Das Schwert des Normannen: Roman (Knaur TB) (German Edition)
der Burg gefeiert, denn überall torkelten Betrunkene umher, grölten Zoten oder pinkelten an Hauswände. Und es waren nicht nur Normannen, sondern auch Melfitanos und Lombarden aus Salerno, die einander in den Armen lagen. Die allgemeine Verbrüderung schien in dieser Nacht vollkommen.
Als wir die Spelunke erreichten, kamen wir gerade zur rechten Zeit, denn Ragnar war dabei, sich vor dem Eingang einen Zweikampf zu liefern. Umstellt und angefeuert von einer Horde Schaulustiger, stolperten die beiden Kampfhähne mit ihren Waffen wild fuchtelnd umeinander her, viel zu betrunken, um das Schwert ordentlich zu führen. Aber immer noch gefährlich, nicht nur für die Kämpfer.
Thore und ich, die noch einigermaßen nüchtern waren, wechselten einen Blick. Auf Kommando packte er dann den einen und ich hielt von hinten Ragnar fest im Griff.
»Was soll das, verflucht«, brüllte er. »Lass mich los!«
Ich sagte nichts, schleppte ihn nur zu einem nahen Pferdetrog und tauchte seinen Oberkörper hinein, bis er das Schwert fallen ließ und zappelte, als wäre er kurz vor dem Ersaufen.
»Willst du mich umbringen?«, schrie er, als er wieder Luft in den Lungen hatte, und schüttelte sich, nass wie ein Kater, den man aus dem Fluss gezogen hat.
»Es gibt zu tun, Mann. Im Morgengrauen marschieren wir.«
Es dauerte noch eine Weile, bis der Gedanke bei ihm angekommen war, dann knurrte er: »Gut. Wird ja auch langsam Zeit.« Er hob sein Schwert auf und folgte uns auf unsicheren Beinen.
Auf diese Weise fanden wir einen nach dem anderen und schickten sie alle in die Scheune, damit sie noch ein paar Stunden Schlaf bekamen. Nur Rollo und Hamo konnten wir nirgends auftreiben.
Ich weiß nicht mehr, wie viele Leute wir befragt und an wie viele Türen wir gehämmert hatten, aber endlich spürten wir sie auf, nämlich dort, wo wir gleich hätten nachsehen sollen. Im Kerker der Stadtwache, wo sie ungetrübt ihren Rausch ausschliefen.
Rollo hatte mal wieder gespielt und heftig verloren. Als er nicht zahlen konnte, war es zu einer derben Keilerei gekommen, bei der er so einigen die Rippen und Nasen gebrochen hatte, bis die Stadtwache ihn zu fünft oder sechst überwältigen konnte. Hamos linkes Auge war bös geschwollen, das andere von Blut verklebt, aus einer Platzwunde an der Stirn. Ansonsten war er betrunken, aber unverletzt.
Auch Rollo hatte ein paar Wunden davongetragen, doch ihn zu wecken war unmöglich. Er schnarchte, dass die Kerkerwände wackelten, doch aufwachen wollte er nicht. Thore und Ivain besorgten einen Baukarren, und mit vereinten Kräften wuchteten wir ihn aus dem Verlies und auf den Karren. Dann machten wir uns auf den Heimweg.
Am Ende wurde es trotz meiner Bemühungen heller Tag, bevor wir aufbrechen konnten, denn Robert selbst verspätete sich. Es war ihm anscheinend wichtig gewesen, sich von Alberada gebührend zu verabschieden. In Girards Begleitung tauchte er endlich auf. Das Gute war, sie hatten Pferde mitgebracht. Fünf gute Schlachtrösser. Girards Geschenk für seinen Verwandten.
»Die Stute da ist für dich«, knurrte Robert mir zu, immer noch schlechter Laune. Ich war hocherfreut. Nur was sollte ich mit einem Schlachtross ohne ritterliche Waffen? Doch ich zog es vor, den Mund zu halten, nahm die Stute beim Halfter und machte mich mit ihr bekannt. Sie war nicht scheu, sondern beäugte mich neugierig, als ich ihr die Nüstern streichelte. Ein kräftiges Tier, dunkelbraun mit einem hellen Fleck auf der Stirn.
»Wie heißt sie?«, erkundigte ich mich.
Girard sah sich fragend nach seinem Stallknecht um. »Alba, Herr«, war die Antwort. »Wegen der Blesse.«
Alba. Ein schöner Name.
»Noch was, Girard«, hörte ich Robert sagen. »Ich werde Alberada heiraten. Damit du’s weißt.«
Girard grinste. »Danke, dass du mich vorwarnst. Weiß sie schon von ihrem Glück?«
Robert schüttelte den Kopf. »Hatte keine Zeit, sie ordentlich zu fragen.«
»Ich hoffe, es hat dir nicht der Mut gefehlt«, lachte Girard. »Aber im Ernst, Robert, ich kann sie dir nicht geben. Wie stellst du dir das vor? Sosehr ich dich mag, aber du bist ein armer Schlucker. Und jetzt hast du es dir auch noch mit Drogo verscherzt. Alberada verdient was Besseres.«
»Ich weiß«, erwiderte Robert zerknirscht. Doch dann trat er einen Schritt auf ihn zu. »Aber die Dinge werden sich ändern. Unterdessen gibst du sie keinem anderen, hast du gehört? Sonst komme ich und schneid dir die Eier ab.«
»Da muss ich jetzt aber zittern«, lachte
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