Das Science Fiction Jahr 2013 (German Edition)
Troll, Mr. Hyde und den Rest der Gang auf abwechslungsreiche Zufallsmissionen, in denen Parker eigene Interpretationen für den viktorianischen Serienkiller Jack the Ripper oder den Fall von Arturs und Merlins Traum von Camelot lieferte – und aus seiner experimentierfreudigen Superhelden/Superschurken-Serie wirklich auch noch das letzte Quantum Spaß und Ideenreichtum herauskitzelte.
Selbst ein Intermezzo mit Captain America, Namor und der ersten Fackel in den Alpen zu Hochzeiten des Zweiten Weltkriegs gab es, als die Flüchtigen unkontrolliert mit ihrer Basis durch die Vergangenheit wirbelten. Schließlich begegneten die neuen Thunderbolts dem originalen Team von 1997 – ein weiterer spannender Höhepunkt, den Parker mit viel Fingerspitzengefühl und Geschick für Zeitreisegeschichten und deren Paradoxien und Fallstricke inszenierte.
Ab US-Heft 175 wurden die Thunderbolts in der Marvel-Gegenwart durch die schurkischen Dark Avengers um Thors Klon, Hawkeyes bösen Bruder und einen südamerikanischen Spinnengott ersetzt, die auch ihren Serientitel übernahmen. Somit war klar, dass die Dinge sich wieder einmal ändern würden, zumal mit Marvel Now! die nächste der mittlerweile unumgänglichen Neujustierungen in einem der beiden großen amerikanischen Helden-Verlage anstand.
Jeff Parker brachte seinen fantastischen Run an den Thunderbolts also mit Dark Avengers #183 zu Ende: Für das zeitreisende Team ging es noch weiter auf dem Zeitstrahl zurück, und zwar zum Punkt der Entstehung allen irdischen Lebens, wo das Man-Thing als erstes Wesen auf Erden wiedergeboren wurde. Nach einem letzten Abstecher in die düstere, judgedreddmäßige Zukunft fand der irre Ritt in einem packenden Finale mit höchsten Einsätzen sein Ende, und die einem so sehr ans Herz gewachsenen Thunderbolts wurden zu echten Helden, ehe Cages atypisches Team sich in alle Winde zerstreute.
Der größte Wermutstropfen des Schlussakkords: Kev Walker und Declan Shalvey waren bereits mit anderen Projekten beschäftigt, und Neil Edwards konnte ihre Abwesenheit am Zeichentisch nur bedingt kompensieren.
Und das war’s dann. Parker kümmerte sich fortan um die Dunklen Rächer, und Thunderbolts wurde neu gestartet, mit dem Roten Hulk, Venom, dem Punisher, Elektra und Deadpool, betreut von Autor Daniel Way ( Deadpool ) und Zeichner Steve Dillon ( Preacher ).
Jeff Parkers Thunderbolts haben indessen genau die Art von Lücke hinterlassen, in die das erste Team mit diesem Namen ursprünglich einmal getreten ist. Schließlich hat Parker aus Schurken der zweiten oder sogar nur dritten Reihe, die zuvor meist als sporadisches Kanonenfutter für diverse Marvel-Heroen hatten herhalten müssen, sympathische Charaktere mit Schwächen und Ecken und Kanten gemacht – und sie auf organische Weise zu einem der ungewöhnlichsten Helden-Team der Marvel-Historie zusammenwachsen lassen, das letztlich dann doch durch dick und dünn gegangen ist und die Welt gerettet hat.
Manchmal schien es, als würden sie selbst über ihren Teamgeist und ihre Entwicklung staunen. Aber genau das hat die Thunderbolts eben auch ganz am Anfang ausgezeichnet.
Christian Endres
JEFF LEMIRE
THE UNDERWATER WELDER
TopShelf, Portland 2012 · 224 Seiten · $ 19,95 (US-Import)
Comic-Aufsteiger Jeff Lemire schwimmt derzeit in vielen Gewässern. Mit The Underwater Welder ist einer der besten und beliebtesten Autoren des großen DC-Relaunches endlich auch mit einer neuen Graphic Novel aufgetaucht. Fast vier Jahre hat Jeff Lemire zwischen all seinen anderen Projekten an The Underwater Welder gearbeitet. Dafür ist der über 220 Seiten starke Comic-Roman des Kanadiers, der im August 2012 als schön aufgemachte Klappenbroschur beim US-Verlag TopShelf veröffentlicht wurde, wieder einmal richtig toll geworden.
Dass Lemire für The Underwater Welder so verhältnismäßig lange gebraucht hat, liegt natürlich daran, dass Lemire als einer der neuen Superstars des amerikanischen Superhelden-Mainstreams seit geraumer Zeit auf teuflisch vielen Hochzeiten bei Supermans und Batmans Heimatverlag DC tanzt und auch ohne anspruchsvolle Graphic Novels einen immensen Output hat. Vor dem DC-Relaunch im September 2011 legte er etwa eine brillante Strecke an Superboy hin, während er parallel seine Vertigo-Endzeit-Serie Sweet Tooth vorantrieb. Mit dem Reboot durch die New 52 wurde Lemire dann Autor von Animal Man , den ersten Heften von Superagent Frankenstein , und mittlerweile auch noch Justice League
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