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Das silberne Dreieck

Das silberne Dreieck

Titel: Das silberne Dreieck Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edgar Wallace
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hat.«
    Mr. Jules Levingrou streckte nachlässig die Hand aus und drückte auf einen feingeschnitzten, elfenbeinernen Knopf.
    »Meiner Ansicht nach sind Sie nicht ganz bei Verstand, und aus dem Grund will ich auch überhört haben, was Sie mir soeben sagten. Und nun, mein Lieber, habe ich wirklich keine Zeit mehr für Sie.«
    Aber Leon Gonsalez ließ sich nicht stören.
    »Ich muß wirklich annehmen, Monsieur Levingrou, daß Ihr Vorstellungsvermögen recht wenig entwickelt ist. Aber können Sie sich denn tatsächlich nicht die Qual, den Kummer, die furchtbare Erniedrigung vorstellen, die Sie diesen armen Mädchen zufügen?«
    Nach leisem Anklopfen kam der Diener herein.
    »Lassen Sie den Herrn hinaus!«
    Jules war angenehm enttäuscht - der erwartete Widerstand kam nicht. Leon blickte von einem zum anderen - immer mit jenem kleinen, spöttischen Lächeln in den Mundwinkeln - und drehte sich dann um, ohne ein weiteres Wort zu verlieren. Die Tür schloß sich hinter ihm.
    »Hast du gehört?« Henrys Stimme zitterte vor Angst, und sein Gesicht war leichenblaß. »Jules, begreifst du denn nicht! Ich kenne doch die Männer ganz genau. Ein Freund von mir.«
    Er erzählte eine Geschichte, die beinahe auf jeden Eindruck gemacht hätte, aber Levingrou lächelte nur.
    »Du hast dich ins Bockshorn jagen lassen, alter Freund, bist noch nicht an Drohungen gewöhnt wie ich. Laß ihn doch beweisen, was er behauptet; laß ihn doch zur Polizei gehen.«
    »Du Idiot!« schrie Henry. »Polizei? Du Narr! Hast du denn nicht gehört, was ich dir von den Leuten erzählt habe?
    Beweise? Diese Leute strafen doch selbst ...«
    »Halt den Mund«, zischte Jules.
    Man hörte den Schritt des jungen Mädchens in der Diele. Sie ging ins Theater, wie sie erzählte, unterbrach sich aber nach den ersten Worten, als sie Henrys blasses Gesicht bemerkte.
    »Aber Vater«, sagte sie vorwurfsvoll, »du hast dich schon wieder mit Onkel Henry gezankt.«
    Sie küßte ihn auf die Stirn und zupfte ihn scherzend am Ohr. Der dicke Mann nahm sie in die Arme und lachte leise.
    »Keine Rede von Zank, mein Liebling. Henry hat Angst vor einem neuen Geschäft. Man sollte wirklich kaum glauben, daß er solch ein Kindskopf ist.«
    Dann stand sie vor dem Spiegel und fuhr sich mit dem Lippenstift vorsichtig über die Lippen, wandte sich aber plötzlich ihrem Vater zu.
    »Ich habe heute einen so netten Herrn kennengelernt, Papa - bei Lady Athery - einen Mr. Gordon ... Kennst du ihn vielleicht?«
    »Ich kenne verschiedene Gordons«, lächelte Jules, fügte aber in plötzlicher Besorgnis hinzu: »Er hat dir doch hoffentlich nicht den Hof gemacht?«
    Sie lachte. »Aber nein ... Er ist beinah so alt wie du. Er ist Künstler und überhaupt ein sehr interessanter Mensch.«
    Jules brachte sie an die Tür und sah ihr nach, wie sie die Stufen hinab und durch den kleinen Vorgarten auf den wartenden Wagen zuging. Dort blieb er stehen, bis der Rolls Royce seinen Blicken entschwunden war. Dann ging er in den Salon zurück, um das Thema der ›Vier Gerechten‹ noch weiter zu besprechen.
    Eine Gesellschaft vergnügter junger Leute war es, mit der Valerie im Theater zusammentraf. Die Loge war überfüllt, die Luft heiß und rauchig - das Theater gehörte zu jenen, in denen geraucht werden durfte -, und so war Valerie beinahe erleichtert, als ein Logenschließer sie höflich bat herauszukommen.
    »Ein Herr möchte Sie sprechen, Miss.«
    »Mich?« fragte sie verwundert. Im Vestibül trat ihr ein gutaussehender Mann in tadellosem Gesellschaftsanzug entgegen.
    »Mr. Gordon!« rief sie. »Ich hatte keine Ahnung, daß Sie hier sind.«
    Er war ungewöhnlich ernst.
    »Ich habe leider unangenehme Nachrichten für Sie«, begann er.
    Valerie erblaßte.
    »Meinen Vater ist doch nichts zugestoßen?«
    »In gewisser Beziehung doch. Ich befürchte, er hat große Unannehmlichkeiten.«
    Sie runzelte die Stirn.
    »Unannehmlichkeiten? Was wollen Sie damit sagen?«
    »Das kann ich Ihnen hier wirklich nicht auseinandersetzen, Miss Levingrou. Ich muß Sie schon bitten, mich nach der Polizeiwache zu begleiten.«
    Sie starrte ihn ungläubig mit halb geöffnetem Munde an.
    »Polizeiwache?«
    Gordon winkte einen der Logenschließer heran.
    »Holen Sie Miss Levingrous Mantel aus der Loge«, sagte er kurz.
    Wenige Minuten später verließen sie zusammen das Theater und stiegen in Gordons Wagen.
    Es schlug zwölf, als Mr. Levingrou sich steif aus seinem Sessel erhob und sich streckte. Henry war schon vor drei Stunden

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