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Das Siegel des Templers: Roman (German Edition)

Das Siegel des Templers: Roman (German Edition)

Titel: Das Siegel des Templers: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrike Schweikert
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neigt den Kopf und verlässt die Kammer. Rupert starrt auf die geschlossene Tür. Sein Wein will ihm plötzlich nicht mehr schmecken.
    »Alter Narr, verfluchter Quälgeist!«, schimpft er laut und wirft einen der leeren Krüge zu Boden. Aber selbst die lauten Worte können das ungute Gefühl nicht übertönen, das sich in ihm ausbreitet.

    Deutschherr Rupert steht wie so oft auf dem Wehrgang und lässt den Blick über die Zinnen hinweg zum Neckar hinunterwandern. Die Fähre setzt gerade einen Reiter über, zwei weitere Kähne fahren gemächlich flussabwärts. Seltsam, dass der Anblick des Flusses und seiner Boote die Sehnsucht in ihm stets noch heißer brennen lässt. Er fühlt sich eingesperrt und nutzlos. Inzwischen redet er sich sogar ein, der Feldzug nach Ägypten wäre ein wundervolles Abenteuer gewesen. Wenn ihn heute jemand fragen würde, er würde sich sofort und ohne zu zögern noch einmal in die Wüste begeben – aber es kommt niemand, ihn zu fragen.
    Die Fähre hat das Ufer inzwischen erreicht, und der Reiter führt sein Pferd an Land. Es ist eine große, schlanke Gestalt. Als sie den Hut zieht, um sich die Stirn zu trocknen, sieht Rupert einen dichten, grauen Haarschopf. Ein seltsames Gefühl glimmt in seinem Leib und breitet sich aus. Er kennt diese Ahnung, die ihn auf den Feldzügen oft vor Gefahr gewarnt hat. Aber warum steigt jetzt dieses Gefühl in ihm auf? Hat es mit dem Reiter dort unten zu tun? Er sitzt nun wieder im Sattel und treibt sein Ross auf das Tor der Deutschherrenfestung zu. Der Besuch des Oheims vom vergangenen Abend kommt ihm wieder in den Sinn, und er versucht, die Gedanken rasch zu verdrängen.
Warum sieht er sich selbst plötzlich mit den Augen des Dekans? Ein träger, nutzloser Säufer, der von keinem gebraucht wird.
    Es wundert Rupert kaum, als sich kurz darauf eilige Schritte hinter ihm nähern und er die Stimme des Oheims vernimmt.
    »Hier bist du«, keucht er, und der Deutschherr fragt sich, was passiert ist, dass der korrekte Dekan von St. Peter jede höfliche Begrüßung weglässt. Gemächlich dreht sich Rupert um.
    »Oheim, Ihr schon wieder? Was verschafft mir die Ehre?«
    »Ich habe es geahnt«, stöhnt der alte Kirchenmann und lehnt sich schwer atmend gegen eine Zinne. »Sie ist weg!«
    Ruperts Miene verdüstert sich. »Ihr sprecht doch nicht etwa schon wieder von Eurem Ammenkind?«
    Dekan von Hauenstein legt seine schlanke Hand auf den schmuddelig weißen Ärmel des Deutschritters. »Vielleicht habe ich es falsch angefangen. Bitte, höre mir zu und gib mir die Möglichkeit, dir alles zu erklären. Dann denke darüber nach und antworte mir.«
    Ruppert brummt und verschränkt ablehnend die Arme vor der Brust, nickt dann aber. »Nun gut, ich höre.«
    Gerold von Hauenstein beginnt zu berichten, von den drei Templern und der Nacht des Mordes in der Pfalz, von der Pilgerfahrt des Ehrenbergers und dem wichtigen Brief, der nun auf geheimen Pfaden nach Kastilien reist. Wider Willen hört Rupert fasziniert zu. »Eine große Verschwörung«, sagt er, und in seinen Augen glänzt Tatendrang. Das Kribbeln in seinem Leib wird stärker.
    »Juliana weiß nichts von dieser Sache. Sie denkt, ihr Vater hat Swicker ermordet. Wir haben ihre Gewänder gefunden, ihr Pferd hat sie in Wimpfen zurückgelassen. Ich vermute, dass sie ihr Haar geschnitten und sich die Kleider eines Knappen angelegt hat. Als Bursche verkleidet wandert sie dem Vater hinterher  – wenn nötig bis nach Santiago.«
    »Bis nach Santiago«, wiederholt Rupert und empfindet gegen seinen Willen Respekt. Dennoch sagt er abfällig: »Verrückt. Sie
weiß nicht, worauf sie sich einlässt. Weit wird sie nicht kommen. Ein Edelfräulein auf der Landstraße!«
    »Vielleicht weiß sie nicht, worauf sie sich einlässt«, stimmt ihm der Dekan zu, »und doch bin ich überzeugt, dass sie ihren Weg gehen wird – wenn es sein muss, bis ans Ende der Welt!«
    »Ein ungewöhnliches Fräulein«, brummt der Deutschordensritter.
    »Ja, das ist sie. Zu schade, um Opfer einer Intrige zu werden  – und das wird sie, wenn die Schergen des Franzosenspitzels ihre Fährte aufnehmen! Sie kennen keine Skrupel. Was zählt ihnen ein junges Leben, das unter ihrem Schwert zugrunde geht?«
    Rupert kaut auf seiner Unterlippe und kratzt sich die Narbe am Hals. »Ihr glaubt also, dass sie sie verfolgen könnten? Um an den Vater ranzukommen?«
    »Oder weil sie vermuten, Juliana hätte den wertvollen Brief gefunden«, ergänzt der Dekan. »Ich weiß es

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