Das Schwert des Normannen: Roman (Knaur TB) (German Edition)
ich empört. Doch flinker, als ich mich erheben konnte, hatte sie den vollen Weinkrug neben mir ergriffen und über meinem Kopf ausgeleert. Dann schmetterte sie ihn auf den Boden, wo er in tausend Stücke zerbrach, und marschierte erhobenen Hauptes aus der Halle und in die Nacht hinaus.
Die Leute im Saal waren zuerst so verblüfft, dass sie regungslos und mit offenen Mündern gafften. Doch dann klatschte einer Beifall. Und daraufhin brach der ganze Saal in ein Riesengelächter aus. Die Männer johlten und schlugen sich gegenseitig auf die Schultern. Selbst die Lombarden wollten sich vor Lachen schier ausschütten.
Während der Saal vor Vergnügen tobte, sprang ich auf, um Elda zu helfen, die zwischen zerbrochenem Geschirr und Speiseresten wimmernd am Boden lag. Zu allem Unglück hatte sie sich auch noch am Ellbogen geschnitten.
»He, Tristan, du suchst doch ein Weib«, wieherte Asclettin. Er wies auf die Tür, durch die Gerlaine verschwunden war. »Nimm die da. Die wird dir Heldensöhne gebären, da kannst du sicher sein.« Die Antwort war noch mehr Gelächter.
Eldas Gesicht war tränenüberströmt, wohl mehr vor Erniedrigung als aus Schmerz. Ich wollte sie stützen, aber sie stieß mich weg und rannte davon. Da stand ich wie ein Trottel, mein schönes Wams besudelt. Wein war mir in den Nacken gelaufen und tropfte immer noch von Haar und Kinn. Und zu alldem tauchte Robert neben mir auf und packte mich am Kragen.
»Kannst du dich nicht benehmen, verflucht?«, zischte er.
»Tut mir leid«, stammelte ich.
Er zerrte mich zur Seite. »Sag den Jungs Bescheid«, knurrte er leise. »Die sollen ihre Sachen packen. Noch vor Morgengrauen marschieren wir ab.«
»Wohin?«
»Stell keine dummen Fragen, und tu, was ich dir sage. Und wehe dir, es fehlt einer morgen. Verschwinde jetzt, bevor ich die Geduld mit dir verliere.«
Ich versuchte, noch einen Blick auf Elda zu erhaschen, aber die war nirgends mehr zu sehen. Also trollte ich mich. Es war vielleicht nicht die schönste Hochzeitsfeier meines Lebens gewesen, aber sicher eine, die ich nie vergessen würde.
Wegelagerer
A ls ich mitten in der Nacht die Scheune erreichte, wo unsere Truppe hauste, fand ich nur wenige, die auf den Pritschen schliefen. Ich tastete mich im Dunkeln vor, um einen von ihnen zu wecken.
»Wo sind die anderen?«
»Keine Ahnung, Mann«, murmelte er schlaftrunken. »In irgend’ner Schenke, wo sonst?« Er drehte sich um und schlief weiter.
Oben auf ihrem Heuboden hörte ich Gerlaine rumoren. Zum Glück sprach sie mich nicht an. Ich war nicht in der Stimmung, mit ihr zu plaudern. Stattdessen musste ich an die arme Elda denken und wie schamlos ich sie für meine Zwecke benutzt hatte. Dabei mochte ich sie sehr. Aber bei unserem bevorstehenden Aufbruch am frühen Morgen würde ich mich nicht einmal bei ihr entschuldigen können. Das einzig Tröstliche an der Sache war, dass ich Gerlaine wohl doch nicht so ganz gleichgültig war. Warum sonst hätte sie Elda niederstrecken sollen? Und ein bemerkenswerter Faustschlag war es gewesen, das musste man ihr lassen.
Ich verließ die Scheune und steckte den Kopf in einen Viehtrog, um mir den klebrigen Wein aus Bart und Haar zu waschen. Mit dem Ärmel trocknete ich mir notdürftig das Gesicht ab. Ein scharfer Nachtwind ließ mich frösteln. Ich war noch benommen vom Trinken und hätte mich gern schlafen gelegt, aber es half nichts, ich musste die Kameraden suchen.
In einer gerammelt vollen Schenke in Melfi traf ich auf Ivain, der still bei seinem Bier saß und dem Treiben zuschaute. Wir weckten Herman, der unter einen Tisch gesunken war und schnarchte. Beide glaubten, auch Thore gesehen zu haben. Als ich den Wirt fragte, deutete er mit dem Daumen auf die Ställe hinterm Haus. Ich nahm eine Fackel mit, und tatsächlich fanden wir unseren Freund selig im Heu schlafen, mit zwei halbnackten Weibern im Arm.
»Was ist los?«, fuhr er hoch, als wir ihn weckten. Ich erklärte es ihm. »Scheiße«, murrte er. »War gerade so schön hier. Aber wenigstens Ragnar wird sich freuen, wenn wir endlich loslegen.«
»Wo ist er?«
»Am Stadttor, da ist noch so eine Kaschemme. Übles Loch, sag ich euch. Da wollte er hin.« Er küsste die beiden Mädels, die uns im Fackelschein schlaftrunken anblinzelten und sich gar nicht beeilten, ihre Blöße zu bedecken. Er gab ihnen einen Klaps auf den Po und stand auf. »Ich komme mit.«
Wir machten uns auf den Weg. Die halbe Stadt war auf den Beinen. Offensichtlich wurde nicht nur auf
Weitere Kostenlose Bücher