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Das Siegel der Macht

Das Siegel der Macht

Titel: Das Siegel der Macht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Monika Dettwiler
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konnte darunter Schwerter und schon gar keine Schaufeln vermuten.
    Elana ruhte sich einen Augenblick aus, schob eine widerspenstige blonde Locke unter den grauen Stoff zurück. Ein Blick Richtung Stadt zeigte ihr, dass niemand in der Nähe war. Auch auf der Rückseite der strahlendsten Kirche Roms hielten sich in dieser Nachtstunde keine weiteren Menschen auf. Das einzige Lebenszeichen kam von den wild im Wind flackernden Lichtern, die in weiten Abständen um das Gotteshaus verteilt waren. Die sechzehnjährige Sächsin wandte sich mit selbstverständlicher Autorität an ihre Gefolgsmänner und gab ihnen letzte Anweisungen. Dann drückten sich alle drei hintereinander eng an die Kirchenmauer, huschten lautlos weiter, der Außenseite der Apsis zu.
    Glücklicherweise genügte das Mondlicht. Sie gingen sachte über den Steinboden, bis Erde unter den Schuhsohlen knirschte. Die junge Frau hielt nach der nächsten und übernächsten Fackel an der Mauer Ausschau und richtete ihren Blick auf den Schnitt der Steine darunter. Manchmal kniete sie nieder, betastete jede Ritze bis zum Boden. Nichts.
    »Weiter«, flüsterte sie ihren Begleitern zu. Das Trio trat in die Dunkelheit zurück und näherte sich im Schatten der Bäume der nächsten Fackel. Der vierten, der fünften, bis Elana plötzlich Herzklopfen bekam. Ganz unten an der Mauer fühlte sie mit der tastenden Hand eine Nische. Vorsichtig zog sie einen schmalen länglichen Stein heraus und schob zwei Finger in den Spalt. Da, die Pfeilspitze, wie ihr Vater sie beschrieben hatte. Elana frohlockte und gab ihren Begleitern das Zeichen. Im Boden neben der Maueröffnung begannen sie mit ihren aus Sachsen mitgenommenen Metallschaufeln zu graben. Während der Erdhaufen größer und größer wurde, setzte die junge Burgherrin sich auf einen trockenen Baumstrunk und wartete.
    »Vater, ich habe es geschafft!« Elana flüsterte die magischen Worte immer wieder vor sich hin, bis ihre Gespanntheit in Erleichterung überging. Während sie den Männern bei der Arbeit zusah, kehrten ihre Erinnerungen zurück auf die Fallsteinburg in Sachsen. Noch keine zwei Jahre waren seit dem Tod ihres Vaters vergangen. Elana erinnerte sich an seinen letzten Tag, als sei es heute gewesen. Eigentlich wollte Graf Wilhelm auf die Jagd gehen, verschob dies aber auf den späteren Morgen. So nahmen sie wie oft im Hochsommer in ihrem kleinen Waldsee ein Bad, und auf dem Heimweg wurde über eine neue Truhe für den Burgsaal diskutiert.
    Das Wachträumen vom Vater zauberte ein Lächeln auf Elanas Gesicht. Sie war damals erst vierzehn Jahre alt gewesen, und doch betrachtete er es als eine Selbstverständlichkeit, alle wichtigen Burggeschäfte mit ihr zu besprechen. Seit dem frühen Tod seiner Frau hatte Graf Wilhelm sich daran gewöhnt, mit seiner Tochter wie mit einer Erwachsenen zu reden. Dies tat er auch auf dem Totenbett nach dem Jagdunfall.
    Ein gedämpfter Ruf riss Elana aus ihren Gedanken. Hastig sprang sie auf und huschte zu den beiden immer noch ungestört mit ihren Schaufeln arbeitenden Männern.
    »Schaut«, triumphierte der stämmige, flachsblonde Ricolf. Er winkte sie nahe zu sich heran. Als Elana sich hinunterbeugte, stieß er mit dem Holzstiel gegen einen harten Gegenstand. Das Herz der Sächsin begann wild zu klopfen. Sie bückte sich und schob mit der bloßen Hand die Erde zur Seite, bis etwas im Mondlicht aufglänzte. Das Metall fühlte sich rau und hart an. Wie zur Beschwörung ließ Elana einen Augenblick die Hand darauf, dann machte sie den Männern Platz. Gespannt wanderte ihr Blick von einer Schaufel zur andern. Aber trotz der fiebrigen Erwartung zwang die Erinnerung sie zurück nach Sachsen.
    Auf dem Totenbett hatte der Burgherr Worte ausgestoßen, die für Elana lange keinen Sinn ergaben. Graf Wilhelm wiederholte sie immer wieder, klammerte sich an seine Tochter: »Glaub mir, es ist wahr. Ich gehörte damals als Bote zum Gefolge des Kaisers.«
    Elana legte ihr Ohr fast auf den Mund des Verletzten und konnte die leise gehauchten Worte doch kaum verstehen.
    »Schlaf jetzt, Vater. Du musst gesund werden.«
    Bei diesen Worten schüttelte der Graf den Kopf, zwang sich, lauter zu sprechen. »Bevor Otto, der Vater unseres jungen Königs, starb, schenkte er mir ein Kreuz mit Edelsteinen und wertvolle Juwelen. Ich habe alles mit einem Metallkästchen vergraben … Es war am Tag von Ottos Bestattung in Sankt Peter in Rom, als die Wirren ausbrachen.« Der Graf beschrieb ihr das Versteck. »Hol es,

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