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Das silberne Schiff - [Roman]

Das silberne Schiff - [Roman]

Titel: Das silberne Schiff - [Roman] Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Blanvalet-Verlag <München>
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»Warum bist du nicht mitgeflogen?«
    »Ich wollte hierbleiben.«
    Nun hielt sie an, und nach ein paar Schritten blieb auch ich stehen. Als ich mich umblickte, sah ich, dass die gesamte Kolonne angehalten hatte. Alle taten, was der Kapitän tat. Ihr Gehorsam verursachte mir eine Gänsehaut. Andererseits war auch ich stehen geblieben. Bewusst drehte ich mich wieder um und ging weiter, um mir die dornigen Sträucher und niedrigen Bäume anzusehen. Hinter mir begann ein geflüstertes Gespräch, dann kam der Kapitän zu mir gelaufen, und Ghita holte uns kurz darauf ebenfalls ein. »Warum willst du hier leben, statt nach Hause zurückzukehren?«, fragte Ghita.
    Ich lächelte. Sie hätte mir kein besseres Stichwort geben können. »Die Menschen hier brauchen uns. Wir sind stärker und schneller. Wir helfen ihnen. Wir haben ihnen geholfen, Scheunen zu bauen und …« Die Netze wollte ich lieber nicht erwähnen; ich kaschierte mein Zögern, indem ich tat, als würde ich stolpern. »… Zäune zu reparieren und zu jagen. Es gibt Sachen, die nur wir tun können. Hier gibt es einen Baum mit wohlschmeckenden Früchten, aber wir sind die Einzigen in der Stadt, die ohne Seile hinaufklettern können.«
    Kapitän Groll schürzte die Lippen an und musterte mich. »Diese Menschen sind nicht dein Volk. Du hast genauso wie Liam ein viel fortschrittlicheres Genom, als sie jemals erwerben können.« Sie kniff leicht die Lider zusammen und suchte in meinem Gesicht. »Manchmal entwickelt man eine Zuneigung zu anderen, die einen gefangen halten.«
    Dagegen sträubte ich mich. »Wir wurden nicht gefangen genommen. Wir sind hier aufgewachsen.« Ich würde ihr auf keinen Fall sagen, dass man uns auch schlecht behandelt hatte. Ich blickte ihr in die Augen. »Der Krieg ist vorbei. Er ist Geschichte, wie Liam sagte.«
    Sie zeigte nicht die geringste Reaktion. Sie beobachtete mich nur und verbarg ihre Empfindungen vor mir. Falls sie welche hatte. »Wie viele von euch leben hier?«
    Ich seufzte. »Meinst du damit, wie viele Modifizierte hier leben?«
    »Ja.«
    Ich hätte ihr gern gesagt, dass es viel mehr waren, um sie ins Schwanken zu bringen. Aber sie lasen bereits die Datennetze von Artistos. »Drei.«
    »Fühlst du dich nicht einsam?«, fragte der Kapitän.
    Ich zuckte zusammen.
    Ghita meldete sich wieder zu Wort. »Sie haben zwei von euch hierhergeschickt, obwohl es nur drei von euch gibt? Das klingt nicht so, als würden sie euch brauchen.«
    Lügen provozierten weitere Lügen. Es gefiel mir nicht, dass mein Gespinst immer komplexer wurde. »Wir haben darum gebeten. Wir wollten … eine Zeitlang miteinander allein sein.« Das sollten sie erst einmal verdauen. Ich legte meine Hand auf den leicht geschwollenen Bauch, um dezent auf meine Schwangerschaft hinzuweisen.
    Kapitän Groll legte eine Hand vor den Mund, und ein angenehmes Lachen drang durch ihre Finger. Ghita brauchte eine Sekunde länger, um zu verstehen. Doch sie nickte nur und lächelte nicht einmal. »Wie auch immer. Aber diese Welt ist rückständig. Du weißt nicht, was du dir entgehen lässt. Die fünf Planeten sind voller Wunder und unvorstellbar reich. Niemand hungert. Jeder leistet wertvolle Arbeit. Wir sind von Kunst und Schönheit umgeben, da wir nicht die ganze Zeit ums Überleben kämpfen müssen.«
    Kunst und Schönheit für Killermaschinen. Sie klang genauso wie Nava, wenn sie vor den Fünfjährigen in der Wissenschaftlergilde mit unerschütterlichem Selbstbewusstsein einen Vortrag hielt. Ich wehrte mich dagegen, zu einer Fünfjährigen degradiert zu werden. Ich durfte mir keine Schwäche leisten. Sie waren gefährlich – das spürte ich genau. Auf zwanglose Weise gefährlich.
    Wahrscheinlich würde es ihnen nicht die geringsten Probleme bereiten, uns zu töten.
    Während ich dabei war, es zu versuchen, kam es mir plötzlich unmöglich vor, in Erfahrung zu bringen, was sie wirklich beabsichtigten. Ghita hatte den ganzen Morgen kein einziges Mal gelächelt. Der Kapitän strahlte eine gewisse Wärme aus, aber außer der Neugier gab es keine Verbindung zwischen uns. Wir hatten keine tatsächlichen Gemeinsamkeiten.
    Vor uns wurde die Dampfwolke von der warmen Brise verweht und langgezogen. Ein Stück weiter, wenn ich Liams Anweisungen richtig verstanden hatte, wurde der Pfad schmaler und näherte sich dem Bau der Hunde. Zu dieser Tageszeit würden sie schlafen. Aber genauso wie wir hielten die Hunde abwechselnd Wache. Kayleen hatte ihren faustgroßen Disruptor dabei, obwohl

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