Das Schwert - Thriller
waren? Er wollte es getrost Gott überlassen, über die Sünder zu richten.
»Schukran« , brachte er schließlich heraus. »Vielen Dank. Ich werde nichts verraten.«
Sie stiegen aus und schlugen den Weg zur U-Bahn-Station ein, kenntlich gemacht durch ein großes rotes M. Siehatten kaum ein halbes Dutzend Schritte zurückgelegt, als sie hinter sich Bremsen quietschen hörten. Ihre Köpfe flogen herum, zusammen mit hundert anderen.
Ein silberner Mercedes des Typs, dem man in Kairo den Spitznamen »Powder« – Pulver – gegeben hatte, weil nur Drogenhändler ihn sich leisten konnten, stand quer vor dem Taxi, aus dem sie soeben ausgestiegen waren. Fahrerund Beifahrertür flogen auf, und zwei seriös gekleidete Männer sprangen heraus.
Einer von ihnen – europäischer Anzug, zurückgekämmtes Haar und Sonnenbrille – lief um das Taxi herum, riss die Tür auf und zerrte den schreienden Fahrer auf den Bürgersteig. Bei dem Gerangel wurde ein Stand mit Kohlköpfen umgestoßen.
Jack beobachtete entsetzt, wie der Grauhaarige eine Pistole aus der Jackentasche zog und dem Taxifahrer die Mündung an den Hals drückte. Ein Frau schrie. Der Fahrer des Powder förderte ebenfalls eine Pistole zutage, mit der er die Umstehenden auf Abstand hielt. Einige blieben stehen und starrten auf das Drama, das sich vor ihnen abspielte, ähnlich einer Kolonie Meerkatzen, die wie hypnotisiert sitzen bleiben, während sich eine Hyäne an sie heranschleicht. Andere wollten mit der Sache nichts zu tun haben und schlängelten sich, ohne stehenzubleiben, durch das Gewimmel von Autos und Menschen.
Der erste Bewaffnete brüllte den Taxifahrer an; auffallend war sein Arabisch mit einem breiten Akzent.
»Wohin sind sie gegangen? Welche Richtung?«
In Todesangst streckte der Taxifahrer die Hand aus. Jack glaubte schon zu sehen, wie der deutende Finger auf ihn wies, aber der Mann hatte die Geistesgegenwart, in die entgegengesetzte Richtung zu zeigen.
Sie liefen los, geborgen in der Schar der übrigen Passanten, die vom Ort des Geschehens flüchteten. Ohne sichabzusprechen, wussten sie, ihr Heil lag darin, möglichst schnell die Metro-Station zu erreichen und dort in den erstbesten Zug zu springen.
Plötzlich erhob ein alter Mann aus den Reihen der Zuschauer die Stimme.
»Ich habe gesehen, wie sie dahin gegangen sind. Ein Mann und eine Frau. Da entlang.«
Er zeigte auf den Fleck, wo sie eben noch gewesen waren.
Die Männer mit den Pistolen wechselten einen Blick und machten sich auf den Weg zum Vorplatz. Vorher drehte sich der Grauhaarige in dem schwarzen Anzug noch einmal um, hob die Waffe und drückte ab. Der Schuss traf den Taxifahrer in die Stirn. Das Hochgeschwindigkeitsprojektil zerschmetterte den Schädel; Blut und Gehirnmasse spritzten auf die Autos und die Zuschauer. Der Körper des Taxifahrers sackte zusammen wie eine Puppe, aus der man die Füllung herausgenommen hat, und sein Sturz war begleitet von einem Gestöber druckfrischer 50-Dollar-Scheine.
Sie erreichten den Eingang der U-Bahn-Station.
»Welcher Bahnsteig?«, rief Jack.
»Süden«, sagte Dschamila und übernahm die Führung.
Als sie auf dem Bahnsteig ankamen, stand ein Zug da, mit offenen Türen. Es stiegen noch Leute ein. Nach einem verzweifelten Endspurt eroberten sie einen Platz im letzten Wagen. Die Türen schlossen sich, und der Zug fuhr los. Jemand blaffte Dschamila an, weil sie nicht in den für Frauen reservierten Wagen gestiegen war. Sie blaffte zurück. Jack schaute aus dem Fenster. Ihre beiden Verfolger standen auf dem Bahnsteig und schauten in stummer Erbitterung dem Zug hinterher.
»Es wäre hilfreich, wenn ich wüsste, wohin die Reise gehen soll«, meinte Jack. »Was, wenn wir getrennt werden?«
»In Sadat steigen wir um.«
»Und wohin?«
»Wir nehmen die Linie 2 nach Schubra al-Chaima. Keine Sorge, das war von Anfang an mein Plan für den Fall der Fälle.«
»Wir könnten auch in Mubarak umsteigen.«
»Mubarak liegt unter dem Ramses-Platz. Möglicherweise haben sie dort ihre Leute postiert. So machen wir einen Umweg, dafür stehen die Chancen gut, dass wir ihnen entwischen.«
»Sie haben ihn erschossen.« Jacks Stimme klang müde. »Den Taxifahrer.«
»Was sie auch mit uns gemacht hätten«, sagte Dschamila. »Sei dankbar, dass wir entkommen sind. Jetzt sei still und zieh das hier an.«
Sie nahm ihre Melaya aus dem Einkaufsbeutel und half ihm, sich in das große Tuch zu hüllen. Für ihn war es knapp bemessen, aber niemand würde allzu genau
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