Das Schwert - Thriller
heimkehrender Helden, Markisengerippen, Straßenlaternen und den allgegenwärtigen grünen Wimpeln der Moslembruderschaft, mit ihrem Aufdruck: Der Islam ist die Lösung. Das Problem, das es zu lösen galt, war jedenfalls unübersehbar.
Sie spielten weiter die Rolle von Mutter und Tochter. Mehrere Male spürte Jack, wie er kritisch gemustert wurde. Er wusste, er hatte weder die Figur noch Haltung oderGang einer ägyptischen Matrone. Schlimmer noch, Dschamila erregte Aufmerksamkeit der falschen Art bei den Männern, an denen sie vorbeigingen. Dies war ein konservativer Teil der Stadt, eine Gegend, wo Radikalismus und Terrorismus gedieh wie Unkraut, in dem bitteren Humus zunichtegewordener Hoffnungen und unerfüllter Sehnsüchte.
»Wir müssen weg hier«, sagte er. »Bevor es ungemütlich wird.«
»Mein Plan sah ursprünglich anders aus«, erwiderte sie. »Ganz ruhig weitergehen. Es ist nicht mehr weit.«
Er wagte nicht, sich vorzustellen, was »es« sein könnte.
Vor einer Moschee wühlten Kinder in einem Müllhaufen, einem Abfallberg, aus dem sie alles heraussuchten, was man für ein paar Piaster verhökern konnte.
Der Stein kam aus dem Nichts, streifte Dschamilas Arm und kollerte über die ungeteerte, von tiefen Rissen und Löchern übersäte Straße. Als Jack sich umschaute, sah er, wie sich ein junger Mann bückte, um ein zweites Wurfgeschoss aufzuheben; sein Kumpan neben ihm wog bereits einen Stein in der Hand.
Der Erste richtete sich auf und schaute Dschamila herausfordernd ins Gesicht.
»Ha, Schwester! Deine Muschi ist süß wie Honig.«
Eine ganz alltägliche Beleidigung, aber Jack musste jedes Quäntchen Selbstbeherrschung aufbieten, um sich nicht die Verkleidung vom Leib zu reißen und der kleinen Ratte eine Abreibung zu verpassen. Ein zweiter Stein traf Dschamila an der Hüfte, ein dritter an der Schläfe, so hart, dass Blut floss.
Das brachte das Fass zum Überlaufen. Jack war bereit, auf alle Vorsicht zu pfeifen und die Fäuste fliegen zu lassen, als unversehens eine alte Frau neben den beiden halbwüchsigen Steinewerfern auftauchte und sie mit einem derben Knüppel bearbeitete.
»Was soll das?«, schimpfte sie. »Wofür haltet ihr euch? Mit Steinen nach jungen Mädchen werfen! Worte aussprechen, die ihr euch schämen solltet, in den Mund zu nehmen! Echs alajk! Ich kenne dich, Hamid Mansi! Dich auch, Farid Dabbasch. Wenn ihr nicht augenblicklich verschwindet, werde ich ein Wörtchen mit euren Vätern reden! Weg hier! Jalla, jalla! «
Mit hängenden Köpfen machten die beiden sich davon, unter dem Schelten und Höhnen anderer Passanten. Die alte Frau schauten ihnen nach, bevor sie wieder dorthin verschwand, woher sie gekommen war.
»Wir sollten auch zusehen, dass wir verschwinden«, meinte Jack und griff nach Dschamilas Arm.
»Hier entlang.« Sie bog in eine Gasse ein, in der noch die Laternen vom letzten Ramadan hingen.
Jack fiel rechts eine koptische Kirche auf, und er merkte, sie befanden sich jetzt in einem christlichen Stadtteil. Ungefähr eine Million Kopten lebten in Kairo, viele von ihnen in Schubra und Schubra al-Chaima, Tür an Tür mit Fundamentalisten, die sie behandelten wie Dreck und von Zeit zu Zeit Neigung zeigten, ihre Gotteshäuser abzufackeln.
Dschamila führte ihn zu einer Gasse hinter der Kirche und blieb vor einer blaugestrichenen Tür stehen. Nach einem Blick in die Runde, um sicherzugehen, dass ihnen niemand gefolgt war, schlug sie kräftig mit den Knöcheln der zur Faust geballten Hand gegen die Tür.
Eine halbe Minute verging, dann wurde geöffnet. Eine Frau mittleren Alters, schwarz gekleidet, stand im Türrahmen und schaute sie an.
»Dschamila!«, jauchzte sie, und schon lagen sich die Frauen in den Armen und küssten sich links und rechts auf die Wangen. Kein Zweifel, sie waren alte Freundinnen.
Nach der herzlichen Begrüßung trat Dschamila einen Schritt zurück und stellte ihren Begleiter vor.
»Schadia«, sagte sie, »das ist Jack. Wir möchten euch bitten, uns für ein paar Tage Unterschlupf zu gewähren.«
»Kommt erst einmal ins Haus, alle beide.«
Dschamila wollte der Einladung Folge leisten, als ihr einfiel, wie Jack gekleidet war.
»Schadia, ich möchte dich nicht aus der Fassung bringen, aber Jack ist ein Mann. Er ist Christ wie ihr. Er kommt aus England. Jack ist ein englischer Name.«
Schadia nickte. »Aber ja, selbstverständlich. Nun tretet ein, bevor die Leute aufmerksam werden.«
Als Jack wieder zu sich kam, befand er sich in einem Zimmer
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