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Das sechste Herz

Das sechste Herz

Titel: Das sechste Herz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia Puhlfürst
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die mitgebrachten Utensilien würden zum Einsatz kommen. Eigentlich hatte sie gesehen, was sie wissen musste. Mark Grünthals nette kleine Familie war komplett daheim und würde zur Verfügung stehen. Es gab keinen Grund, länger zu zögern.
    Jetzt würde sie schön um das Haus herumgehen, klingeln und der guten Anna Grünthal und den zwei Bälgern mit ihrer Pistole ein bisschen Angst einjagen.
    *
    »Da wären wir.« Jo fuhr den Honda hundert Meter vor Marks Grundstück an den Straßenrand und zog die Handbremse an. »Hoffentlich hört dieser Anwalt seinen Anrufbeantworter heute noch ab. Und Schädlich war, wie ich mitbekommen habe, auch nicht zu erreichen.«
    »Der ist erst morgen wieder im Dienst. Dafür hab ich, wie du ja gehört hast, diesen Solomon drangekriegt.« Lara steckte ihr Handy ein und rollte mit den Augen. »Was für ein Schnösel! Der hat mich gar nicht zu Wort kommen lassen! Er hat gesagt, ich solle gefälligst seine Mitarbeiter in Ruhe lassen, und es reiche schon, dass Doktor Grünthal den Ruf seiner Klinik nachhaltig geschädigt habe. Jetzt sei ihm auch klar, warum Mark dauernd nach Geroldsen gefragt habe. Einmal habe er ihn sogar angerufen und so getan, als wolle er im Namen eines Kollegen Erkundigungen einholen. Im Übrigen habe er Mark gleich am Freitag bei der Bundesärztekammer angezeigt, weil der Akten aus Obersprung entwendet habe. Was Besseres hatte der nicht zu tun, als seinen Kollegen anzuschwärzen … So ein karrieregeiler Schuft!«
    »Solomon wird uns also nicht helfen.«
    »Da kannst du Gift drauf nehmen. Doktor Doktor! Ein blöder Fatzke ist er!«
    »Komm wieder runter und vergiss das Gespräch. Wir haben jetzt anderes zu tun.«
    »Ich bemühe mich.« Lara versuchte, in den Bauch hineinzuatmen, wie sie es vor Jahren bei einem Yogakurs gelernt hatte. »Was wollen wir Anna eigentlich sagen?«
    »Dass sie sich in Acht nehmen und die Kinder nicht aus den Augen lassen soll.«
    »Ziemlich diffus. Hoffentlich glaubt sie uns.«
    »Das werden wir im Gespräch merken. Zur Not müssen wir ein paar Details preisgeben.« Jo zog den Zündschlüssel ab und langte, ohne hinzusehen, nach seiner Jacke auf dem Rücksitz. Plötzlich erstarrte er mitten in der Bewegung. »Siehst du das? Da vorn? Der Typ in dem langen Mantel?«
    Lara blickte in die angegebene Richtung. Weiter vorn war eine Gestalt um die Ecke gebogen, die sich jetzt schnell näherte. »Das ist kein Typ. Viel zu klein und schau mal, wie sie trotz der wuchtigen Stiefel trippelt.« Sie bekam keine Luft mehr. »Was mag sie vorhaben?«
    »Ich hatte recht. Sie verliert keine Zeit und versucht es tatsächlich bei Marks Familie.« Jo rutschte nach unten. Lara, die sich ebenfalls im Sitz klein machte, spähte nach draußen, wo die Gestalt inzwischen das Tor zu Marks Grundstück erreicht hatte. Obwohl sie eine Schirmmütze trug und ein wollener Schal ihr halbes Gesicht verdeckte, gab es keinen Zweifel, wer da vor dem Einfamilienhaus stand.
    Jetzt klingelte Agnes French an der Pforte. An ihrem angewinkelten rechten Arm hing eine Tasche. Eine große Tasche, eine Art Hebammenkoffer. Lara dachte noch darüber nach, was wohl darin sein mochte, als das Tor nach innen schwang und Agnes French das Grundstück betrat. Die Tasche an ihrem Arm baumelte hin und her. Dann fiel das Tor hinter ihr zu, und sie verschwand hinter meterhohen Thujasträuchern.
    »Was jetzt?« Vor Aufregung war Lara heiser.
    »Ruf die Kripo an, rasch! Melde einen Schusswechsel. Da reagieren sie am schnellsten. Wir haben keine Zeit für lange Erklärungen! Und dann hinterher! Beeil dich!« Er wartete, bis sie die Notrufnummer gewählt und ihr Sprüchlein aufgesagt hatte, angelte dabei seine Jacke vom Rücksitz und sprang aus dem Auto, noch ehe Lara aufgelegt hatte.
    Die Pforte war wieder ins Schloss gefallen. Jo klingelte Sturm, aber niemand öffnete. Er blickte sich kurz nach Lara um, ehe er über den Zaun hechtete und zum Haus rannte. Lara setzte den linken Fuß auf die Klinke und bemerkte aus den Augenwinkeln, wie sich im Nachbarhaus ein Fenster öffnete und eine ältere Frau herausschaute, ehe auch sie über das Tor sprang. Das empörte »Was machen Sie da? Ich rufe die Polizei!« der Nachbarin wehte davon, ohne dass sie Zeit fand, darüber nachzudenken.
    Glas klirrte. Drinnen fiel ein Schuss. Eine Frau schrie. Lara, die vor dem Haus angekommen war, sah, wie Jo einen weiteren Stein in das große Terrassenfenster warf, kurz abwartete, bis sich die Splitter auf dem Boden verteilt

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