Das Schwert in Der Stille
war von einem leidenschaftlichen Stöhnen nicht zu unterscheiden. Mit der rechten Hand zog sie das Messer unter der Matratze hervor und stieß es hoch. Er fiel vorwärts und drückte sich mit seinem Gewicht die Klinge ins Herz.
KAPITEL 13
Ich war durchnässt vom Fluss und vom Regen, Wasser hing in meinen Haaren und Wimpern, ich tropfte wie die Binsen, wie Bambus und Weiden. Und obwohl man es auf meiner dunklen Kleidung nicht sah, war ich auch von Blut durchnässt. Der Nebel war jetzt noch dichter. Kenji und ich bewegten uns in einer Scheinwelt, körperlos und unsichtbar. Ich fragte mich, ob ich gestorben war, ohne es zu wissen, und als Racheengel zurückgekehrt war. Wenn die Arbeit dieser Nacht getan wäre, würde ich in die Unterwelt zurückkehren. Und die ganze Zeit sang in meinem Herzen das Leid sein schreckliches Lied, aber noch konnte ich nicht zuhören.
Wir stiegen aus dem Schlossgraben und erkletterten die Mauer. Ich spürte Jatos Gewicht an meiner Seite, als würde ich Shigeru tragen. Mir war, als wäre sein Geist in mich eingegangen und hätte sich in meine Knochen geprägt. Oben auf der Gartenmauer hörte ich die Schritte einer Patrouille. Die Wachtposten klangen besorgt; sie vermuteten Eindringlinge, und als sie die Seile sahen, die Yuki durchschnitten hatte, blieben sie stehen, schrien erstaunt auf und schauten hinauf zu den Eisenringen, an denen Shigeru gehangen hatte.
Jeder von uns stürzte sich auf zwei der Männer. Nach vier Schlägen, bevor sie wieder hinunterschauen konnten, waren sie tot. Shigeru hatte Recht gehabt. Das Schwert sprang in meiner Hand, als ob es einen eigenen Willen hätte oder seine eigene Hand es schwingen würde. Kein Mitleid, keine Schwäche von mir behinderten es.
Das Fenster über uns war noch offen, die Lampe brannte noch schwach. Der Palast war still, gehüllt in den Schlaf der Stunde des Ochsen. Als wir hineinstiegen, fielen wir über die Leichen der Wachen, die Yuki zuvor getötet hatte. Kenji stieß einen schwachen, beifälligen Laut aus. Ich ging zur Tür zwischen Gang und Wachraum. Ich wusste, dass vier solche kleinen Räume an dem Gang lagen. Die erste Tür war offen und führte in das Vorzimmer, in dem ich mit Shigeru gewartet und die Kranichbilder betrachtet hatte. Die anderen drei waren hinter den Wänden von Iidas Wohnräumen verborgen.
Der Nachtigallenboden lief um den ganzen Palast und durch seine Mitte, trennte die Männerräume von den Gemächern der Frauen. Still und schwach glänzend im Lampenlicht lag er vor mir.
Ich duckte mich in die Schatten. Aus der Ferne, fast vom Ende des Gebäudes, hörte ich Stimmen; es waren mindestens zwei Männer und eine Frau.
Shizuka.
Nach wenigen Sekunden merkte ich, dass die Männer Abe und Ando waren. Die Anzahl der Wachen konnte ich nur schätzen: vielleicht zwei mit den Lords und etwa zehn, die in den Geheimzimmern verborgen waren. Die Stimmen kamen aus dem letzten, aus Iidas eigenem Raum. Vermutlich warteten die Lords dort auf ihn. Aber wo war er, und warum war Shizuka bei ihnen?
Ihre Stimme klang munter, fast kokett, die Männer hörten sich müde, gähnend, ein wenig betrunken an.
»Ich hole noch Wein«, sagte Shizuka.
»Ja, es sieht so aus, als würde es eine lange Nacht«, gab Abe zurück.
»Die letzte Nacht auf Erden ist immer zu kurz«, entgegnete Shizuka mit einem Stocken in der Stimme.
»Es muss nicht deine letzte Nacht sein, wenn du dich richtig verhältst.« Abe klang bewundernd. »Du bist eine hübsche Frau und du kennst dich aus. Ich werde dafür sorgen, dass man sich um dich kümmert.«
»Lord Abe!« Shizuka lachte leise. »Kann ich Ihnen vertrauen?«
»Hol Wein, und ich zeige dir, wie sehr.«
Der Boden sang, als sie aus dem Zimmer kam und darauftrat. Schwerere Schritte folgten ihr, und Ando sagte: »Ich will noch mal sehen, wie Shigeru tanzt. Ein Jahr lang habe ich darauf gewartet.«
Während sie durch die Palastmitte gingen, lief ich über den Boden an der Seite und duckte mich neben die Vorzimmertür. Unter meinen Füßen war der Boden still geblieben. Shizuka lief an mir vorbei und Kenji ließ sein Grillenzirpen hören. Sie verschwand in den Schatten.
Ando trat ins Vorzimmer und ging in den Wachraum. Wütend schrie er die Männer an, sie sollten aufwachen, und dann hatte ihn Kenji in seinem eisernen Griff. Ich ging hinein, nahm die Kapuze ab und hielt die Lampe hoch, damit Ando mein Gesicht erkennen konnte.
»Siehst du mich?«, flüsterte ich. »Kennst du mich? Ich bin der Junge aus
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