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Das Sigma-Protokoll

Das Sigma-Protokoll

Titel: Das Sigma-Protokoll Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Ludlum
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doch nicht Agenten los, die Leute umbringen.«
    »Nein, nicht mehr«, gab Lenz zu. Ein Hauch Sarkasmus lag in seiner Stimme. »Nach der Ermordung Allendes in Chile und Lumumbas in Belgisch-Kongo und dem Mordversuch an Castro sind der CIA solche Dinge per Gesetz untersagt. Also betraut man jetzt mit derartigen Aufgaben freie Mitarbeiter - so nennt man das wohl in Wirtschaftskreisen. Söldner, die man über mehrere zwischengeschaltete Unternehmen anheuert, sodass man sie nie mit der amerikanischen Regierung in Verbindung bringen kann.« Er hielt inne. »Die Welt ist komplizierter, als Sie glauben.«
    »Das sind doch uralte Geschichten. Wen interessiert das noch?«
    »Diejenigen, die in diese uralten Geschichten verstrickt waren, interessiert das sogar brennend«, entgegnete Lenz und setzte seine
Lektion unerbittlich fort. »Ich spreche von den Staatsmännern, Diplomaten und Würdenträgern, die jetzt ihren Ruhestand genießen, die aber in ihrer Jugend mal eine Zeit lang für das OSS gearbeitet haben. Die werkeln jetzt in ihren Bibliotheken an ihren Memoiren herum und fühlen sich ganz und gar nicht wohl dabei.« Er starrte in die klare Flüssigkeit in seinem Glas, als hätte er darin etwas entdeckt. »Es sind einflussreiche Männer, und sie haben sich an die Hochachtung, die man ihnen entgegenbringt, gewöhnt. Sie sind alles andere als erpicht darauf, ihre goldenen Jahre durch Enthüllungen beschmutzt zu sehen. Natürlich verweisen sie auf das Wohl des Landes, auf den Schutz des guten Namens der Vereinigten Staaten von Amerika, um ihre Taten vor sich selbst zu rechtfertigen. Wie viele Perversionen geschehen im Namen des Gemeinwohls! Und eins können Sie mir glauben, Mr. Hartman: Die Gebrechlichen, die Alten sind die gefährlichsten. Ein Anruf hier, ein Anruf da; eine kleine Schuld, die noch zu begleichen ist. Der Mentor fordert nun die Loyalität seines Protégés ein. Beunruhigte alte Männer, die mit makellosem Leumund abtreten wollen. Ich wünschte, ich könnte Ihnen ein günstigeres Bild zeichnen. Aber ich kenne diese Sorte Zeitgenossen. Von der menschlichen Natur habe ich schon so einiges mitbekommen.«
    Ilse Lenz kam zurück. Sie hielt ein kleines ledergebundenes Buch in der Hand. Ben konnte den Namen erkennen, der in Gold geprägt auf dem Buchrücken stand: Hölderlin. »Wie ich sehe, seid ihr immer noch beim Thema«, sagte sie.
    »Sie verstehen jetzt hoffentlich, dass wir immer etwas angespannt sind«, fuhr Lenz an Ben gewandt fort. »Wir haben viele Feinde.«
    »Mein Mann hat schon viele Drohbriefe bekommen«, sagte Frau Lenz. »Rechte Fanatiker betrachten ihn als Abtrünnigen, als den Mann, der das Erbe seines Vaters verrät.« Sie lächelte freudlos und zog sich wieder ins Nebenzimmer zurück.
    »Um ehrlich zu sein, machen mir die Fanatiker weniger Sorgen als die Egoisten, die scheinbar Vernünftigen, die einfach nicht begreifen wollen, warum man schlafende Hunde wecken soll.« Lenz schaute ihn jetzt mit wachsamen Augen an. »Deren Freunde könnten - wie schon gesagt - versucht sein, zu ziemlich
rabiaten Maßnahmen zu greifen, damit die Erinnerung an ihre goldenen Jahre auch golden bleibt. Aber ich rede und rede, und Sie wollten mir Fragen über die Nachkriegszeit stellen; Fragen, bei denen ich Ihnen vielleicht weiterhelfen kann.«
    Ben reichte ihm das Foto, und Jürgen Lenz hielt es mit beiden Händen. Mit angespanntem Gesichtsausdruck schaute er es an. »Das ist mein Vater«, sagte er. »Kein Zweifel.«
    »Sie sehen genauso aus wie er«, sagte Ben.
    »Ganz der Alte, was?«, erwiderte Lenz. Seine Stimme klang jetzt traurig, die Rolle des zuvorkommenden, freundlichen Gastgebers war von ihm abgefallen. Er begutachtete sorgfältig jede Figur auf dem Foto. »Großer Gott. Das kann nicht stimmen.« Er lehnte sich zurück. Sein Gesicht war aschfahl.
    »Was kann nicht stimmen? Was wissen Sie darüber?«
    »Ist das Foto echt?« Carl Mercandetti, der Historiker aus Zürich, hatte genauso reagiert.
    »Ja.« Ben atmete tief durch und sagte dann nochmals und mit Nachdruck. »Ja, das ist keine Fälschung.« Für die Echtheit des Fotos bürgte, dass Peter und Liesl und wer weiß wie viele andere dafür hatten sterben müssen.
    »Wir haben Sigma für einen Mythos gehalten. Wir waren hundertprozentig überzeugt, dass das nichts als Waschweibergeschwätz wäre.«
    »Und was hat es mit dem Mythos auf sich?«
    Lenz beugte sich vor. »Sie müssen sich das Chaos nach dem Krieg vorstellen. Jede Menge wilder Geschichten waren im

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