Das Schwert des Normannen: Roman (Knaur TB) (German Edition)
Girard. Er wollte die Sache mit einem Scherz abtun, aber er merkte, wie ernst es Robert war. Da legte er ihm die Hand auf die Schulter. »Wir werden sehen, mein Freund.«
»Versprich es.«
Girard nickte. »Keine Sorge. Falls einer auftaucht, werde ich es ihm ausreden. Nur, allzu lange wird das nicht gehen. Sie ist im heiratsfähigen Alter, und die Kerle umschwärmen sie wie Motten das Licht.«
Robert nickte grimmig. »Ich werde nicht lange fortbleiben. Bis dahin …«
In diesem Augenblick tauchte Gerlaine auf. Jetzt wieder in Männerkleidung und mit ihrem Ranzen auf dem Rücken. Auch ihren Knüppel hielt sie in der Faust. Sie hatte Ringe unter den Augen, und die Knöchel ihrer rechten Hand waren blau angelaufen.
Girard schmunzelte bei ihrem Anblick. »Da kommt ja unsere tapfere Schildmaid.«
Robert dagegen schüttelte missbilligend den Kopf. »Du bleibst hier. Wo wir hingehen, können wir keine Weiber gebrauchen.«
Doch Gerlaine ließ sich nicht einschüchtern. Mit einem Seitenblick auf mich sagte sie: »Ist es wegen gestern Abend? Wegen der kleinen Schlampe?«
Robert musste lachen. »Das war ein guter Haken, Gerlaine. Und eigentlich muss ich dir dankbar sein. Du hast mir aus einer Verlegenheit geholfen, sonst hätte ich mich vielleicht noch mit meinem Bruder geprügelt.«
»Dann darf ich also mitkommen?«
»Diesmal gehen wir nicht auf Wanderschaft. Es kann gefährlich werden. Hier bist du besser aufgehoben.«
»Ich habe keine Angst«, sagte sie.
»Das hab ich schon gemerkt.«
»Außerdem, was soll ich hier? Mich als Schankweib den ganzen Tag begrapschen lassen? Wo jeder Esel meint, er darf über einen drübersteigen.«
»Ach, wär ich doch nur ein Esel!«, krähte Hamo und verdrehte genüsslich die Augen.
»Du bist schon einer«, brummte Ragnar.
Robert schien zu überlegen. Dann sah er mich an. »Ihr habt euch gestritten. Und ziemlich heftig, vor allen Leuten.« Er lächelte spöttisch. »Ich überlasse es also dir, Gilbert. Willst du sie dabeihaben oder nicht?«
Ich vermied es, Gerlaine anzuschauen.
»Meinetwegen.«
Robert grinste, als hätte er nichts anderes erwartet.
Bevor ich michs versah, zog er mir das Messer aus dem Gürtel und reichte es Gerlaine. »Bring ihr wenigstens bei, wie man mit so was umgeht.« Er fasste sie am Kinn und schüttelte es sanft. »Du bist schon eine rechte Normannenbraut.« Und zu mir: »Du könntest es wahrlich schlechter treffen, Junge. Also vertrag dich mit ihr. Ich will keinen Streit in der Truppe.«
Damit wandte er sich ab und besprach mit Rainulf, wie die restlichen vier Gäule zu verteilen seien. Nun hatten wir also zehn Reiter in der Truppe. Girard und er umarmten sich zum Abschied, dann ging es endlich los.
Mehr als ein paar streunende Hunde waren in ganz Melfi nicht zu sehen, als wir durch die Gassen marschierten. Alles schien den nächtlichen Rausch auszuschlafen, und so manch einer von uns hätte das auch gern getan. Besonders Rollo wankte wie ein Rohr im Wind. Wir waren schon aus der Stadt heraus und über den Bach, der im Tal fließt, als Onfroi aus einem Olivenhain hervortrat, wo er gewartet hatte. Ein paar Knechte mit einer Reihe von Maultieren folgten ihm.
»Drogo wird mich umbringen, aber ich kann dich doch nicht mit leeren Händen gehen lassen, Bruder«, sagte er und grinste vergnügt.
»Und was hast du da?«
»Eine Menge Wegzehrung. Schinken, Käse, Getreide, du weißt schon. Und Waffen. Das meiste erbeutet. Wird euch gewiss nützlich werden. Und noch das hier.« Er warf Robert einen schweren Beutel mit klingender Münze zu. »Ein bisschen Geld kann nicht schaden.«
»Ich danke dir«, sagte Robert.
»Gehst du nach Scribla, wie Drogo gesagt hat?«
»Ich gehe, wohin ich will.«
Onfroi nickte. »Ist aber nicht so schlimm dort unten, wie sie gestern behauptet haben. Die Burg ist zwar nur ein Fort aus Holz, aber es hat eine gute Besatzung. Und die Byzantiner haben nur wenige Leute in der Gegend.« Er winkte einen Mann mittleren Alters heran, ein Lombarde nach seinem Aussehen zu urteilen. »Du wirst einen Ortskundigen brauchen. Das hier ist Lando. Er kennt sich bestens aus.«
»Wenn du meinst.«
Onfroi deutete auf Alba, die ich am Zügel führte. »Dein Gaul?«, fragte er.
Ich nickte.
»Das trifft sich gut. Ich hab nämlich auch was für dich. Damit du nicht so nackt herumlaufen musst.« Er gab einem Knecht ein Zeichen. Der schleppte für mich einen Lederpanzer heran, dazu noch Helm und Schild. Ich machte große Augen, bediente mich aber
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