Das Schwert - Thriller
Bescheid zu geben, dass sein Kurs um 16.00 Uhr über Verbformen im Südarabischen des 7. Jahrhunderts abgesagt worden war.
Er ließ es sich nicht nehmen, Miss Mansy nachzuschauen,wie sie den Flur hinunterging, genauer gesagt, ihrem Allerwertesten. Man war einmütig der Ansicht, sie hätte das schönste Hinterviertel in Kairo, und in einer Stadt, wo die meisten Frauen sich immer noch von Kopf bis Fuß verhüllt in der Öffentlichkeit bewegten, war das eine ernste Sache. Einige der ägyptischen Studenten verfielen ihr mit Haut und Haaren und litten unendliche Liebespein um Miss Mansy. Sie hingegen hegte seit langem den festen Entschluss, sich einen amerikanischen Professor oder reichen Mann zu angeln, der sie von ihrem Dasein als Fakultätssekretärin erlöste.
Goodrich schloss die Tür und begab sich ohne rechte Begeisterung zu seinem Schreibtisch. Er dachte, dass es für ihn einer mittleren Katastrophe gleichkäme, wenn Miss Mansy kündigte oder wenn Soziologie oder Englisch sie ihm wegschnappten. Sie alle waren scharf auf sie, denn, Augenweide oder nicht, sie galt zu Recht als die beste Sekretärin der ganzen Universität. Sie hatte einen Abschluss in Arabisch, beherrschte fließend fünf Dialekte sowie die moderne Schriftsprache, und sie war mit alleinstehenden männlichen Angehörigen verschiedener Fakultäten ausgegangen. Ein Juwel. Unersetzlich. Und heißer als eine Horde Affen.
Seufzend setzte Goodrich sich vor den Stapel eingegangener Post, der seiner harrte. Über die letzten Tage hinweg hatte sich einiges angesammelt, und er wusste kaum, wo er anfangen sollte. Er fischte den Brieföffner aus der Schreibtischschublade. Wie gewöhnlich war das meiste Makulatur. Interessantes kam heutzutage per E-Mail. Etliche Bücherkataloge waren dabei, auch einer mit antiquarischen Büchern, die weder er persönlich noch die Universität sich leisten konnten.
Jack war mittlerweile seit fünf Jahren Professor für mittelalterliches Arabisch an der AU. Das Angebot war aus heiterem Himmel gekommen, kurz nach Emilias Versetzungan die Botschaft. Davor hatte er glücklich und zufrieden in London gelebt, wo sie im Außenministerium tätig war. Die Versetzung nach Kairo bedeutete für sie eine Beförderung, und dass er sie nun begleiten konnte und sich gleichzeitig beruflich verbessern, war geradezu perfekt. Sein Lehrauftrag an der Schule für orientalische und afrikanische Studien lief ins Leere. Geld war knapp, wie überall auf dem Universitätssektor, anderswo wurden Fachbereiche gekappt, und mit vierzig Jahren brauchte er sich kaum mehr Hoffnung auf eine Beförderung im akademischen Betrieb zu machen, geschweige denn auf eine Bestallung auf Lebenszeit.
Er hatte sich erst spät der akademischen Laufbahn zugewendet. Seine erste Liebe war die Armee gewesen. Mit siebzehn war er eingetreten, drei Jahre später ging er von seinem Heimatregiment, den Royal Anglians, zum SAS, dem Special Air Service. Seinem Einsatz im Irak während des ersten Golfkriegs war ein mehrmonatiger Lehrgang für Arabisch an der Militär-Sprachschule in Buckinghamshire vorausgegangen, den er als Bester seiner Klasse abschloss. Sein Lehrer fand, er hätte eine Begabung für Arabisch. Am Ende des Krieges hatte er genug Tod und Gewalt gesehen, um für den Rest seines Lebens damit bedient zu sein. Seine jugendliche Begeisterung für militärische Dinge war stilleren Leidenschaften gewichen, einer Begeisterung für Lernen und Wissen, speziell auf die arabische Kultur bezogen.
Emilia traf er bei der Eröffnungsfeier für eine Ausstellung von Koranmanuskripten, die er in seiner Zeit an der Schule für orientalische und arabische Studien zu organisieren geholfen hatte. Er stand allein mit einem Glas Wodka in einer Ecke des Raums, als sie zu ihm trat und ein Gespräch begann, welches nach fünfzehn Jahren immer noch frisch und lebendig weiterging. In derselben Nacht schliefen sie das erste Mal miteinander, und auch darin hatte sich noch kein Überdruss eingeschlichen.
Er begann die nächste Schicht Briefe abzutragen. Ein Haufen Werberundschreiben wanderten zusammengeknüllt und ungelesen in den Papierkorb.
Beinahe ganz zuunterst befand sich ein Brief von seinem Freund, dem Gelehrten und Buchhändler Mehdi Mussa. Wie alle von Mussas Briefen war er in der elegantesten arabischen Kalligraphie abgefasst, der Ruq’a -Schrift. Die Sprache war blumig, beeinflusst von den erlesensten klassischen Vorbildern. Nach mehreren Zeilen verschnörkelter Wendungen aus dem Werk
Weitere Kostenlose Bücher