Das silberne Schiff - [Roman]
sie nicht genau wusste, wie man ihn benutzte. Das Gerät, das die Tiere auf Jini mit Geräuschen beeinflusste, die nur sie hören konnten.
Bald würde ich Kayleen und Liam ein Zeichen geben müssen. Wenn ich ihnen signalisierte, die Faust zu zeigen, indem ich die Gruppe weiterführte, würden einige der Leute, die mich begleiteten, vielleicht den Tod finden. Ich würde den Kampf beginnen. Und falls ich demnächst umkehrte, gab ich der Dämmerungsmacht die Möglichkeit, Artistos mit all ihrer überlegenen Stärke anzugreifen.
Während wir uns weiter der Dampfwolke näherten, bemühte ich mich, die Ängste auszuatmen, die in mir aufstiegen. Im Mund hatte ich den Geschmack von Asche und Schwefel.
Eine heiße Quelle blubberte und dampfte rechts neben dem Pfad. Eine dünne Verdunstungswolke verblasste unmittelbar über der Wasseroberfläche zu weißlichem Nebel und verhüllte die abgekühlte Lava, die den Teich säumte. Auf der anderen Seite rann ständig heißes Wasser heraus, floss in einen Spalt und verschwand für ein paar Meter unter der Erde, um wieder aufzutauchen und sich mit einem Schmelzwasserbach zu vereinigen. Wie in einer Miniaturversion des Feuerflusses und des Meeres stieg von der Einmündung eine Dampfwolke auf.
Wir acht versammelten uns in der Nähe des Dampfes, und winzige Tröpfchen hingen an unseren Haaren und Wimpern. Ich beobachtete jedoch nicht den Dampf, sondern die anderen. Der Kapitän wirkte neugierig. Die Kraftprotze beobachteten hauptsächlich den Kapitän. Die vier Leute, die später zu uns gestoßen waren, wirkten die meiste Zeit geistesabwesend. Was sie wahrscheinlich auch waren – ich vermutete, dass es sich um Windleser handelte. Ghita beobachtete mich mit gerunzelter Stirn. Ihre Augen waren hart, dunkel und kalt. Kondenswasser lief ihr über das Gesicht.
Ich musste eine Entscheidung treffen. Es wurde Zeit. Aber ich hatte keine klare Antwort. Warum stellten sich diese Leute nicht einfach hin und erklärten, ob sie gut oder böse waren? Insgeheim musste ich über diese Vorstellung lachen, während ich Ghitas Blick erwiderte und versuchte, etwas in ihrer Miene zu erkennen, ihre Körpersprache zu lesen. Aber es hatte keinen Sinn. Ich musste mutiger vorgehen. Ich musste riskieren, dass diese Leute verstanden, dass ich mehr wusste, als ich wissen sollte. »Warum seid ihr wirklich hier? Ihr zeichnet nichts von den Dingen auf, die ich euch zeige. Eigentlich interessiert es euch gar nicht.« Ich wandte mich Kapitän Groll zu, weil ich von ihr eine Antwort haben wollte.
Der Blick des Kapitäns war genauso hart und unnachgiebig wie der von Ghita. Kurz darauf wurden die Augen etwas sanfter, und ich glaubte, so etwas wie Mitleid darin aufblitzen zu sehen, bevor sie sich ein wenig von mir wegdrehte. »Wir haben hier einen Auftrag zu erledigen.«
»Was für einen Auftrag?«
Sie schüttelte den Kopf. »Das würdest du nicht verstehen.« Sie klang völlig von sich überzeugt und sehr herablassend. Und unnachgiebig, was viel schlimmer war. Als sie mich wieder ansah, lag keine Wärme in ihren Augen. »Wir haben eine Mission, die wichtiger als alles andere auf diesem Planeten ist.«
Ich schluckte mühsam.
Hielt ich in diesem Augenblick das Schicksal von Artistos in der Hand?
Ich zeigte den Weg hinauf und machte den nächsten Schritt – den Schritt, der für mich den Beginn des Kampfes bedeutete. Und er bedeutete, dass ich den Bewohnern von Artistos die Entscheidung abgenommen hatte. Ich blickte auf mein Chronometer. Es war kurz nach dreizehn Uhr. Liam und Kayleen würden bemerken, dass wir weitergingen.
Ich horchte auf Anzeichen für die Hunde, auf raschelndes Laub oder schleichende Pfoten. Sie sollten nur kommen, und zwar möglichst bald. Würden sie angreifen, ganz gleich, wie wir reagierten? Würde ich es überleben?
Wenn die Hunde nicht kamen, waren der Kapitän und Ghita weit vom Schiff entfernt. Auch das war gut für unsere Faust.
Das Tal wurde enger, und ich suchte mir einen Weg zwischen zwei dünnen Bäumen hindurch. Ghita blickte zu den zwei Graten hinauf, die hier zusammenkamen und das Ende des Tals markierten. Ich bemerkte, wie sie dem Kapitän etwas zuflüsterte, konnte aber die Worte nicht verstehen.
»Kommt!«, rief ich laut, in der Hoffnung, dass Kayleen und Liam es hörten. »Bald haben wir einen Wasserfall erreicht.«
Ghita sah mich an und blickte dann wieder zu den Felsen hinauf. Ihre Stirn lag in tiefen Falten. War es Misstrauen? Der Kapitän legte ihr eine Hand auf die
Weitere Kostenlose Bücher