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Das Siegel des Templers: Roman (German Edition)

Das Siegel des Templers: Roman (German Edition)

Titel: Das Siegel des Templers: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrike Schweikert
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Johannes’ Tod verhindern können!«
    »Nein, beweisen kann ich es nicht«, stimmt ihm Juliana traurig zu. »Und muss ich mich nun immer fragen, ob Carl davon gewusst oder ob sein Vater diesen schrecklichen Plan allein ausgeheckt hat?«
    Wilhelm tritt auf das Fräulein zu und legt seine Hände an ihre Taille. »Wenn es Euch wichtig ist zu wissen, dass Euer Gatte eine reine Seele hat, dann wählt besser mich. Juliana, ich verehre Euch, und ich will Euch ein guter Ehegemahl sein.«
    Er versucht, sie zu küssen, aber das Ritterfräulein windet sich aus seinem Griff. »Geht! Ich habe nichts mehr mit Euch zu schaffen«, faucht sie. »Ich verabscheue Euch! Egal, was sein Vater getan oder befohlen hat, Carl ist ein edler Ritter, der nichts Unrechtes tun würde. Ich vertraue ihm noch immer und würde ihm freudig meine Hand reichen, wenn er mich darum bitten würde!«
    Sie läuft über die Wiese zu Tilmann und den Pferden. Der Kochendorfer folgt ihr nicht. Nur sein Blick bleibt an ihr haften, während der Knappe ihr in den Sattel hilft und sich selbst auf sein Ross schwingt.
    »So schnell also kann ein habgieriger Mörder seine Ehre in Euren Augen wiedererlangen. Und mir misstraut Ihr trotz meines Schwures«, ruft er ihr hinterher. Bitterkeit schwingt in seiner Stimme mit. Wilhelm sieht ihr nach, wie sie über die Wiese galoppiert, bis die Reiter im Wald verschwinden.



35
León
     
    D rei Tage später erreichten sie die Stadt León, die einst die wichtigste im christlichen Iberien gewesen war, eine Königsstadt mit ihrem eigenen Reich León. Immer wieder wurde León an Kastilien angeschlossen und wieder abgetrennt. Seit einhundert Jahren jedoch – seit die erneute Bedrohung durch die Sarazenen die christlichen Herrscher gezwungen hat, ihre Streitigkeiten zu begraben und sich Alfonso IX. von León und Berenguela von Kastilien die Hand zur Ehe gereicht hatten – schien die Eigenständigkeit des Königreiches endgültig vorbei und mit ihr der Glanz der alten Hauptstadt. Die Könige zog es seitdem zu anderen Palästen.
    Obwohl es Juliana so vorkam, als sei sie diese drei Tage ohne auch nur innezuhalten gegangen, hatten sie den Vater noch immer nicht eingeholt. Er war wie ein Schatten, der vor ihnen herschwebte und den sie nicht greifen konnte.
    Das Wetter war unverändert heiß und windig geblieben. Die drei Wanderer drangen so weit in die Meseta vor, dass es nicht einmal mehr Steine zum Bau der Häuser und Kirchen gab, zu weit lagen die felsigen Bergketten in allen Richtungen entfernt. Ziegel aus gebranntem Lehm waren alles, was den Menschen zum Bau blieb. Selbst die Kirchen wurden in Sahagún und vielen anderen Orten aus diesen Ziegeln errichtet, und in Mansilla 24 am Ufer des Río Esla hatten sie gar ihre Stadtmauer aus Flusskiesel und Mörtel gebaut: fast zehn Schritte hoch und mehr als sechs Schritte breit, aus sauber neben- und übereinander geschichtetem Geröll!
    Nun, am Ende des dritten Tages, zogen die Pilger bei bedecktem Himmel und regenschwerer Luft in León ein, deren nahezu rechteckige Stadtmauer noch immer ihren Ursprung widerspiegelte, der in einer römischen Legion lag. Schon bevor sie das Tor passierten, kamen sie an einem Kloster und einem Spital vorbei, das von Rittern des Heiligen Grabes betreut wurde, doch sie beschlossen, auf der anderen Seite der Stadt zu übernachten.
    León war die Stadt des heiligen Isidoros. Die Reliquien des Kirchenlehrers von Sevilla waren auf Drängen von König Ferdinand I. hierher gebracht worden. Nun ruhten in der Stadt nicht nur Isidoros Knochen, auch viele Könige hatten mit ihrer Gemahlin und zahlreichen Infanten das Panteón unter der Stiftskirche zu ihrer Ruhestätte gemacht. Lange war die Kirche San Isidoro die prächtigste der Stadt gewesen, obwohl es schon früher eine Kathedrale gab. Vor kaum fünfzig Jahren jedoch, nachdem Kastilien und León vereinigt worden waren, gab König Alfons der Weise den Auftrag, eine neue Kathedrale zu bauen, die mit ihrer Pracht alles Dagewesene in den Schatten stellen sollte. Und obwohl Burgos schon vierzig Jahre länger an seiner Kirche baute – deren Fertigstellung man noch nicht absehen konnte –, war die Kathedrale von León bereits nahezu fertig. Und sie war ein Meisterwerk geworden! Diese aufstrebenden Türme mit den Spitzen, die fast bis in den Himmel ragten, die riesigen, mit buntem Glas gefüllten Rosetten, die großen Fenster, durch die der ganze Kirchenraum zu einem einzigen, sonnendurchfluteten Farbenspiel wurde.

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