Das Siegel des Templers: Roman (German Edition)
nachzuschauen.« Er ballt ein paarmal zornig die Fäuste. »Ich kann es nicht verstehen, dass mich der Komtur nicht nach Osten lässt. In Marienberg werden gute Ritter gebraucht, um die heidnischen Prußen zu bekämpfen.«
»Oder sie zu bekehren?«, wendet der Dekan ein.
»Oder sie zu bekehren«, wiederholt Rupert unwirsch. Er trinkt noch einen Schluck und fixiert dann mit seinen dunklen Augen den Besucher, der mit seiner hochgewachsenen Gestalt und dem makellosen, wertvollen Gewand eine eindrucksvolle Erscheinung ist.
»Nun, was soll ich für Euch tun, wenn es keine Ungläubigen zu bekämpfen gibt?«
»Kennst du den Ritter Kraft von Ehrenberg?«
Der Deutschherr nickt. »Ja, ich habe einige Male mit ihm gesprochen.«
»Und hast du auch gehört, was sich in der Pfalz vor einigen Tagen zugetragen hat?«, fragt der Dekan vorsichtig weiter.
Ein Grinsen teilt den verwilderten Bart. »Oh ja, solch Neuigkeiten sprechen sich schnell herum. Er hat einem Tempelherrn einen Dolch in die Brust gestoßen. Kein Fehler, wenn Ihr mich fragt, ich habe das eingebildete Pack nie leiden können.« Er prostet dem Oheim zu und nimmt einen tiefen Schluck.
»Solch Reden stehen dir nicht an«, schimpft Dekan von Hauenstein. »Ich habe diese kindischen Streitereien zwischen den Orden nie für gut befunden. – Aber darüber will ich heute nicht mit dir sprechen. Ich habe den Ehrenberger nach Santiago geschickt.«
»Und ihn so vor dem rächenden Zorn der Templerbrüder geschützt. Was man so hört, schäumen sie vor Wut.«
Gerold von Hauenstein nickt. »Ja, deshalb dürfen sie auch nicht erfahren, wohin Kraft von Ehrenberg reist. Ich habe ihm eingeschärft, sich unauffällig zu verhalten und wie ein armer Pilger dahin zu ziehen.«
»Soll ich für Euch den Rest der Templerbande erledigen? Dann hat er keinen Feind mehr in seinem Rücken zu fürchten.«
»Nein! Kannst du an nichts anderes denken als daran, irgendjemandem den Kopf abzuschlagen? Hast du keinen Verstand mehr, kein Herz und kein Gefühl? Was ist aus dir geworden? Ein versoffener Schläger!«
Rupert weiß um seine kräftige Statur, die auf viele Menschen eine Furcht einflößende Wirkung hat, doch unter dem anklagenden Blick aus den grünen Augen fühlt er sich plötzlich wieder wie ein Knabe.
»Ich bin nicht betrunken«, verteidigt sich Rupert kleinlaut.
»Das solltest du aber sein, wenn du all diese Krüge geleert hast«, entgegnet der Dekan traurig. »Um so schlimmer, wenn du immer so viel trinkst.«
»Erzählt mir, was Euch so wichtig ist, dass es Euch bei Nacht nach Horneck treibt«, sagt Ritter Rupert ernst und hält dem Blick des Oheims stand.
»Edelfräulein Juliana von Ehrenberg, Ritter Krafts Tochter«, seufzt der Dekan.
»Ein Fräulein?«, ruft Rupert verblüfft. »Ihr seid doch nicht etwa in Liebe zu ihr entbrannt?«
»Ich liebe sie, seit sie ein kleines Mädchen war, wie meine Tochter! Ich habe sie unterrichtet und ihr Leben begleitet, doch nun ist ihre Welt aus den Fugen geraten.«
Rupert zuckt mit den Schultern. »Ja, und?«
»Sie hat mich heute besucht, und ich sah es in ihren Augen, dass sie etwas plant. Ich fürchte um sie. Auch dass die Templer noch immer auf Ehrenberg weilen, erfüllt mich mit Sorge. Ich hätte nicht gedacht, dass sie so hartnäckig sind.«
»Und was kann ich dabei tun?« Die Augen des Deutschherrn verengen sich. »Ich soll doch nicht etwa Amme spielen? Das könnt Ihr nicht wirklich wollen!«
»Ich möchte, dass du sie beschützt – notfalls mit dem Schwert, denn ich vermag es nicht zu tun! Sie kann sehr störrisch und leichtsinnig sein!«
»So tief bin ich noch nicht gesunken, dass ich mich als Kinderfrau verdingen muss!«, poltert Rupert und knallt den Weinkrug auf den Tisch. »Soll ich mich verkleiden und auf Ehrenberg einschleichen, oder wie habt Ihr Euch das gedacht?«
»Verkleiden wäre nicht schlecht«, nickt der Dekan. »Wenn meine Ahnung richtig ist, dann wird sie nicht auf Ehrenberg bleiben.«
»Und wenn sie beim Papst selbst Unterschlupf sucht, ich laufe hinter keinem Weiberrock her!«
Der Dekan erhebt sich und faltet die Hände vor seinem glänzenden roten Gewand. »Dann ist das ein Nein?«
Der vierschrötige Ritter nickt. »Ich denke, ich habe mich deutlich ausgedrückt.« Er greift nach seinem Weinkrug.
Der Dekan erhebt sich und tritt zur Tür. »Nun gut, dann
lasse ich dich jetzt allein, Deutschritter Rupert. Ich sehe, du hast noch einen Krug zu leeren. Dabei will ich dich natürlich nicht stören!«
Er
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