenfalls arm, aber wenigsten gut genährt, und sie bettelten nicht.
    Doch es gab auch Straßen mit prächtigen Villen und prunkvollen Palästen, die mich staunen ließen. Wer die mächtigen Fürsten denn seien, die hier wohnten, fragte ich Reynard. Die hohen Priester der Christen, war seine Antwort. Das wunderte mich, kannte ich doch nur arme Mönche, die nicht mehr besaßen als das Bauernvolk. Vielleicht war der Christenglaube ja doch ein einträgliches Geschäft.
    Das bestätigten auch jene unter uns, die in der Kathedrale des heiligen Petrus gebetet hatten. Sie kamen davon zurück, als wäre ihnen Jesus leibhaftig erschienen, so sehr hatte sie die Pracht der Messe und der goldgewandeten Priester geblendet.
    Mir hatten es eher die bunten Märkte angetan, auf denen es so viele kostbare Dinge zu sehen gab, dass einem schwindelte. Mein Freund Reynard dagegen meinte, in Wahrheit sei Rom wie eine abgetakelte Hure, der es bei Kerzenschein immer noch gelinge, ihre Freier zu verführen, bei Tageslicht aber die hässlichen Falten nicht verbergen könne. Der Vergleich schien ihm zu gefallen, denn er lachte ausgiebig darüber.
    Je näher wir unserem Ziel kamen, umso mehr drehten sich die Gespräche um die reiche Zukunft, die uns bevorstand, und alle bedrängten Reynard Le-Vieux, uns haarklein die Lage zu schildern und welches Leben wir bei den Lombarden zu erwarten hatten.
    »Ist nicht leicht zu erklären«, sagte er und kratzte sich den Bart. »Wie soll ich euch

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