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Das Schwert in Der Stille

Das Schwert in Der Stille

Titel: Das Schwert in Der Stille Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lian Hearn
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Mino. Das ist für meine Leute. Und für Lord Otori.«
    In seinen Augen las ich Unglauben und Wut. Für ihn würde ich Jato nicht gebrauchen. Ich nahm die Garrotte und tötete ihn damit, während Kenji ihn festhielt und Shizuka zusah.
    Ich flüsterte ihr zu: »Wo ist Iida?«
    »Bei Kaede. Es ist das letzte Zimmer auf der Frauenseite. Ich werde Abe ablenken, während du hingehst. Iida ist allein mit ihr. Wenn es hier Ärger gibt, werde ich mich mit Kenji darum kümmern.«
    Ich nahm ihre Worte kaum auf. Ich hatte geglaubt, mein Blut sei kalt, aber jetzt verwandelte es sich in Eis. Ich atmete tief ein, ließ die Kikutaschwärze in mir aufsteigen und mich völlig überwältigen, dann lief ich hinaus auf den Nachtigallenboden.
    Regen rauschte sanft unten im Garten. Frösche quakten in den Teichen und im Sumpfland. Die Frauen atmeten tief im Schlaf. Ich roch den Blumenduft, das Zypressenholz des Badehauses, den beißenden Gestank aus den Aborten. Gewichtlos wie ein Geist glitt ich über den Boden. Hinter mir ragte das Schloss auf, vor mir strömte der Fluss. Iida wartete auf mich.
    Im letzten Zimmer des Palastes brannte eine Lampe. Die hölzernen Schiebetüren waren offen, die aus Papier aber geschlossen, und im orangefarbenen Schein der Lampe sah ich den Schatten einer Frau, die bewegungslos dasaß, eingehüllt in ihr Haar.
    Mit Jato in der Hand schob ich die Tür auf und sprang ins Zimmer.
    Kaede war mit dem Schwert in der Hand sofort auf den Füßen. Sie war mit Blut bedeckt.
    Iida lag zusammengesackt auf der Matratze, das Gesicht nach unten. Kaede sagte: »Es ist am besten, einen Mann zu töten und sein Schwert zu nehmen. Das hat Shizuka gesagt.«
    Ihre Augen waren vom Schock geweitet und sie zitterte. An der Szene war etwas fast Übernatürliches: das Mädchen, so jung und zart, der Mann, massig und mächtig, selbst im Tod, das Rauschen des Regens, die Stille der Nacht.
    Ich legte Jato nieder. Sie senkte Iidas Schwert und trat auf mich zu. »Takeo«, sagte sie, als würde sie aus einem Traum erwachen. »Er hat versucht… ich habe ihn getötet…«
    Dann lag sie in meinen Armen. Ich hielt sie, bis sie nicht mehr zitterte.
    »Du bist ganz nass«, flüsterte sie. »Frierst du nicht?«
    Ich hatte es nicht gespürt, aber jetzt schauderte ich vor Kälte fast so sehr wie sie. Iida war tot, aber ich hatte ihn nicht umgebracht. Ich hatte das Gefühl, um meine Rache betrogen zu sein, aber ich konnte nicht mit dem Schicksal hadern, das ihn durch Kaedes Hände beseitigt hatte. Ich war zugleich enttäuscht und übermütig vor Erleichterung. Und ich hielt Kaede in den Armen, wie ich es mir seit Wochen gewünscht hatte.
    Was als Nächstes geschah, lässt sich nur damit erklären, dass wir verzaubert waren seit Tsuwano. Kaede sagte: »Ich habe damit gerechnet, heute Nacht zu sterben.«
    »Ich glaube, wir sterben beide«, entgegnete ich.
    »Aber wir werden zusammen sein«, flüsterte sie mir ins Ohr. »Niemand wird vor dem Morgengrauen hereinkommen.«
    Ihre Stimme, ihre Berührung machten mich schwach vor Liebe und Begehren.
    »Willst du mich?«, fragte sie.
    »Das weißt du.« Wir fielen auf die Knie und umarmten uns dabei immer noch.
    »Du hast keine Angst vor mir? Vor dem, was meinetwegen Männern zustößt?«
    »Nein. Mich wirst du nie gefährden. Hast du Angst?«
    »Nein.« Eine Art Staunen lag in ihrer Stimme. »Ich will mit dir zusammen sein, bevor wir sterben.«
    Ihr Mund fand den meinen. Sie löste ihren Gürtel, und ihr Gewand öffnete sich. Ich zog meine nassen Sachen aus und spürte die Haut, nach der ich mich gesehnt hatte. Mit der Tollheit und dem Ungestüm der Jugend stürzten sich unsere Körper aufeinander.
    Ich wäre glücklich gewesen, danach zu sterben, aber wie der Fluss zog uns das Leben weiter. Eine Ewigkeit schien vergangen, doch es konnten nicht mehr als fünfzehn Minuten gewesen sein, denn ich hörte den Boden singen und Shizuka zu Abe zurückkehren. Im Zimmer neben uns sagte eine Frau etwas im Schlaf und lachte dann so bitter, dass sich meine Nackenhaare sträubten.
    »Was macht Ando?«, fragte Abe.
    »Er ist eingeschlafen.« Shizuka kicherte. »Er verträgt den Wein nicht so gut wie Lord Abe.«
    Die Flüssigkeit sprudelte aus der Flasche in die Schale. Ich hörte Abe schlucken. Mit den Lippen berührte ich Kaedes Lider und Haare. »Ich muss zurück zu Kenji. Ich kann ihn und Shizuka nicht schutzlos lassen«, flüsterte ich.
    »Warum sterben wir jetzt nicht zusammen«, fragte sie, »solange wir glücklich

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