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Das Siegel des Templers: Roman (German Edition)

Das Siegel des Templers: Roman (German Edition)

Titel: Das Siegel des Templers: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrike Schweikert
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die bereits die nächste bewaldete Kuppe erklommen.
    Am Nachmittag überquerten sie wieder eine Ebene, die plötzlich in einem Streifen von Bäumen und Gebüsch endete und in einem steilen Hang in einen Talkessel abfiel. Der Tuerto hatte hier sein Bett immer tiefer gewaschen und dann eine Schwemmebene aufgeschüttet. Am Horizont zeichnete sich nun deutlich das schroffe, blaue Band der Berge ab – und dazwischen breitete sich zu ihren Füßen die alte römische Stadt Asturica Augusta aus. Die Pilger blieben stehen und sahen staunend auf die Dächer und Turmspitzen herunter. Zwei wichtige römische Straßen waren hier aufeinander getroffen und hatten sie zur Hauptstadt der Region gemacht.
    »Überall in der Stadt findet man unter und zwischen den Häusern auch heute noch Spuren der Römer, ihre Bäder und ihre Mosaiken«, erklärte Pater Bertran.
    Inzwischen nannten die Bewohner die Bischofstadt Astorga, die für viele Pilger, die sich im Herbst verspäteten, zum Winterquartier wurde. Daher war sie eine der Städte auf dem Weg zu Jakobus, die die meisten Spitäler und Herbergen zählten. Über
zwanzig waren es ganz sicher, und es gab allein zehn Klöster in und vor der Stadt.
    »Im Winter gibt es viel Schnee in den Leóneser Bergen«, sagte Pater Bertran. Er stand da, die dürren Arme um den Leib verschränkt, ein verklärtes Lächeln auf den Lippen.
    »Schon im Oktober ist das Wetter auf dem Pass oft sehr schlecht und in ein paar Wochen kann bereits der Winter hereinbrechen. Ich selbst war einmal noch vor Sankt Martin zur Umkehr gezwungen.« Er blinzelte und sah auf die Stadt hinunter, die im Abendlicht unter ihnen lag. »Ist das nicht ein wundervoller Anblick? Mir ist, als müsse ich auf die Knie sinken und Gott dafür danken. Seht euch nur die Kathedrale an mit dem Hospital des heiligen Johannes daneben – und dort hat der Bischof seinen Sitz. Das kleine Gebäude davor ist die Iglesia de Santa Marta, an der übrigens das Gefängnis für liederliche Weiber angebaut ist. Die vielen Pilger, die hier oft monatelang bleiben, spülen leider auch solches Gesindel herein. Wir werden die Stadt durch die Puerta del Sol betreten. Der kleine Turm dahinter gehört zu San Bartolome, und das dort drüben ist das Franziskanerkloster.« Er breitete die Arme aus. »Und betrachtet auch die Stadtmauer in ihrer regelmäßigen Form mit den halbrunden Türmen.«
    »Astorga scheint Euch sehr am Herzen zu liegen«, sagte Juliana. Eigentlich war sie auf eine Abfuhr gefasst, doch der Augustinerpater wischte sich über die Augen.
    »Ich wurde dort geboren«, sagte er, schien die Worte jedoch sogleich zu bereuen. »Nun, was ist?«, fügte er schroff hinzu. »Steigen wir hinab, oder wollt ihr hier Wurzeln schlagen, bis sie die Tore für die Nacht schließen?«
    Die neuen Begleiter warfen sich fragende Blicke zu, folgten dann aber dem asketischen Mönch, der auf seinen Sandalen den Hang hinuntereilte.

    Es regnete. Bereits in der Nacht war ein Gewitter aufgezogen, und auch am Morgen fiel der Regen noch in dichten Schleiern herab und schwemmte den Unrat durch die Gassen und in gemauerten Rinnen dem Fluss entgegen. Wie würde es erst auf dem Berg oben sein? Die sechs neuen Begleiter beschlossen, den Tag in der Stadt zu verbringen und besseres Wetter abzuwarten, bevor sie sich an den Aufstieg zum Pass machten.
    »Wir müssen uns erst vorbereiten, ehe wir zum Cruz de Ferro hinaufsteigen. So einfach kann man seine Sorgen nicht auf einem Berg zurücklassen.« Der alte Haudegen zog mit einem verschmitzten Lächeln den letzten verkorkten Krug aus seinem Rucksack und brach das Wachs. Juliana lehnte dankend ab.
    »Was ist das? Das Cruz de Ferro?«, fragte sie stattdessen. Doch der Pilger widmete sich lieber seinem Wein, als ihre Neugier zu befriedigen.
    Juliana und die beiden Mönche verabschiedeten sich von den anderen. Vor allem Pierre ließ das Mädchen mit Bedauern zur ück. Seinetwegen einen Tag in Astorga zu verlieren, kam ihr jedoch nicht in den Sinn. Sie hatte am Abend noch die Stadt durchstreift und alle Herbergen aufgesucht, die sie entdecken konnte, aber keine Spur des Vaters entdeckt. Er musste also noch vor ihr sein, und heute würde sie ihn einholen. Was sonst konnte die zitternde Unruhe in ihr bedeuten?
    Sie schulterte ihre Tasche und den Rucksack, nahm den Stab zur Hand und folgte den beiden Mönchen hinaus in den Regen. Sie wunderte sich nicht einmal, dass ihre alten Begleiter an ihrer Seite blieben und mit ihr die Bischofstadt

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