Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Siegel des Templers: Roman (German Edition)

Das Siegel des Templers: Roman (German Edition)

Titel: Das Siegel des Templers: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrike Schweikert
Vom Netzwerk:
Waren die Templer bis heute ahnungslos geblieben? Hatte der König es geschafft, sie zu überrumpeln? Ihre Burgen waren stets gut befestigt. Würden sie Widerstand leisten? Oder vertrauten sie auf ihr reines Gewissen und die Gerechtigkeit der Justiz, die das Missverständnis bald klären würde?
    Es dämmerte schon, als Juliana einen Hügel herabritt und an dessen Fuß einen Fluss erreichte, in dem zahlreiche nackte Männer und ein paar Frauen badeten.
    »Komm herein!«, rief ihr einer zu und winkte. »Willst du so schmutzig vor den Apostel treten? Alle baden in der Lavacolla!«
    Juliana schüttelte den Kopf und ritt den Talhang auf der anderen Seite hinauf. Sie näherte sich dem Kamm des Hügels. Oben stand eine Kapelle, neben der sich ein Grüppchen Pilger auf die Knie sinken ließ. Sie hoben die Arme und streckten sie der untergehenden Sonne entgegen, die nun ein paar Strahlen durch die Wolkendecke sandte. Juliana ritt langsam heran.
    »El Monte del Gozo« – »der Berg der Freude« –, sagte einer der Männer mit verklärter Stimme. Als er sich nach dem sich nähernden Hufschlag umsah, konnte das Mädchen die Tränen erkennen, die ihm über die Wangen rannen.
    »¡Ven, más próximo!« – »Komm näher« –, rief er ihr zu und winkte. »¡Desde aquí se puedrn ver las torres de la catedral!« – »Von hier aus kann man die Türme der Kathedrale sehen!«
    Juliana stieg vom Pferd. Ihre Knie zitterten von der Anstrengung der letzten Tage, und ihr gesamter Rücken schmerzte vom langen Ritt. Sie schlang die Zügel um den Ast einer Buche und humpelte zu den Pilgern. Da, vom letzten Lichtstrahl des Tages erleuchtet, ragten im Tal die schwarzen Silhouetten zweier Türme auf. Das war sie, die berühmte Kathedrale, unter deren Hauptaltar die Knochen des Apostels Jakobus und seiner beiden Jünger lagen. Dorthin reisten die Menschen, um zu beten und um Heil und Gnade zu erflehen. War es die Verzückung
der anderen Pilger, die Erschöpfung der Reise oder der Tod des Vaters und ihres Begleiters, die wie eine frische Wunde in ihr brannten? Juliana konnte es nicht sagen. Sie spürte nur, wie ihre Knie nachgaben und sie ins nasse Gras sank. Ein Zittern durchlief ihren Körper, und zum ersten Mal, seit sie Cebrero verlassen hatte, traten ihr Tränen in die Augen und rannen über ihre Wangen herab. Das Schluchzen erfasste ihren ganzen Körper und schüttelte ihn. Sie barg das Gesicht in den Händen und weinte. Ein alter Mann, der kaum noch ein Haar auf dem Schädel und fast keine Zähne mehr im Mund hatte, legte den Arm um ihre Schulter.
    »Sí, llora chico, ¡es un momento emocionante!« – »Ja, weine, mein Junge, es ist ein bewegender Augenblick!« Hier durfte auch ein Mann weinen, ohne aufzufallen. Einer der Pilger stimmte das »Te Deum« an, und alle fielen in den Gesang ein. Juliana wischte sich die Tränen vom Gesicht und sang mit zitternder Stimme mit. Sie dachte an ihren Vater und an Bruder Rupert, die ihr Leben gegeben hatten, und an die vielen Tempelbrüder in Frankreich, die nun vielleicht schon – völlig schuldlos – in den Kerkern des Königs saßen.
    »Nun erhebt euch, Brüder, und folgt mir rasch, ehe die Tore geschlossen werden«, forderte einer der Pilger die anderen auf, als das Lied zu Ende war. Noch immer knieten die Pilger vor der Kapelle und starrten mit verzückten Mienen auf die Türme im Tal.
    »Wir wollen die Nacht in der Kathedrale verbringen und nicht vor den Toren in San Lázaro!«
    Juliana band ihr Pferd los und folgte den anderen. Nein, sie wollte auch nicht zu den Aussätzigen! Sie winkte den Männern zu und ritt an San Lázaro vorbei weiter den Berg hinunter.

    Santiago, die Stadt des heiligen Apostels. Da war die Porta do Camiño durch die sich Pilger und Bürger mit Karren oder zu
Pferd in die Stadt drängten oder aus ihr hinausströmten. Zu dieser späten Stunde wollten die meisten natürlich in die Stadt hinein. Juliana ließ sich aus dem Sattel gleiten, zeigte einem der Wächter ihren Pilgerbrief und folgte dann der steil ansteigenden Gasse zur Plaza del Campo, dem höchsten Punkt der Stadt. Vor ihr fiel die Gasse zur Kathedrale ab. Sie war voll gestopft mit Pilgern und vor allem von allerlei Krämern, Händlern und Handwerkern mit ihren kleinen Werkstätten unter den Arkaden, die den Besuchern gegen gute Münze allerlei verkaufen wollten, was diese – wollte man ihren Anpreisungen Glauben schenken – unbedingt benötigten. Das Angebot reichte von verschiedenen

Weitere Kostenlose Bücher