Das Schwert - Thriller
sie wäre drinnen ohnehin nicht willkommen gewesen –, setzte sich Jack zu den Jungen.
Auf dem Tisch stand ein weißer Pappkarton, etwa zwanzig Zentimeter lang und fünfzehn breit, und mit Paketband zugeklebt. Jack hütete sich, ihn anzufassen. Er hatte vor langer Zeit gelernt, dass man verdächtige Päckchen nur mit größter Vorsicht zu Leibe rückt, erst recht solchen, die man von Leuten erhält, die vorher versucht haben, einen umzubringen. Er zog ein Bündel Geldscheine aus der Tasche und schob es Darsch hin. Es war mehr Geld, als Darsch je gesehen hatte, als seine Eltern je gesehen hatten. Er nahm es und machte große Augen. So viel Geld, dachte er, für so einen kleinen Gefallen. Wäre nicht die Frau dabei gewesen, hätte er zweideutige Absichten vermutet.
»Ich bin dir zu Dank verpflichtet, Darsch. Du weißt es vermutlich nicht, aber was du heute getan hast, war mir eine große Hilfe. Trink die Cola aus, dann rufe ich dir ein Taxi. Fahr nach Hause und such dir ein gutes Versteck für dein Geld. Ich habe noch einige Dinge zu tun, und du wirst mich längere Zeit nicht sehen, aber wenn ich wiederkomme, möchte ich mit deinen Eltern reden. Ich werde dafür sorgen, dass du eine gute Schule besuchen kannst und dass man dir bei Zamalek eine Chance gibt, dich in die Jugendmannschaft aufnimmt. Du hast Talent. Du solltest es nutzen.«
Darsch schob die Colaflasche weg und sagte, er bekäme keinen Tropfen mehr herunter.
»Kann ich verstehen. Dein Bauch ist voll, nach vier Flaschen von dem Zeug. Wir ...«
In diesem Moment ging die Tür auf, und Dschamila kam herein. Jack warf einen Blick in ihr Gesicht und wusste, sie steckten in Schwierigkeiten.
»Es brennt«, sagte sie. »Sorg dafür, dass Darsch durch den Hinterausgang verschwindet, und dann nichts wie weg hier.«
30
Travestie
Jack schnappte sich das Päckchen vom Tisch und verstaute es neben Schwert und Brief, dann warf er sich die Tasche über die Schulter.
»Darsch, du hast gehört, was sie gesagt hat. Nimm den Hinterausgang. Versteck dich und warte eine Stunde, dann geh nach Hause. Keine Widerrede. Hier wird es gefährlich für dich.«
Darsch stand auf, verwirrt, aber nicht ängstlich. Auf der Straße hatte er gelernt, auf sich aufzupassen und war überzeugt, mühelos jeden Verfolger an der Nase herumführen zu können.
Jack drückte dem Wirt Geld in die Hand, genug, um Darsch ein unauffälliges Verschwinden zu gewährleisten und, so hoffte er, Verschwiegenheit zu erkaufen.
Dschamila hatte sich in dem Café am Ramses-Platz umgezogen. Sie trug jetzt einen Blazer über Designerjeans, dazu ein Kopftuch aus einem langweiligen kleinen Geschäft, das konservative Damenoberbekleidung verkaufte. Die Melaya steckte in einem Einkaufsbeutel, den sie bei einem Straßenhändler erstanden hatte.
Sie zog Jack auf die Straße hinaus und zu einem kleinen Peugeot-Taxi am Bordstein.
»Steig ein«, sagte sie.
»Was ist los?«
»Sie sind ausgeschwärmt. Es wimmelt von ihnen. Ich habe gesehen, wie sie Leute anhalten und Fragen stellen. Einer ist vor ein paar Minuten hier vorbeigekommen. Wir müssen hier weg, und zwar so schnell wie möglich.«
Das Taxi fuhr los. Jack schaute aus dem Fenster.
»Haben wir ein bestimmtes Ziel?«, fragte er.
»Urabi Metro Station. Von dort kommen wir schnell weg und genau dorthin, wo ich sowieso hinwollte. Mit etwas Glück sieht keiner, wie wir einsteigen, und dann wissen sie auch nicht, wo wir aussteigen.«
»Das wäre wo?«
»Wirst du schon sehen.« Vor den Ohren des Taxifahrers wollte sie nicht deutlicher werden.
Sie fuhren zügig die Gumhurija hinunter, bogen scharf ab auf die Rihani. Die U-Bahn-Station lag genau vor ihnen.
Dschamila beugte sich vor. »Lassen Sie uns hier aussteigen.«
Der Fahrer schwenkte haarscharf vor einer Reihe farbenfroh dekorierter Gemüsestände zur Seite und bremste scharf.
»Zahl ihm so viel, dass er Frau und Kinder für das nächste Jahr auf Rosen betten kann.«
Jack grinste, aber Dschamila runzelte die Stirn.
»Ich meine es ernst. Der Fahrer soll einen guten Grund haben, den Mund zu halten, falls man ihn nach uns fragt.«
Jack nahm ein Bündel Geldscheine aus der Tasche und gab sie dem Fahrer.
»Du hast uns nie gesehen«, schärfte Dschamila ihm ein, auf Arabisch. »Wenn mein Mann oder sonst jemand dich fragt – du hast uns nie zu Gesicht bekommen.«
Dem Mann quollen die Augen aus dem Kopf. Er nickte sprachlos. Was kümmerte es ihn, wenn die beiden vor erzürnten Verwandten auf der Flucht
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