Das sechste Herz
ausgeweidete Leiche erst zwei Tage zuvor in Eilenburg gefunden wurde!
Lesen Sie mehr auf S. 5, Hintergründe.
Jo schüttelte den Kopf. Das war mal wieder typisch. Weder hatten Lara und er die Leiche von Frank Studer »gefunden«, noch konnte man ihn als »Reporter« bezeichnen, und es war bisher auch nicht durch offizielle Stellen bestätigt, dass die Spuren im Haus tatsächlich »Überreste« der Opfer des Schlachters waren. Bis jetzt gab es lediglich einen toten Mann, der im Wohnzimmer auf den Dielen gelegen hatte, zahlreiche Blutspuren auf den Geräten – darunter ein Schredder und eine Kettensäge – in der Garage und auch in den beiden riesigen Tiefkühltruhen. Als einziges beweiskräftiges Indiz, dass Studer etwas mit dem »Schlachter« zu tun gehabt haben musste, konnte derzeit der altmodische Thermobehälter gelten, den man in der Küche neben dem Esstisch entdeckt hatte. Ob man auch »Organe von Lisa B.« gefunden hatte, wie es die Bild -Zeitung schrieb, war nicht amtlich. Vermutlich trafen die plakativen Formulierungen zwar tatsächlich zu, bewiesen waren sie bis jetzt jedoch nicht. Die Spurensicherung grub wahrscheinlich gerade das gesamte Grundstück um und durchwühlte das Haus.
Jo betrachtete das Foto, das sich über die Hälfte der Seite erstreckte, und dachte darüber nach, woher die Zeitung die ganzen Insiderinformationen haben mochte. Von ihm und Lara stammten sie jedenfalls nicht.
Frank Studer sah nett aus. Er war ordentlich rasiert, die dunklen Haare trug er kurz und sauber gescheitelt, die braunen Augen blickten den Betrachter direkt an. Mit dem blaukarierten Button-Down-Hemd und der hellen Jeans wirkte er wie der nette Nachbar von nebenan.
Direkt neben das Porträt des vermeintlichen Schlachters hatte die Bild ein kleines Foto von Lisa Bachmann gesetzt, auf dem sie fröhlich in die Kamera lächelte.
Jo blätterte um. Die Kripo hatte Studers Leiche gestern im Haus entdeckt, aber bis dahin hatte es ihn und Lara große Überredungskünste gekostet, bis sich die Beamten überhaupt auf den Weg zu dessen Grundstück gemacht hatten.
Beim ersten Anruf hatte der diensthabende Beamte Jos Verdacht, im Haus könnten sich Leichenteile befinden, als Hirngespinst abgetan. Als Jo die Nachfrage, ob sie in der Wohnung oder in der Garage gewesen wären, verneinte, hatte der Mann mit süffisantem Unterton gefragt, wie der Fotograf und seine »Freundin« denn dann zu ihrer Vermutung kämen. Fraglos klangen »Wir haben so ein Gefühl, dass da was nicht stimmt« und »Studer und Lisa Bachmann waren in derselben Therapiegruppe« nicht besonders schlüssig.
Lara hatte schließlich die Idee gehabt, in Eilenburg auf dem Revier anzurufen und Ralf Schädlich zu verlangen. Der Kriminalobermeister hatte keinen Dienst gehabt, aber sein Kollege hatte versprochen, ihn schnellstmöglich von Laras Anruf zu informieren.
Nach fast zwei Stunden Wartens in Jos Honda hatte Schädlich sich endlich per Telefon gemeldet, und dann war alles ziemlich schnell gegangen.
Jo strich das Papier glatt. Auf Seite fünf war eine Luftaufnahme des Studer-Grundstücks zu sehen. Erst jetzt erfasste er, wie riesig das Gelände tatsächlich war. Rechts grenzte es an ein Waldstück, links schlossen sich Felder an. Direkte Nachbarn gab es keine. Ein idealer Ort, um Leichen zu zerteilen und verschwinden zu lassen.
Der Schlachter – wie viele Opfer hat er tatsächlich auf dem Gewissen?
Hier wohnte Frank S.! In der Garage (rechts im Bild) fand die Kripo Blutspuren an den elektrischen Geräten. Der gesamte Boden war mit Holzspänen bedeckt, die das herausströmende Blut aufsaugen sollten. Wahrscheinlich hat Frank S. seinen Opfern hier die Herzen entnommen und die Leichen dann zerkleinert. Nach unseren Informationen wurden die gehäckselten Teile mit Rindenmulch vermischt und auf dem Grundstück verteilt.
Bisher ist noch unklar, wie viele Opfer es insgesamt gab, denen der Schlachter Herzen entnommen hat, und um wen es sich dabei handelt. Warum vermisste niemand die Opfer?
Konnte Frank S. all das tatsächlich allein bewältigen oder gab es Komplizen?
Bild wird weiter berichten!
Jo rieb sich mit der Handfläche über die Bartstoppeln. An den Wochenenden verzichtete er oft auf eine Rasur, es sei denn, Lara übernachtete bei ihm. Die allerdings hatte nach den gestrigen Turbulenzen nach Hause gewollt, um sich »mal wieder richtig auszuschlafen« und danach an ihrem Artikel über die Herzenfunde zu arbeiten, wie sie gesagt hatte. Der tote Studer
Weitere Kostenlose Bücher